September 2018

HAMBURGER WIRTSCHAFT 09 / 18  TITEL 15 TITEL Heimlich an die Spitze Otto, Aurubis, Beiersdorf – Hamburgs Konzerne stehen global oft ganz oben. Noch erfolgreicher ist die Stadt jedoch im Ver- borgenen: Kein Bundesland hat mehr Weltmarktführer unterm öffentlichen Radar, auch als „Hidden Champions“ bekannt. Ende der Achtziger in einer Studie zum hiesigen Mittelstand getauft hat: Hidden Champions. Nach Simons Definition erzielen sol- che „Weltmeister, die keiner kennt“ zwar weniger als fünf Milliarden Umsatz und allenfalls im eigenen Fach größere Popu- larität. Dank Management-Fähigkeiten wie „Furchtlosigkeit, Vitalität, Ausdauer und Inspiration“ schaffen sie es damit aber in die Top 3 ihrer Weltmärkte oder wenigstens zur kontinentalen Nr. 1 – in diesem Fall also Europa. Vor sechs Jahren verzeichnete Her- mann Simons viel beachtetes Buch „Auf- bruch nach Globalia“, dritter Teil seiner Trilogie über die Hidden Champions der Welt, gut 1500 Exemplare dieser öffent- lich meist wenig beachteten Spezies im deutschsprachigen Raum. Bezogen auf die Einwohnerzahl beheimatet bis heute kein anderes Bundesland pro Kopf mehr solch versteckter Branchenkönige im Kleinen als der Großraum Hamburg. Und dabei ist der schiere Umfang internatio- nal vielfach konkurrenzloser Marken noch nicht mal annähernd so beeindru- ckend wie deren Bandbreite. Hochwertigste Flügel und Klaviere der Firma Steinway & Sons finden sich ebenso in Hamburgs vielfältigem Welt- marktführerportfolio wie die Brillen von Europas umsatzstärkstem Optiker Fiel- mann oder das weltumspannende Klebe- band der Sorte Tesa. Dachfenster aus dem Hause Velux sind hier ebenso beheimatet wie der Wandsbeker Strass-Juwelier Bijou Brigitte, die unerreichte Schach-Software Chessbase und nicht zuletzt natürlich der letzte in Deutschland verbliebene Ama- E in Kicker, klar. Jens Müller muss selbst grinsen, dass in seinem lufti- gen Büro mit Panoramablick über den Hafen zwischen popmoderner Foto- kunst das Paradebeispiel popmoderner Fir- menkultur steht. „Klar ist das etwas kli- scheehaft“, kommentiert der juvenile Unternehmer in löchrigen Jeans sein Frei- zeitgerät. „Aber ehrlich – Tischfußball macht eben auch einfach Spaß.“ Und außer- dem, er zeigt zu den Flatscreens auf jedem Schreibtisch, „braucht man bei all der Ar- beit am Rechner zwischendurch analoges Detox“. Selbst im coolen Milieu digitaler Start-ups kannWeltmarktführerschaft eben ganz schön anstrengend sein. Seit Müller und sein Kommilitone Lado Alexi vor elf Jahren „im klapprigen Opel Corsa an die Côte d’Azur gebrettert“ sind, um mit der Spiegelreflexkamera „ersten Content zu erzeugen“, ist ihre Agentur für exklusive Werbehintergründe jenseits universeller Fotoarchive (Stocks) wie Getty Images an der Branchenspitze. Besonders Autohersteller vermarkten ihre neuen Modelle gern vor den Stadt-, Landschafts- oder Straßenbildern aus der HafenCity und machen das frühere Start– up mit knapp 400 Fotografen in aller Welt zur Erfolgsstory von einzigartiger Dyna- mik. An der Waterkant ist MAGROUND da- mit dennoch nicht allein. Im Gegenteil. Hamburg, weiß der renommierte Unter- nehmensberater Hermann Simon aus sei- ner langjährigen Forschungsarbeit, ist Deutschlands heißestes Pflaster für Marktführer knapp unterm Radar der kol- lektiven Wahrnehmung. Oder wie sie der emeritierte Wirtschaftsprofessor bereits FOTO: MIKE SCHAEFER Wladimir Alexi (links) und Jens Müller, Geschäftsführer von MAGROUND

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