Dezember 2022/Januar 2023

Der Boom dauert an Heinrich Schuster, Inhaber und Gesellschafter Hamburger Stadtrundfahrt – Die Roten Doppeldecker GmbH Mein liebstes Reiseziel war schon immer unsere Hei­ mat. So bin ich aufgewachsen, mit der unglaublichen Vielfalt Deutschlands. Wir leben in einem wunder­ schönen Land, das so facettenreich ist, dass es schwer sein dürfte, jeden einzelnen Winkel zu ent­ decken und zu bereisen. Mir zumindest ist es bis heute noch nicht gelungen, und ich reise bereits seit meiner Kindheit durch dieses Land. Seit vielen Jahr­ zehnten übrigens auch als Repräsentant Hamburgs, um die Attraktivität dieser Stadt als Reiseziel bei den Deutschen zu steigern. Noch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie war es üblich und absolut selbstverständlich, ein Weltenbummler zu sein, die eigene Heimat aber nicht zu kennen. Man war schon auf Jeep-Safari durch die omanischen Dünen, ohne zu wissen, dass die letzteWanderdüne Hamburgs die Boberger Düne ist und in einem einzigartigen Naturschutzgebiet liegt. Doch der Trend wandelte sich inzwischen zwangsweise durch die Pandemie, und Deutschland erlebt als Reiseland förmlich einen Boom. Als Touristiker und Betreiber eines touristischen Unternehmens verfolge ich diese Entwicklung und glaube, dass Urlaub im eigenen Land ein Trendthema bleibt. Leider befinden wir uns derzeit in äußerst schwierigen Zeiten. Corona und nun auch noch Ener­ giekrise und Inflation schmälern das Urlaubsbudget der Deutschen erheblich. Die Preisexplosionen zwin­ genuns zusparen, unddieseVerunsicherungwird sich massiv auf dieReisepläne der Bevölkerung auswirken. Spontane Kurztrips, Urlaubsreisen vor der eige­ nen Haustür, werden attraktiv bleiben, auch nach dem Ende der Pandemie. Selbst wenn die Hinter­ gründe für einen Heimaturlaub besorgniserregend sind, freue ich mich, dass Deutschland wieder zum Favoriten der Deutschenwird. Run aufs Ausland Brigitte Wirsig, Inhaberin FREISEIN – Time to Travel In den letzten zwei Jahren hatten wir es mit einem Phänomen zu tun: Deutschland wurde auch für ein­ gefleischte Weltenbummler zum Urlaubsziel. So mancher (wie auch ich) stellte dabei fest, wie schön es vor der eigenen Haustür ist und welche „verborge­ nen Schätze“ es zu heben gibt. Dabei spreche ich nicht von den rund 50 Prozent der Deutschen, die schon immer hierzulande Urlaub gemacht haben. Nein, die andere Hälfte ist interessant. Da hat sich nämlich bei allen „Fernwehkranken“ eine Art Rück­ stau gebildet, sodass in diesem Jahr ein regelrechter Run auf das Ausland eingesetzt hat. Und der Trend ist noch nicht zu Ende. Doch liegt die Nachfrage nach Fernreisen noch weit hinter den Zahlen von 2019 zurück. Eingefleischte USA-Fans jedoch sind bereits am ersten Tag nach Beendigung von Lockdown und Einreiseverbot in den Flieger ge­ stiegen, um zum Beispiel ihre Latifundien in Florida aufzusuchen. Aber das war eher die Ausnahme. Ge­ fragt ist Europa, saisonal abhängig ob Norden oder Süden. Länder wie Griechenland, Spanien und Portugal gehören weiterhin zu den Gewinnern, Montenegro ist stark im Kommen. Ungebrochen ist der Boom der Schiffsreisen, egal ob Hochsee oder Fluss. Corona scheint kein Thema mehr, seit fast alle Reedereien die Bestimmungen für Landaufenthalte deutlich gelockert haben. Für 2023 zeichnet sich schon jetzt ein Stück Nor­ malität ab. Klassiker wie Thailand, Südafrika und zu­ nehmend auch der Pazifikraum mit Australien und Neuseeland florieren. Mein Fazit: Die Menschen werden weiterhin im Ausland Urlaub machen, aber viele nicht so weit weg und nicht so lange. Dafür darf es gern etwas mehr kosten. Das Gefühl, schnell wie­ der zu Hause sein zu können, spielt in diesen un­ ruhigen Zeiten eine große Rolle. Mit rund 55 Millio- nen Personen, die eine Reise von mindestens fünf Tagen unternom- men haben, lag die Zahl der Urlaubs- reisenden in Deutschland im Jahr 2019 so hoch wie nie zuvor. Da- bei kamen sie ins- gesamt auf rund 70,1 Millionen Ur- laubsreisen. 2020 ging die Reise- aktivität der Deut- schen aufgrund von Corona je- doch stark zurück: Im Vergleich zum Vorjahr wurden mehr als 20 Millio- nen Urlaubsreisen und rund 10 Mil- lionen Urlaubsrei- sende weniger ge- zählt. Diese Ent- wicklung zeigte sich auch an den Ausgaben: 2019 gaben die Deut- schen insgesamt noch rund 73,1 Milliarden Euro für Urlaubsreisen aus, im Jahr 2020 lagen die Gesamt- ausgaben bei nur rund 45 Milliarden Euro. Die durch- schnittlichen Kos- ten pro Person und Reise sanken von etwa 1030 Euro im Jahr 2019 auf rund 890 Euro 2020. FRANK SCHLATERMUND Wird der Urlaub im eigenen Land auch in Zukunft ein Trendthema bleiben? 24 FOTOS: HAMBURGER STADTRUNDFAHRT – DIE ROTEN DOPPELDECKER GMBH, CHRISTIAN VON SCHRÖDER HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE PRO & KONTRA

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