HAMBURGER WIRTSCHAFT 10 / 17
IM FOKUS
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TOURISMUS UND GASTGEWERBE
Touristischer Magnetismus
Maritimes Erlebnis, weltoffenes Flair und tolle Shopping-Möglichkeiten machen Hamburg zu
einer Top-Urlaubsdestination. Ein Porträt der boomenden lokalen Tourismusbranche.
D
ie Hamburger Tourismusbranche
ist einer der wichtigsten Wirt-
schaftszweige Hamburgs. Sie bietet
Beschäftigung für rund 100000 Menschen
unterschiedlichster Qualifikation undHer-
kunft, sie ist hoch inklusiv und integrativ.
Mit rund 13,3 Millionen Übernachtungen
im Jahr 2016 zählt Hamburg zu den belieb-
testen Städtedestinationen Deutschlands
nach Berlin und München, mit weiterem
Wachstum.
Der Anteil der ausländischen Gäste in
Hamburg liegt gegenwärtig bei 24,8 Pro-
zent, steigt kontinuierlichund sorgt für ein
anhaltendes Wachstum der Übernach-
tungszahlen insgesamt. 3,3 Millionen
Übernachtungen durch ausländische
Gäste zählteHamburg 2016 – das sind rund
150 Prozent mehr als noch 2005 (1,3 Milli-
onen). Hamburgs Gäste lieben das mari-
time Erlebnis – mit einem erlebbaren Ha-
fen mitten in der Stadt –, das weltoffene
Flair und die guten Shoppingmöglichkei-
ten. EineUmfragederHandelskammer von
2014 hob außerdem hervor, dass Ham-
burgs Reiz die starke Begrünung und seine
Gemütlichkeit ausmachen.
Zur unmittelbaren Tourismuswirt-
schaft– etwasmehr als 7000Unternehmen
sind es insgesamt – zählen Firmen, die ih-
ren Umsatz nahezu vollständig aus dem
Tourismus generieren, beispielsweise Ho-
tels, Reisebüros, Reiseveranstalter, Gäste-
führer und Freizeiteinrichtungen. Hinzu
kommenRundfahrtunternehmen zuLand
und zu Wasser. Die Branche besteht zum
Großteil aus kleinen und mittelständi-
schen Unternehmen, die imWesentlichen
demGastgewerbe – also Gastronomie und
Beherbergung – zuzuordnen sind.
Zur mittelbaren Tourismuswirtschaft
gehören Firmen, die in ihrer Wertschöp-
fung stark vomTourismus profitieren, aber
einen geringen direkten Tourismusbezug
habenwie beispielsweise dieGastronomie,
Taxenunternehmer oder Einzelhändler.
Hinzu kommen viele der rund 2400 Unter-
nehmen aus der Eventbranche, die häufig
eine hohe Affinität zu touristischen The-
men haben.
Für einenHafen, der über 100 Kilome-
ter von der Küste entfernt liegt, ist die Er-
folgsgeschichte als Kreuzfahrtdestination
besonders hervorzuheben. Während im
Jahr 2000 bei 29 Schiffsanläufen rund
18000 Passagiere unsere Stadt besuchten,
erwartet der Hamburger Hafen in diesem
Jahr 199 Anläufe und etwa 800000 Passa-
giere. Hamburg wuchert hier mit einem
Pfund, das kein anderer Hafen zu bieten
hat: eine hohe Emotionalisierung und Be-
geisterung für das Thema. VieleMenschen
liebenes, die großenSchiffe zubeobachten
(„Ship-Spotting“) und machen sich dafür
extra auf denWeg nach Hamburg oder aus
ihren Heimat-Stadtteilen in den Hafen –
auch das ist eine Form von Tourismus.
Schiffstaufen ziehen Menschen
ebenso anwie dieCruiseDays als spezielles
Publikums-Event. Für das Fachpublikum
aus dem Geschäftsreise-Tourismus ist in
diesem Zusammenhang die zweijährliche
Messe Sea Trade ein Grund, Hamburg zu
besuchen. Weitere Touristenmagneten
sindGroßeventswie der Ironman, dieCycl-
assics und der Schlagermove. Sie sind für
eine Vielzahl von Hamburgern und auch
Besucher aus der Region oder dem In- und
Ausland attraktiv. Überdies sind sie image-
fördernd fürHamburgund zahlendadurch
auf den gesamten Wirtschaftsstandort
Hamburg ein, denn die mediale Wirkung
von solchen Events – mit den damit trans-
portiertenpositiv-aufgeladenenHamburg-
Bildern – ist ein wichtiger Kanal für Ham-
burgs Standortmarketing.
Hier besteht allerdings die Herausfor-
derung, stets einen Interessenausgleich
zwischen den verschiedenen Akteuren im
Blick zu behalten – Veranstaltern und An-
liegern, Handel, DienstleistungenundTou-
rismus. Des einen Freud soll nicht des an-
deren Leid werden und Ablehnung erzeu-
gen. Darummuss es das Ziel aller Mitspie-
ler sein, Betroffene zu Beteiligten zu ma-
chenund sodieAnziehungskraftderartiger
Marcus Troeder
marcus.troeder@hk24.deTelefon 36138-310
Events weiterhin zumWohle der Hambur-
ger Wirtschaft nutzen zu können. Dazu ge-
hört auch die Aufgabe, in größerem Um-
fangdieBezirke als attraktive Standorte für
geeigneteGroßveranstaltungen zupositio-
nieren, damit alle Bezirke und nicht nur
Hamburg-Mitte in denGenuss der Früchte
kommen, die der Tourismus hervorbringt.
Die Unternehmer aus dieser Branche
geben durch ihre Arbeit unserem Standort
immer etwas zurück. Unmittelbar ge-
schieht dies durch das Hotelgewerbe, das
durch die Erhebung der sogenannten Kul-
tur- und Tourismustaxe jährlich mehrere
Millionen Euro zusammenbringt, die der
Hamburger Senat zur Finanzierung kultu-
reller, touristischer und sportlicher Pro-
jekte ausschüttet. Und: Eine Erhöhung der
Lebensqualität inHamburg, dennalleTou-
ristenattraktionen – von Museen über Mu-
sicals und Theater bis zum Dom oder das
reichhaltige kulinarische Angebot – sind
genausoMagnet für die Hamburger Bevöl-
kerung wie für unsere Gäste.
Undnicht zuletzt dürfte es beimÖPNV
sicherlichweniger enge Taktungen vonZü-
genundMetrobusliniengeben, wennnicht
auchnochdie große Zahl unserer Besucher
bewegt werden müsste. In anderen Wor-
ten: Die Tourismuswirtschaft trägt einen
guten Teil dazu bei, dass Hamburg eine le-
benswerte Stadt ist. Und bleibt.
Damit Hamburgs Erfolg als Destina-
tion anhält und der Tourismus weiterhin
einwichtiger Teil unsererWirtschaftbleibt,
gilt es auf Trends zu reagieren, weitere tou-
ristische Magnete in unserer Stadt zu eta-
blierenundein innovatives Tourismusmar-
keting und -management zu betreiben.
Aktuelle Themen der Branche sind die Di-
gitalisierung, die Integration von Men-
schenmit Fluchthintergrundoder auchdie
Schaffung von Barrierefreiheit bei touristi-
schen Angeboten imweiteren Sinne.