Juni 2018

HAMBURGER WIRTSCHAFT 06 / 18  IM FOKUS 55 DIGITALISIERUNG FOTOS: FREDERIK JURK Prof. Dr. Algorithmus Big Data sind auch in der Medizin groß im Kommen. Gesundheits-Apps, Wearables, computergestützte Anamnesen – immer mehr Anwendungen basieren auf automatisierter Verarbeitung riesiger Datenmengen. D ie Unterstützung der Ärzte durch Di- gitaltechnologie ist eine Entwick- lung, die jetzt erst richtig beginnt. „Gerade in der Gesundheitswirtschaft sind die Potenziale noch längst nicht ausge- schöpft. Wir als Handelskammer Hamburg wollen unsere Mitgliedsunternehmen bei der Digitalisierung begleiten und unter- stützen“, sagt Paul Elsholz, Leiter der Abtei- lung Dienstleistungswirtschaft. Start-ups und internationale Konzerne stecken große Summen in die Forschung. Das Hauptziel: schnellere, genauere und zuverlässigere Diagnosen, damit die Pati- enten effektiv behandelt werden können. Das Computerprogramm Watson von IBM unterstützt die Ärzte dabei als virtueller As- sistent. „Digital Health“ lautet das Stich- wort, die Datenbank wächst kontinuier- lich. In dieselbe Richtung geht die „HealthSuite Digital Platform“ von Philips. Auch hier werden klinische Daten aus un- terschiedlichen Quellen erfasst, zusam- mengeführt und analysiert. Ärzte oder Kli- niken, die mit diesen Big-Data-Tools arbeiten, haben so eine deutlich umfang- reichere Entscheidungsbasis. „Wir sind davon überzeugt, dass die Digitalisierung für das Gesundheitswesen große Chancen bietet“, sagt Maren Puttfar- cken, Leiterin der Landesvertretung Ham- burg der Techniker Krankenkasse (TK). „Insbesondere die intelligente Nutzung von Gesundheitsdaten kann die Versor- gung der Patienten in vielen Bereichen spürbar verbessern“, betont Puttfarcken, die im Ausschuss für Gesundheitswirt- schaft der Handelskammer Hamburg aktiv ist. Dank eines zielgerichteten und effizien- ten Austauschs medizinischer Daten könn- ten etwa zeit- und kostenintensive Doppel- untersuchungen vermieden werden. Eine wichtige Rolle bei der Entwick- lung gemeinsamer Ansätze spielt die Ge- sundheitswirtschaft Hamburg GmbH (GWHH), deren Geschäftsführer Elsholz ist. Clemens Gerlach redaktion@hamburger-wirtschaft.de Telefon 36138-563 „Unsere gemeinsame Beteiligungsgesell- schaft mit der Gesundheitsbehörde treibt die Digitalisierung der Gesundheitswirt- schaft voran. Vor Kurzem haben wir die kostenfreie Datenbank eHD@ gelauncht ( bit.ly/eHDa-DB ), um Akteure, die am Thema eHealth interessiert sind, miteinan- der zu vernetzen“, sagt Elsholz. Davon gibt es viele mit unterschiedlichen Aufgaben, etwa Kliniken, Ärzte, Labore und natürlich auch die Krankenkassen. Für deren Mitglieder wäre es wün- schenswert, wenn alle relevanten Informatio- nen gesammelt vorliegenwürden und bei Be- darf ohne großen Aufwand abgerufen werden könnten. Auch die TK, die mit vielen Digitalunternehmen zusammenarbeitet, setzt daher auf die Elektronische Ges­ undheitsakte. „Die eGA ist unser bisher größ- tes Projekt und in ihremAnsatz auchdeutlich umfassender als unsere bisherigen digitalen Angebote wie etwa der DepressionsCoach oder die elektronische Arbeitsunfähigkeits- bescheinigung“, betont Puttfarcken. „Die Versicherten sollen jederzeit über ihre Ge- sundheitsdaten verfügen können und die bestmögliche Transparenz hinsichtlich ihrer medizinischen Versorgung erhalten.“ Die Auswertung der zusammengetra- genen Daten erfordert großes Know-how. Oftmals fallen so viele Informationen an, dass es ohne die Unterstützung durch Hochleistungscomputer bei der Analyse gar nicht mehr geht. Künstliche Intelli- genz (KI) wird daher immer wichtiger. So haben Studien ergeben, dass dazuler- nende Maschinen beispielsweise Aufnah- men von Hautveränderungen zuverlässi- ger analysieren können als Dermatologen. Der Vorteil von Prof. Dr. Algorithmus: Dessen Konzentrationsfähigkeit ist gleichbleibend hoch, auch wenn bereits über Stunden Bilder auf Auffälligkeiten hin gecheckt wurden. „Wir gehen aber nicht davon aus, dass der Arzt komplett von KI und der Chirurg von einem OP-Ro- boter ersetzt wird“, sagt Puttfarcken. „Vielmehr wird der Einsatz dieser Techno- logien die ärztliche Leistungserbringung eher unterstützen.“ Dass der eHealth-Markt weiter sehr stark wächst, hat auch Nastasia Knizhni- kova von der ePrivacy GmbH festgestellt. Das vom GWHH-Mitglied Prof. Dr. Chris- toph Bauer gegründete Hamburger Unter- nehmen hat sich auf Datenschutz speziali- siert. „eHealth ist ein besonders sensibler Bereich, gerade bei psychischen oder sehr schweren Erkrankungen“, sagt Knizhni- kova. „Die Daten dürfen auf keinen Fall in falsche Hände geraten.“ Damit dies nicht passieren kann und die gesetzlichen Bestimmungen eingehal- ten werden, überprüft die ePrivacy GmbH zum Beispiel Apps auf Herz und Nieren. „Die Leute achten vermehrt auf Qualitäts- siegel“, sagt Knizhnikova. Denn Patienten und Versicherte wollen es nicht nur be- quemhaben und viele Angelegenheiten on- line erledigen können. Sie möchten auch, dass die digitalen Versorgungsangebote, die sie nutzen, noch eines sind – sicher.

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