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FOTOS: MICHAEL ZAPF

betont zudem: „Wir beobachten das Phä-

nomen, dass Kunden parallel über zwei

Kanäle lesen.“

Karl von Wendt ist einer dieser Dop-

pel-Leser. Unter dem Pseudonym Karl

Olsberg hat er mehr als 20 Bücher ver­

öffentlicht – sowohl in Verlagen als auch

im Self Publishing. Nun hat er die App

Papego entwickelt, mit der Leser ohne

Zusatzkosten zwischen Buch und E-Rea-

der wechseln können. Pünktlich zur Leip-

ziger Buchmesse im März hat er sie, un-

terstützt von Libri und dem Piper Verlag,

auf den Markt gebracht.

„Jede Buchseite ist so individuell wie

ein Barcode“, erklärt von Wendt. „Beim

Scannen erkennt die App die Seite, ordnet

sie dem Buch zu und schickt mir einen

Auszug aufs Smartphone.“ Meist seien es

die nächsten 25 Prozent des Buches. Da

Papego weder das gedruckte Buch noch

das E-Book ersetzen soll, wird die Datei

beim nächsten Scannen überschrieben.

Alles in allem schaut der 55-Jährige

mit gemischten Gefühlen auf den Digita-

lisierungstrend und vor allem Amazon:

„Einerseits verdiene ich im Moment 70

Prozent meines Geldes über Amazon, an-

dererseits weiß ich, dass so ein Monopo-

list gefährlich sein kann.“ Seine Bücher

waren vor zwei Jahren zeitweise nicht lie-

ferbar, weil der US-Konzern so von Ver­

lagen bessere Konditionen für E-Books

erwirken wollte. „Ich finde es nicht lustig,

wenn man meine Bücher als Druckmittel

missbraucht“, sagt von Wendt.

Trotzdem betrachtet er Amazon nicht

nur als Bösewicht. Ja, die Digitalisierung

sei vermutlich die schnellste und radikal­

ste Veränderung, die es bisher gab. Und

keine Frage, Verlage und Handel hatten

in der Vergangenheit große Schwierigkei-

Madeline Sieland

madeline.sieland@hk24.de

Telefon 36138-396

Auch der kleine Händler kann

vom digitalen Lesen profitieren

Sie möchte andere Menschen für Bücher begeistern: Christiane Hoffmeister

gehört das Büchereck Niendorf Nord

Engagierte Händlerinnen: Beatrix Holtmann (li.) und Elke Ehlert, die Inhabe-

rinnen von Seitenweise, haben in Hamm zwei Bürgerinitiativen gegründet

HAMBURGER WIRTSCHAFT 05 / 16 

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ten, damit umzugehen. „Amazon hat ih-

nen ordentlich Dampf gemacht, was ja

schlussendlich zu einer seltenen Einig-

keit in der Branche geführt hat“, resü-

miert der Autor. „Immerhin haben sich

Unternehmen, die eigentlich Konkurren-

ten sind, zur Tolino-Allianz zusammen-

geschlossen.“

Nach nicht einmal drei Jahren hat

der E-Reader Tolino hierzulande einen

Marktanteil von 45 Prozent und Amazon

mit seinem Kindle den Rang abgelaufen.

Und was viele nicht wissen: Über Libri

sind auch rund 1500 unabhängige Buch-

handlungen Teil der Tolino-Allianz. Ein

in der Stammbuchhandlung gekaufter E-

Reader ist zudem dauerhaft mit dieser

verknüpft. Der Händler vor Ort ist so an

jedem E-Book-Kauf beteiligt.