Oktober/November 2022

Aus Japan stammt auch ihr neuer Mehrheitseigener Nakashima Propeller. Hat diese Kooperation Ihre Zah- len positiv beeinflusst? Noch nicht. Durch Corona-be- dingte Reisebeschränkungen war die Kooperation bisher ge- ringer als geplant. Wobei die Synergien jetzt schon groß sind. Mit demMewis Duct sind wir vor undmit unseremRuder hinter Propellern tätig, für die Nakashima neben MMG in Waren/Müritz Weltmarktfüh- rer ist. Mit beiden arbeiten wir ohnehin eng zusammen, aber die Synergienmit Naka­ shima machen sich erst in zwei Jahren bemerkbar. Das hat aber finanziell vermutlich schon vorher die Spielräume erhöht. Ja, der Anteilsverkauf hat uns nach drei schwierigen Jahren bei der Neustrukturierung geholfen, weshalb wirbei einer japanischenBank sind, die viel unterneh- merfreundlicher finanziert als deutsche Geldinstitu- te. Unser aktueller Erfolg aber basiert auf der enorm hohenAuftragslage bei Schiffen, die imZuge der Ener- gie- und Klimakrise effizienter betrieben werden. Sind globale Kooperationen für mittelständi- sche Unternehmen ein guter Weg, um interna- tional konkurrenzfähig zu sein? Aus meiner Sicht nur, wenn man sich so gut kennt wie wir und Nakashima. Zur Erhöhung der Kapital- decke Anteile an irgendeinen Konzern in Asien zu verkaufen, kann ich weniger empfehlen. Es muss thematisch, strukturell, persönlich passen. Und eine Portion Glück gehört natürlich auch dazu. Im Bereich des Landstroms kooperieren Sie mit der Logistikfirma Schramm. Nehmen bei Ihnen solche projektbezogenen Kooperationen zu? Ja, wobei wir das schon immer gemacht haben. Weil der Leichtbau Kohlefasern benötigt, die uns fehlen, sind wir etwa an xperion aus Kassel herangetreten, die zwar nicht aus dem Schiffbau kamen, aber mit Energie hat in ausrei- chender Menge zu einem angemessenen Preis zur Verfügung zu stehen. uns zusammen etwas Spannendes entwickelt ha- ben. Gleiches gilt im Bereich der Sensorik, aber auch der Unis und Institute. Auch im aktuellen Zukunftsbereich Flüssiggas? Nein, aber wären wir daran beteiligt, würde ich alles ganz anders machen. Flüssiggas wird in dieselbetrie- benenFSRU-TankernnachDeutschland geliefert, die monatelang anliegen und den strengen Umweltstan- dards des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genü- genmüssten, es aber nicht tun. Für nachhaltige LNG- Terminals, die jetzt imHauruckverfahren installiert werden, kämpfe ich seit 15 Jahren, und kenne mich auch gut mit Hafenstrom aus. Aber während ältere Dieselfahrzeuge in Teilen Hamburgs verboten sind, verpesten uns solche Schiffe den Hafen. Das ist um- welt-, aber auch wirtschaftspolitischer Irrsinn. Sie haben eine sehr analytische Sicht auf Öko- nomie. Sehen Sie sich eigentlich nur als CEO oder auch als Volks- und Betriebswirtschaftler? Also volks- und betriebswirtschaftlich bin ein biss- chenunterbelichtet, schaue alsonicht immer auf den letzten Cent. Dafür habe ich zum Glück Fachleute wie im Betrieb unseren Geschäftsführer Henning Kuhlmann und meine Frau, die das Geld beisammen hält. Mir liegt das Praktische näher, alsoMobilität zu ermöglichen und dabei Emissionen zu sparen. Woran sollte sich der staatliche Wirtschaftsein- fluss orientieren: an Keynes’ interventionisti- schem Staat, Hayeks Nachtwächterstaat oder Mariana Mazzucatos unternehmerischen Staat, dem ja auch Robert Habeck anhängt? Da ich sehr viel von sozialer Marktwirtschaft halte, tendiere ich zu Ersterem. Mir ist wichtig, dass Men- schen unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Religion guteArbeitsplätze für faire Bezahlung haben. Und der Staat sollte intervenieren, wo es nötig ist, um das zu gewährleisten. Wobei gerade Hamburg da viel zu tun hat, etwa im Bereich Bildungspolitik. Ich war kürzlich inmeiner früheren Schule inWilhelmsburg; das sieht alles noch genauso aus wie damals. Grottig! Und wie sollte der Staat angesichts aktueller Versorgungsengpässe aus Ihrer Sicht energie- politisch agieren – mit einem Gaspreisdeckel? Energie hat wie die Infrastruktur oder die Kommu- nikationsmittel in ausreichender Menge zu einem angemessenen Preis zur Verfügung zu stehen. Der Staat allerdings hat alle Bereiche der Erzeugung ver- kauft, als Energie noch unendlich schien, und wun- dert sich jetzt über Engpässe. Da glaube ich nicht, dass ein Preisdeckel besser wirkt als der Markt. Wichtiger wäre es, diesen Preis an den Verbrauch zu Dirk Lehmann (li.) im Gespräch mit HW-Autor Jan Freitag 26 HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE PERSÖNLICH DIRK LEHMANN

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