JUNI/JULI 2021

HAMBURGER WIRTSCHAFT 40 PERSÖNLICH PHILIPP WESTERMEYER Wie wichtig ist Personal Branding, also der Auf- bau deiner Personenmarke, für euch? Es gab zum Beispiel in Kooperation mit dem Abendblatt zwei Ausgaben der Zeitschrift „Philipp“. Haben es Unternehmen, deren CEOs nicht solche Rampensäue sind wie du, schwerer als OMR? Ich muss dazu erst mal sagen: Ich habe das nie an­ gestrebt! Das Magazin „Philipp“ war eine Idee von Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider. Das emp­ fand ich als Auszeichnung für uns, als tolle Chance; das habe ich natürlich angenommen. Da wir selber Medien machen, also Inhalte herstellen, werde ich darüber natürlich auch als Absender mittrans­ portiert. Das ist okay, und das mache ich auch gerne. Aber ich würde jetzt nicht hingehen und das allen anderen empfehlen. Bei einigen Geschäften ist das aber wirklich hilfreich und gut. Viele CEOs von großen Konzernen werden jetzt zum Beispiel bei LinkedIn aktiver. Das ergibt Sinn, da können sie ja auch ihre eigenenLeute anspre­ chen. Ich war vor Kurzem im Gespräch mit dem VW- Vorstandsvorsitzenden Herbert Dieß. Der hat weit über 600000Mitarbeiter, die kann er wahrscheinlich überLinkedInbesser erreichenalsüber alles andere. Einer eurer Schwerpunkte sind Podcasts, abon- nierbare Audioinhalte. Davon produziert und/ oder vermarktet eure Firma Podstars über 70. Was macht den Reiz für Unternehmen aus? Es gibt wahnsinnig viel Aufmerksamkeit für das Thema, da es eine komplett neueMediengattung ist, die so ein bisschen das Radio verdrängt. Podcasts kosten in der Produktion nicht so viel, und es ist sehr viel möglich. Sie können eine moderne Form von Firmenzeitschriften, von Corporate Publishing sein. Da ist schon eineMenge Luft. Der „OMR Podcast“, den du moderierst, hat über 50000 Zuhörer:innen. Ab welcher Kenn- zahl können Podcasts ernsthaft profitabel sein? Das hängt so ein bisschen vom Thema ab. Bei sehr spitzen Wirtschaftsthemen, Technologie oder auch Aktien oder sowas kann das schonmit 15000 Leuten funktionieren. Bei sehr breiten Themenwie Fußball braucht man auf jeden Fall eher Richtung 60-, 70000 Zuhörer. Etwa die Hälfte der Wertschöpfung entsteht durch guten Vertrieb, die Inhalte müssen auch ihr Publikum finden. Du erwähntest Geschäftsideen, die nicht funk- tionieren. Gibt es diesbezüglich immer noch ein Stigma, oder ist Scheitern in Deutschland ak- zeptabler geworden? Auf jedenFall Letzteres! Ichsehedas ja jetzt inmeiner Generation, auch bei befreundeten Unternehmern: Wenn jemandmal ein Start-up gemacht hat, das nicht funktionierte, wird das im Lebenslauf tendenziell eher positivwahrgenommen.Manhat dasGefühl, der hat schon Erfahrung gemacht, der weiß schon, wie das geht, derhat sogar auchschonRückschläge erlebt, er ist nichtmehr ganz so naiv. Etwas zu gründen, ist ja heutzutage fast schon sowie einMBA früher, einMas­ terabschluss oder einDoktortitel. Heute gründetman haltwas; undmal klappt's, undmal nicht. Als digitale Medienplattform konntet ihr beson- ders agil auf Corona reagieren. Hat die Pande- mie aus deiner Sicht die Digitalisierung generell wirklich nachhaltig nach vorne gebracht? Ich glaube schon. Ich denke, dass ganz viele Leute erstmalig gelernt haben, mit digitalen Bezahlinstru­ menten zu bezahlen, digital Aktien zu kaufen, on­ line zu shoppen, Lebensmittel zu bestellen. Das hat auch den Druck auf verschiedenste Firmen erhöht, sich digitale Arbeitsmethoden anzueignen. Beim in­ dustriellen Internet, für das man sehr stark auch erst mal Hardware entwickeln muss, da hat sich jetzt vielleicht nicht so viel getan. Aber in der Business-to-Consumer-Welt, also der B2C-End­ konsumentenwelt, da hat sich schon viel getan. Scheitern wird im Lebenslauf eher positiv wahrgenommen.

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