August/September 2022

Es hält sich die Kritik, Versandhandel sei umweltschädli- cher als stationärer Handel. Zu Recht? Das ist ein Irrglaube. Das Bundesumweltamt hat Studien, die Distanz- mit stationärem Handel vergleichen, zusammenge- fasst und festgestellt, dass der Online-Einkauf sogar besser für das Klima ist. Warum? Weil die meisten nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern dem Pkw einkaufen fahren, wäh- rend die Belieferung diverser Haushalte durch Kleintranspor- ter, digital optimiert, klimaschonender ist. Bleibt die Frage der Rücklaufquote. Je nach Zählung be- trägt der Retourenanteil mindestens zehn Prozent … Die eben genannte, positive Umweltbilanz schließt die Rück- sendungen bereits ein. Dazu muss man wissen, dass über 80 Prozent der Rückläufer im Paketshop abgegeben und dort wie- der in den Kreislauf eingespeist werden. Dass E-Commerce im Vergleich zum Stationärhandel nachhaltiger ist, heißt aber nicht, dass wir beim Erreichten stehen bleiben. Wir müssen gemeinsam kämpfen, überflüssige Retouren zu vermeiden. Bessere Produktbeschreibung geben zumBeispiel die Möglich- keit, Ware aus allen Perspektiven ansehen und so vergrößern zu können, dass sogar Gewebestrukturen sichtbar werden. Bei Wir müssen die Innen- städte buchstäblich neu beleben – mit einem attraktiven Mix. bonprix gibt es einen Bonus für jene, die nicht retournieren. Zudemschauenwir auf uns undwollen bis 2025 in den 80 größ- ten deutschen Innenstädten emissionsfrei ausliefern. Ham- burg soll diesbezüglich sogar bis Ende 2023 komplett CO2-frei beliefert werden. Welche Rolle spielt Ihre Heimatstadt als Labor, aber auch Logistik- und Start-up-Cluster für die Nachhaltigkeitsbe- mühungen der Otto Group? Eine wesentliche. In einem Forschungsprojekt der Universität Hamburg habenwir uns beispielsweise gemeinsammit anderen Unternehmen mit zentralen Aspekten der Dekarbonisierung beschäftigt. Um unsere Versandtüten nachhaltiger zu machen, kooperieren wir unter anderem mit den Hamburger Start-ups Traceless und Wildplastic. Und auch unsere Mitgliedschaft in Netzwerken wie der Hamburger Logistikinitiative oder BAUM e.V. unterstützt unsere Arbeit. Trotzdem: Es ist noch viel zu tun. Ist der Gesetzgeber gefragt, E-Commerce nachhaltiger zu machen? Ich denke, wir schaffen es auch ohne weitere Gesetze, den On- line-Handel klimaneutral zu machen. Wir bei der Otto Group brauchen nicht von der Politik aufgefordert zu werden, bis 2030 klimaneutral zu werden. Ein Etappenziel haben wir vori- ges Jahr, verglichenmit 2006, bereits übertroffen, müssen nun aber verstärkt die Lieferketten in den Blick nehmen. Das heißt, Emissionseinsparungen jenseits der Landes- grenzen? Genau. Es fängt bei der Baumwolle an, der mit Abstand wich- tigsten Textilfaser. Da haben wir vor 15 Jahren die Aid by Trade Foundation gegründet, eine Stiftung, die afrikanischen Bauern dabei hilft, nachhaltige und sozialverträgliche Anbautechni- 32 HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz