Oktober / November

HAMBURGER WIRTSCHAFT 34 CITY NEUGESTALTUNG FOTOS MOKA STUDIO 2020, MICHAEL ZAPF diese „attraktiver machen und zugleich dafür sorgen, dass sie für alle gut erreichbar bleibt“. Dafür hat die Stadtentwicklungsbehörde zu- sammen mit Oberbaudirektor Franz-Josef Höing vorerst sieben Orte erwählt, deren Umgestaltung Vorbildcharakter haben könnte – unter anderem den Großneumarkt, den Binnenalsterrand und Teile des Hauptbahnhofes. Das spektakulärste ins Auge gefasste Einzelpro- jekt ist dabei sicher das Überbauen der Gleise vor dem Museum für Kunst und Gewerbe. Und tatsäch- lich: Trotz bester Lage könnte der Knotenpunkt des nordeuropäischen Schienenverkehrs bislang kaum trister sein.Wer sich hier zehnMinuten unter freiem Himmel aufhält, kriegt vom Inferno aus Autos, Zügen und Schwerverkehr unweigerlichOhrensausen. Kein Wunder, dass über dem Wallringtunnel selbst zu Stoßzeiten nur drei Dutzend Fußgänger anzutreffen sind. In der Visualisierung, die die Politiker präsen- tierten, tummeln sich hingegen Hunderte tiefenent- spannter Passanten auf dembegrünten Betondeckel. Pkws? Abgase? Lärm? Ersichtlich Fehlanzeige! Wie immer bei PR-Animationen wird sich die Zukunft irgendwo zwischen Traum und Realität einpendeln. Klar ist jedoch: Auch wenn bisherige Maßnahmen wie etwa der Umbau des Gertruden- kirchhofs zur Piazza oder die Neugestaltung des Jungfernstiegs bereits erhebliche Verbesserungen gebracht haben, ist etwa das fortwährende Chaos unvereinbarer Fortbewegungsmittel selbst am Jungfernstieg längst überholungsbedürftig – auch im Interesse des Einzelhandels, der Tourismus- branche und der Lebensqualität. Zukunftsprojekt Hopfenmarkt Klar ist aber auch: Stadtentwicklung ist immer ein kontroverser Prozess mit vielen beteiligten Akteuren. Was das bedeutet, lässt sich etwa am Nikolaifleet und dem angrenzenden Hopfenmarkt beobachten. Unge- achtet seiner historischen Wucht als früherer Stand- ort des Rathauses und der ersten Hamburger Börse duckt sich dieser bisher fast verzagt unter dem Niko- laikirchturm weg – und in den leicht verwahrlosten Park verirrt sich kaum ein Mensch. Doch Touristen, die vom Domplatz über die Trostbrücke zur Speicher- stadt spazieren, passieren derzeit eine Großbaustelle, die alle Dimensionen der möglichen Entwicklung illustriert: Gestern und Morgen, Renovierung und Abbruch, Konsens und Kontroverse. Nirgends in der City herrscht größerer Hand- lungsbedarf, aber nirgends ist auch mehr in Be- wegung: Direkt am Nikolaifleet, wo 1189 Hamburgs Urhafen und 1870 die erste Filiale der heutigen Commerzbank entstanden, baut der ortsansässige Investor Procom einen Mix aus Büros, Wohnen, Der Hopfenmarkt vor demMahnmal Nikolaikirche ist bislang ein eher trister Ort. Doch wie die Visualisierung zeigt, soll er in Zukunft in neuer Pracht erstrahlen – die Parkplätze verschwinden, und es entstehen Sitzbänke Erhalt war keine Option. Und mir sind gute Neubauten lieber als leer stehende Ruinen. DENNIS BARTH

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