HAMBURGER WIRTSCHAFT 10 / 17
IM FOKUS
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TOURISMUS UND GASTGEWERBE
Motiviert kochen
D
er knallrote Küchen-Truck ist schon
von Weitem zu sehen. Um den Wa-
gen herumstehen viele Besucher,
sie bestaunen die Darbietungen der
Kochauszubildenden, die fleißig
schnippeln und brutzeln. Auch
Michael Mittelberger sieht aus
beruflichem Interesse sehr
genau hin. Als Vorsitzender
des „Kochklubs Gastronom
Hamburg“ hat er die Ak-
tion während des Food
Markets auf dem Groß-
marktgelände mitiniti-
iert. „Wir wollen junge
Leute für den Kochberuf
begeistern“, sagt er.
Die Branche muss
sich ranhalten, um für den
Nachwuchs attraktiv zu sein.
„Die Gastronomie bietet sehr
viel“, wirbt Mittelberger (60),
früher Küchenchef inHamburger
Top-Adressen wie Elysee und Hotel
Jacob und jetzt Lehrer an der Staatli-
chen Gewerbeschule für Gastronomie
und Ernährung. UmAuszubildende zu fin-
den und fitte Mitarbeiter zu binden, be-
dürfe es Einfallsreichtums und sehr viel
Engagements. „Wir müssen uns auf die
veränderten Bedürfnisse einstellen“, sagt
Mittelberger, „die Leute wollen sich auch
im Beruf selbst entfalten.“ Der Truck ist
aus seiner Sicht dafür ein gutes Beispiel:
„Der zieht magisch an. Unseren Teilneh-
mernmacht es viel Spaß.“ Lockerheit statt
Lernzwang.
Ähnliche Erfahrungen haben auch die
Verantwortlichen der „Karriere-Werkstatt“
gemacht. Der Verein, seit Anfang 2016 un-
ter dem Dach des Hotel- und Gaststätten-
verbandes Hamburg (DEHOGA) aktiv, setzt
darauf, das Image der Arbeit in der Gastro-
nomie und der Hotellerie zu verbessern.
„Wir wollen verdeutlichen, welche Auf-
stiegschancen es gibt“, sagt der stellvertre-
tende Vereinsvorsitzende JürgenGieseke.
Clemens Gerlach
redaktion@hamburger-wirtschaft.deTelefon 36138-305
Die Gastronomiebranche lässt sich einiges einfallen, um neue Mitarbeiter zu finden und
erfahrene Köche zu binden: etwa mit einem Küchen-Truck und spannenden Wettbewerben.
Der 64-Jährige war bis vor wenigenMo-
naten nochHoteldirektor inHamburg und
ist jetzt als Berater tätig. „Fort- undWeiter-
bildung sowie eine bessere Work-Life-Ba-
lance sind wichtig für junge Nachwuchs-
kräfte“, sagt Gieseke. Bei seinen Aktivitäten
baut er auf ein breites Netzwerk, in demdie
Handelskammer ein wichtiger Akteur ist.
Eine gemeinsame Aktivität von DEHOGA,
Handelskammer und Tourismusverband
Hamburg war im Juni die Diskussionsver-
anstaltung „Fachkräfte binden – Fachkräfte
finden“.
KochprofiMittelberger setzt ebenfalls
auf Gemeinsamkeit. „Wir arbeiten sehr eng
mit dem DEHOGA zusammen.“ Culinary-
School-Kurse und Jugendmeisterschaften
sind wichtig, um positiv im Gespräch zu
bleiben. „Völlig neu konzipiert“, wieMittel-
berger betont, ist zum Beispiel der traditi-
onsreicheWettbewerb „Scharf auf Ham-
burg“. Ein Auszubildender und ein
Jungkoch bilden ein Team, das
Fingerfood zubereiten muss.
„Es ist eine motivierende
Erfahrung, im Tandem zu
arbeiten“, sagtMittelber-
ger, „für den Azubi ist es
zudem aufbauend,
dass er gleichberech-
tigt ist.“
Kreativität, Ein-
fallsreichtum und
handwerkliches Kön-
nen sind auch beim
Delta Cup gefragt.
Auszubildende aus
fünf gastronomischen
Berufen planen eine
Abendveranstaltung und
müssen diese dann selbst
durchführen.
Die Teilnehmer sind jedes
Mal sehr engagiert, schließlich
können sie gemeinsam neue Ideen
entwickeln und im direkten Kontakt mit
den Gästen zeigen, was alles in ihnen
steckt. „Die gehen darin auf“, ist Mittelber-
ger ebenfalls begeistert, „wer einmal Blut
geleckt hat und seinenWegweiter beschrei-
tet, der macht auch Karriere.“ Aus gutem
Grund sind weltweit so viele Deutsche als
Hoteldirektoren oder Küchenchefs tätig.
Karriere gemacht hat auch Nadine
Köpfle, die 2015 als Auszubildende beim
Kochwerk powered by Otto den Wettbe-
werb „Die Goldene Bratpfanne“ gewann
und jetzt als Demi Chef bei Marquard und
Bahls in der HafenCity arbeitet. Ihr Kom-
mentar zur Mitarbeiterbindung: „Auf
Dauer bleiben gute Leute nur, wenn auf de-
ren Bedürfnisse eingegangenwird."
ILLUSTRATION: ANJA STIEHLER-PATSCHAN / JUTTA FRICKE ILLUSTRATORS