April/Mai2024

Sollte sich ein Unternehmen in der Öffentlichkeit politisch positionieren? Sich herauszuhalten, ist keine Option Marc Opelt (61), Vorsitzender des Bereichsvorstandes OTTO Politische Positionierung bedeutet für uns nicht par­ teipolitische Positionierung. Sie bedeutet zuvorderst die Verantwortungsübernahme in gesellschafts­ politischen Diskursen und ein klares Bekenntnis zur Verfassung und der demokratischen Grundordnung. Sich aus gesellschaftspolitischen Diskussionen her­ auszuhalten, ist fürmich keine Option. ImGegenteil: Als Unternehmen sind wir Teil der Gesellschaft und tragen die Verantwortung, diese ak­ tiv mitzugestalten. Mit dem „Code of Ethics“ der Otto Group haben wir hierfür einen klaren Wertekom­ pass. Vielfalt und die Gleichberechtigung aller Men­ schen etwa, egal, woher sie kommen, wer sie sind und wen sie lieben, sind als Werte tief in unserer Un­ ternehmenskultur bei OTTO verwurzelt. Und gleichzeitig sind sie per Grundgesetz auch ein Pfeiler der Gesellschaft, in der wir leben und le­ ben wollen. Dafür setzen wir uns ein. Denn eine glaubwürdige gesellschaftspolitische Positionierung ist aus meiner Sicht nur dann möglich, wenn Unter­ nehmen auch intern die Auseinandersetzung mit ge­ sellschaftspolitischen Themen fördern. Eine wichtige Rolle kommt unseren fünf Diver­ sity-Netzwerken zu. Wir fördern unser queeres Netz­ werk MORE*, unser Fe*Male Network PLAN F sowie das Cross-Generation-Netzwerk #experienced, un­ ser Väternetzwerk und unser antiRacism-Netzwerk. All diese Netzwerke sind auf Eigeninitiative von Mitarbeitenden entstanden. OTTO unterstützt sie fi­ nanziell sowie strukturell mit einem Diversity&Inclu­ sion-Team, das sich hauptberuflich um diese Themen kümmert. Die Netzwerke fördern Diskussion im Un­ ternehmen, aber zeigen auch: In der Sache stehen wir zusammen– fürVielfalt undgegenAusgrenzung. Diese Positionwollenundmüssenwir nachaußenvertreten. Wir positionieren uns nicht politisch Joy-Patrick Vellguth (54), Geschäftsführender Gesellschafter DAHLER & COMPANY Hamburg Alster-Ost Es entspricht dem heutigen Zeitgeist, zu allem eine Meinung zu haben und diese auch öffentlich kundzu­ tun. Vor allem von größeren Unternehmen wird fast schon erwartet, dass sie politisch Stellung beziehen. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Im Gegenteil, wir alle können uns freuen, in einem Land leben zu dürfen, in dem Meinungsfreiheit im Grundgesetz verankert ist. Wir von DAHLER allerdings sehen unsere Auf­ gabe eher darin, uns auf das Vermittlungsgeschäft hochwertiger Immobilien zu fokussieren. Es ent­ spricht nicht unserer Unternehmensphilosophie, uns in irgendeiner Weise zu jeglichen Themen, die nichts mit unserem Kerngeschäft zu tun haben, öf­ fentlich zu äußern. Aber das dürfte für die meisten Firmen der Dienstleistungsbranche gelten. Wir von DAHLER positionieren uns nicht poli­ tisch. Allerdings distanzieren wir uns ganz klar von jeder Formvon Extremismus, aber das ist auch schon das einzige Statement, das wir in dieser Hinsicht ab­ geben. Wir haben gewisse Werte, nach denen wir ar­ beiten, für die wir einstehen und auf die sich unsere Kunden verlassen können. Gemeint sind Ehrlichkeit, Wertschätzung, Verantwortung und Professio­ nalität. Das ist unsere Haltung, die wir auch nach au­ ßen vertreten. In der Kommunikation mit unseren Kunden, im täglichen Austausch, treffen wir auf eine breite Ziel­ gruppe mit entsprechend vielfältigen Einstellungen zu den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Belan­ gen. Dem müssen wir Rechnung tragen, indem wir uns neutral verhalten, wenngleich auch hier gilt, bei Äußerungen, die unseren eigenenWerten widerstre­ ben, Haltung zu zeigen. Dürfen Mitarbei- tende ihre politi- schen Ansichten auch am Arbeits- platz kundtun? Ja, sie dürfen. Die grundgesetzlich garantierte Mei- nungsfreiheit gilt auch dort. Allein wegen einer be- stimmten politi- schen Gesinnung darf niemandem gekündigt werden. Anders sieht es aus, wenn politi- sche Meinungsäu- ßerungen in Hetz- kampagnen und provozierende parteipolitische Auseinanderset- zungen umschla- gen. Die Grenzen des Zumutbaren sind laut Bundes- arbeitsgericht (BAG) dann er- reicht, wenn der Betriebsablauf und die arbeits- vertraglichen Pflichten der Mit- arbeitenden ernst- haft beeinträchtigt werden. Dies braucht der Ar- beitgeber nicht zu dulden. Nach ent- sprechender Ab- mahnung kann er eine Kündigung aussprechen. FRANK SCHLATERMUND HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 16 FOTOS: ANDREAS SIBLER, HERBERT OHGE PRO & KONTRA

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