HAMBURGER WIRTSCHAFT 10 / 17
FRAGE DES MONATS
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FOTOS: VERA VON REINERSDORFF VIERFOTOGRAFEN, AKADEMIE FÜR PUBLIZISTIK, QUATRACARE, PRIVAT
Die Digitalisierung verändert den Alltag. Welche Rolle spielt das in den Klassenzimmern von heute? Vermitteln
unsere Schulen den Fachkräften und Chefs von morgen die nötigen Grundlagen und Kompetenzen?
Macht die Schule Hamburgs Kinder fit
für die digital geprägte Arbeitswelt?
FRAGE DES MONATS
Pascal Eggert (47), Vice President der Röhlig blue-net GmbH:
„Unseren Azubis wurden von den Schulen diesbezüglich kaum Grundlagen
mitgegeben. Sucht ein Schüler sich nicht explizit das IT-Wahlfach aus, spielt
die Digitalisierung im Lehrplan kaum eine Rolle. Ein Pflichtfach wie ,Digital-
kunde‘ sucht man vergebens. In den berufsbildenden Schulen wird nach
Rahmenplan gelehrt, der Auftrag liegt hier darin, den ,Stoff‘ statisch durchzu-
bringen. Aktualisierten Lehrstoff, der die Schüler fit und kompetent für die
wirtschaftliche Zukunft macht, findet man zu selten.“
Nadja Stavenhagen (48), Direktorin/Geschäftsführerin der Akademie
für Publizistik:
„Die Digitalisierung in der Schule steckt in den Kinderschu-
hen. Die Infrastruktur, etwa Hardware oder Schulportale wie eduPort, nimmt
zu. Aber die Anwendung digitaler Methoden im Unterricht ist heterogen und
beruht oft auf der Initiative Einzelner. Warum? Die Medienkompetenz der
Lehrer ist zu schwach, die Angst vor digitalen Medien deshalb zu groß. In
der Lehrerausbildung spielt das Digitale eine zu kleine Rolle. Vor allem fehlt
eine übergreifende Strategie, die alle mit digitalem Know-how versorgt.“
Silke Nevermann (48), Inhaberin Office Concepts:
„Angesichts aller heutigen digitalen Möglichkeiten besteht die Gefahr, dass
wir die Fähigkeit verlernen, Zusammenhänge zu hinterfragen. Informationen
sind schnell auf Knopfdruck verfügbar, deren Interpretation wird jedoch im-
mer anspruchsvoller. Hier das entsprechende digitale Know-how schon in
der Schule zu vermitteln, ist essenziell, damit sich Kinder später bedacht und
selbstbewusst im digital geprägten Arbeitsumfeld bewegen können. Die
Wissensvermittlung auf diesem Gebiet ist – gelinde gesagt – ausbaubar.“
Normen Niebuhr (41), Geschäftsführer der quatraCare Gesundheitsaka-
demie Hamburg GmbH:
„Die Gesundheitswirtschaft digitalisiert sich rasend schnell, während die
meisten Lehrkräfte erst angefangen haben, ,digital zu denken‘. Ich sehe
bereits jetzt in vielen Klassenzimmern digitale Parallelwelten. Während die
Schüler mittels digitaler Endgeräte Lehrstoff multiplizieren sowie Wissen
der Lehrkräfte überprüfen und in Frage stellen, besteht auf der Seite der
Lehrenden überwiegend der Wunsch, dieses zu unterbinden. Hier muss
zwingend ein Umdenken bei den Lehrenden stattfinden.“
Die veröffentlichten Aussagen sind privater Natur. Ihre Auswahl ist das Ergebnis einer nicht repräsentativen Umfrage.
Was sagen Sie?
Hamburgs Schulen
könnten Spitze sein.
Vieles ist da: ausbau-
fähige Infrastruktur,
zeitgemäße Konzepte,
kurze Wege der
Entscheider. Doch
internationale Ver-
gleiche offenbaren große
Schwächen. Für die
Handelskammer fordert
Präses Tobias Berg-
mann von der neuen
Bundesregierung:
„Bildung muss ein
Top-Thema sein. Stellen
Sie sicher, dass die
Digitalisierung unsere
Schulen erreicht.“ Und
Vizepräses André Mücke
betont: „Schulpolitik
von heute ist die
Wirtschaftspolitik von
morgen.“ Im Netz läuft
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