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HAMBURGER WIRTSCHAFT 05 / 16
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otgesagte leben bekanntlich länger.
Und der kleine, inhabergeführte
Buchhandel wurde schon oft totge-
sagt. Erst machten die großen Filialisten
ihm mit ihrer nicht enden wollenden Ex-
pansion das Leben schwer. Dann lockte
Amazon die Kunden ins Internet. Und zu-
letzt sprach alle Welt nur noch vom E-Book
und dem digitalen Lesen.
Trotz allem: „Das Buch als Medium
hat sich erstaunlich gut behauptet. Es
leidet nicht unter Preisverfall wie Musik
oder Nachrichten“, sagt Hans-Peter Küb-
ler. Und der Geschäftsführer der 1928 ge-
gründeten Libri GmbH muss es wissen.
Denn als Zwischenbuchhändler beliefert
Libri sie alle – die kleinen Stadtteilbuch-
handlungen genauso wie Filialisten wie
Thalia und Onlinehändler wie Amazon.
Rund 3800 unabhängige, inhaberge-
führte Geschäfte, aber auch 1200 Filialen
von Großbuchhandlungen gibt es hier
zulande. 2014 wurden im Buchmarkt laut
dem Börsenverein des Deutschen Buch-
handels 9,32 Milliarden Euro umgesetzt
– 2,2 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Die Sortimenter, so der Branchenbegriff
für den Vertriebsweg Buchhandlung, hat-
ten einen Marktanteil von 49,2 Prozent;
der Onlinehandel kam auf 16,2 Prozent.
Auffällig war, dass die Umsätze im
Onlinebereich 2014 um 3,1 Prozent zu-
rückgingen, die Sortimenter dagegen nur
1,2 Prozent einbüßten. Im letzten Jahr,
so zeigt der Blick auf vorläufige Zahlen,
scheint es andersherum gewesen zu sein:
Der Umsatz im stationären Handel ging
um 3,6 Prozent zurück, im Gesamtmarkt
jedoch nur um 1,7 Prozent.
Zahlen wie diese sind das eine. Doch
das subjektive Empfinden einiger Buch-
händler zeichnet mitunter ein anderes
Bild. „Zumindest in einem bildungsbür-
gerlichen Stadtteil wie Fuhlsbüttel sind
die Menschen sehr offen für kritische
Amazon-Berichte und Buy-Local-Gedan-
ken“, sagt Torsten Lager, der die Bücher-
stube Fuhlsbüttel 2009 übernommen hat.
Dass man auch in einem schrump-
fenden Markt wachsen kann, zeigt Anne-
rose Beurich. 2008 hat sie stories! am
Straßenbahnring eröffnet; 2011 folgte die
zweite Buchhandlung im Hanseviertel. Im
Eingangsbereich gibt es eine Cafébar und
etwas versteckt hinter weißen Regalen
steht ein langer Holztisch, der eher an
eine Bibliothek erinnert.
Von Anfang an setzte Beurich, die zu-
vor Vertriebs- und Marketingleiterin bei
Libri war, auf eine andere Art der Waren-
präsentation: Die Bücher stehen bei ihr
nicht Rücken an Rücken im Regal, son-
dern werden größtenteils frontal präsen-
tiert. „Man kann in den letzten zwei, drei
Jahren eine Renaissance der kleinen, in
dividuellen Buchhandlungen feststellen“,
sagt die 52-Jährige. „Die Probleme der
Großen sind gleichzeitig die Chance der
Kleinen.“
Die Großen – das sind Ketten wie
Thalia und Hugendubel. „Flächenfilialis-
ten haben umgeschwenkt auf mittlere Be-
triebsgrößen“, erklärt Kübler. Ein Trend,
so der 47-Jährige, den man im Handel
überall finde, weil die Kosten steigen und
sich das Konsumentenverhalten geändert
habe. Da online alles ständig verfügbar
sei, locke ein enorm breites Sortiment al-
leine eben keine Kunden mehr an.
Nicht nur viel, sondern – aufgrund
des zentralen Einkaufs – meist auch noch
dasselbe bieten die Ketten an, sagt Chris-
tiane Hoffmeister. Von ihren Eltern hat
sie 1991 das Büchereck Niendorf Nord
übernommen. „Der unabhängige Buch-
handel kann in der Sortimentsgestaltung
freier agieren und damit seine Kunden
noch überraschen“, betont die 50-Jährige.
Getreu demMotto „Mainstream kön-
nen alle“ gibt es bei Stephanie Krawehl
im Lesesaal in Eimsbüttel vor allem Bü-
cher von kleinen Verlagen und unbekann-
teren Autoren, die oft auch aus anderen
Kulturkreisen stammen. „Es sind Klein-
ode, die eben nicht an die große Werbe-
glocke gehängt werden, sondern von ei-
nem Publikum entdeckt werden wollen“,
sagt sie.
Als besondere Stärke der Kleinen
betrachtet Hiltrud Klose, Inhaberin der
Buchhandlung Kortes in Blankenese, die
persönliche Ansprache der Kundschaft.
„Wir haben viele Stammkunden“, erzählt
die 63-Jährige, „und die schätzen auch
das Gespräch neben dem Buch.“ Eine
Frage nach dem Wohlbefinden der Fami-
lie hier, eine Diskussion über aktuelle
Ereignisse im Stadtteil und in der Welt
dort: „Das gibt es in der Großbuchhand-
lung oder bei Amazon nicht.“
Apropos Amazon: „Besonders jun-
gen Leuten ist nicht mehr bewusst, dass
es Bücher bei uns genauso schnell und
dank der Buchpreisbindung zum selben
Preis gibt wie bei Amazon“, gibt Beatrix
Holtmann zu bedenken. Sie führt seit 16
Jahren gemeinsam mit Elke Ehlert die
Buchhandlung Seitenweise in Hamm.
Heute bestellt, morgen geliefert: Die-
ses Konzept ist eben keine Erfindung von
Amazon & Co., sondern im stationären
Amazon war beim Onlinebuchhandel und den E-Books Vorreiter. Mittlerweile ist der
Konzern in der realen Welt angekommen: Seit November gibt es in Seattle einen
echten Amazon-Shop. Erlebt der stationäre Buchhandel also gerade eine Renaissance?
David gegen Goliath
Die Kleinen profitieren von
den Problemen der Großen
Was Amazon kann, kann der
stationäre Handel schon lange
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