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wirtschaft
02/2016
14
Ti t e l
Toufic El Masri
toufic.elmasri@hk24.deTelefon 36138-356
Veranstaltung
Der nächste Sprechtag der Arbeitsgemein-
schaft selbstständiger Migranten e. V.
findet am 24. Februar ab 14 Uhr im Grün-
dungszentrum der Handelskammer statt.
Anmeldungen für die kostenfreie Beratung
sind möglich bei Sabine Pilgrim (Telefon
36138-787,
sabine.pilgrim@hk24.de).
David Alizadeh hatte zwar nicht mit sprach-
lichen Problemen zu kämpfen, musste auf dem
Weg zum eigenen Unternehmen aber andere
Hürden überwinden. „Nach meiner Ausbildung
zum Groß- und Außenhandelskaufmann und
diversen Tätigkeiten in der Computerbranche
wollte ich mich selbstständig machen, habe
aber keine Bank gefunden, die mir einen Kredit
dafür geben wollte“, erzählt der gebürtige Ira-
ner. „Mit eigenen Mitteln konnte ich dann mein
Unternehmen doch gründen.“ Das war 1995.
Seitdem ist Alizadeh mit seiner RFC Electronic
Components GmbH & Co. KG im Bereich des
Im- und Exports von Halbleitern aktiv.
Die Definition für migrantische Unterneh-
men sollte deshalb auf jedem Fall um jene
Firmen ergänzt werden, die „es geschafft“ ha-
ben. Dabei kann es sich um Gründer handeln,
die einst selbst mit den typischen Schwierig-
keiten und Hindernissen migrantischer Unter-
nehmen konfrontiert waren und diese – mit
oder ohne Hilfe – überwunden haben. Solche
Firmen fungieren als Best-Practice-Beispiele
und können eine Vorbildfunktion für andere
migrantische Unternehmen einnehmen.
Die Angebote der Handelskammer haben in
der Vergangenheit bereits zahlreiche Unter-
nehmer mit Migrationshintergrund genutzt.
Dennoch wenden sich viele von ihnen nach wie
vor in erster Linie an Familienangehörige und
Freunde, um dort Rat einzuholen.
„In den Herkunftsländern vieler migranti-
scher Unternehmer gestaltet sich die Selbst-
ständigkeit recht einfach. Daher sind viele
schnell durch zahlreiche Bürokratiehürden
überfordert“, meint Massud Rahimi, Gründer
des Fliesenfachhandels Mosaic Outlet. Aus die-
sem Grund sollten sich migrantische Unter-
nehmer den Rat von Experten einholen. Auch
die Unternehmensgründung wird von Migran-
ten sehr häufig nicht als das gesehen, was sie
ist, nämlich ein Prozess. Hier sollten die ein-
zelnen Prozessstufen daher sorgfältig von Ex-
perten begleitet werden.
Um Barrieren zu beseitigen, hat die Han-
delskammer im August 2015 die Abteilung
„Migrantische Unternehmen“ gegründet. Mit
sprachlicher und kultureller Kompetenz soll
das neue Team den zahlreichen migrantischen
Unternehmern in der Hansestadt zur Seite ste-
hen. Dabei gilt es nicht nur, die Unternehmen
in die Räumlichkeiten der Handelskammer zu
holen, sondern sie auch vor Ort zu besuchen
und zu beraten.
„Die Entscheidung der Handelskammer, die
Abteilung zu gründen, finde ich sehr gut. Auf
diese Weise können die Mitarbeiter durch
sprachliche und kulturelle Kompetenz Kontakt-
barrieren begegnen und das Beratungsangebot
der Kammer weiter ausbauen“, sagt Moham-
mad Sobeir Malikzada.
Aufgrund der aktuellen Zuwanderung von
Flüchtlingen wird das Thema migrantische
Unternehmen in Zukunft weiter an Bedeutung
gewinnen. Schließlich ist wissenschaftlich be-
legt, dass sich das Merkmal „Migrationshin-
tergrund“ positiv auf die Gründungsaffinität
auswirkt. Gemäß einer Studie im Auftrag der
Friedrich-Ebert-Stiftung lässt sich jede sechs-
te Firmengründung hierzulande auf Menschen
mit Migrationshintergrund zurückführen.
Es kann allerdings davon ausgegangen
werden, dass diese Welle an Neugründungen
– wie schon Mitte der 1990er-Jahre – erst zeit-
versetzt an den Märkten ankommt. Es ist den-
noch wichtig, heute schon zu erkennen, dass
sich dahinter morgen ein großes wirtschaft
liches Potenzial verbirgt. Denn eines ist sicher:
Migrantische Unternehmen bereichern mit ih-
rem vielfältigen Angebot die Stadt und tragen
langfristig zum Wohlergehen unserer Gesell-
schaft bei.
Foto: Stefan Malzkorn
Musste auf dem Weg in die Selbstständigkeit einige Hürden überwinden: Der gebürtige Iraner
David Alizadeh im- und exportiert seit 21 Jahren Halbleiter
Helfen Unternehmern mit Migrationshintergrund (v. li.): Bahram Habib, Toufic El Masri, Aylin Jacob
und Ayhan Saka arbeiten in der neuen Handelskammer-Abteilung „Migrantische Unternehmen“
Foto: Ulrich Perrey