April/Mai 2022

DIGITAL LOGISTIK MARIA ZEITLER redaktion@hamburger-wirtschaft.de GmbH durchführt: Wenn Container im Hafen ankommen, werden sie von allen sechs Seiten fotografiert. „Der Zustand bezüglich Schäden und Verunreinigungen wird heute von Menschen beurteilt“, erklärt Jahn. „Die Fotos sollen jetzt genutzt werden, um Künstliche Intelligenz zu trainieren. Die soll den Schaden er- kennen, beurteilen und eigenständig Folgeprozesse koordinieren.“ Eine bessere Sondierung von heilen und beschädigten Containern und eine bessere Planbar- keit des Wiedereinsatzes von Leercontainern soll die Folge sein. „KI ist enorm wichtig, um die großen Da- tenmengen, die wir sammeln, überhaupt schnell ge- nug auszuwerten. Das ist durch den Menschen allein gar nicht mehrmöglich“, sagt Carlos Jahn. Weil in Zukunft bessere Prognosen und optimale Entscheidungen noch schneller gefordert sind, sieht Jahn auch Quantencomputing als Chance für den Hafen: „Es gibt ja immer noch länger lagernde Con- tainer, stehende Kräne, Züge und Lkw. Wenn man noch besser weiß, was wann wo ist oder ankommt, und dann sehr schnell in Echtzeit Optimierungsrechnungen zur Synchroni- sierung der Logistikprozesse durchführen kann, ste- cken darin große Chancen.“ Ein Digitalisierungsprojekt, das zumindest von der Quantentechnologie inspiriert ist, exis- tiert im Hafen bereits: Mit „Mozart“ will die Hafen- behörde – die Hamburg Port Authority (HPA) – Grün- und Rotzeiten so auf Ampeln verteilen, dass Knotenpunkte untereinander abgestimmt sind. Denn die Kreuzungen sind nicht nur im Hafen für Staus und Emissio- nen verantwortlich – gleichwohl werden in der Verkehrslenkung aktuell noch wenig dynamische Ampelanlagen einge- setzt. Mit „Mozart“ soll das so funktionieren: Die Ampelphasen für den op- timalen Gesamtdurchsatz werden in Echtzeit er- rechnet – dazu hat die Recheneinheit auch das mit Sensoren gemessene aktuelle Verkehrsgeschehen im ganzen Hafen zur Verfügung. Smarte Lichtsig- nalanlagen sollen dann nur noch über 5G die anzu- zeigende Signalfarbe empfangen. So sollen zum Beispiel Lkw als Pulk gegenüber einzelnen Pkw priorisiert werden – und über alle Ampeln fahren können, ohne immer wieder stehen bleiben zu müssen. In einem Interview mit dem HPA-Reallabor homePORT betont Rando Schade vom Verkehrs­ management der HPA, dass sich mit der neuen Tech- nologie Berechnungen in Echtzeit durchführen las- sen, die bisher nicht möglich waren. „Man hat bei diesen Berechnungen schnell sehr viele Unbekannte, die bei herkömmlicher Hardware in die Jahrhun- derte Berechnungsdauer gehenwürden.“ Drohnen im Hafen Neben kleinen au- tonomen U-Boo- ten sind im Hafen auch schwimmen- de Drohnen unter- wegs. So vermisst etwa Echo.1 mit Sensoren und Echolot die Ge- wässertiefe für die HPA. Die Daten werden in Echtzeit auf einen Compu- ter übertragen; damit lassen sich zum Beispiel digi- tale Seekarten er- stellen. Auch flie- gende Drohnen sind für die HPA unterwegs: Sie übernehmen etwa Kontrollflüge oder Bauwerksprüfun- gen. Im Katastro- phenfall könnten sie schneller als ein Helikopter bei der Lagebewer- tung und Koordi- nierung von Ret- tungsmaßnahmen helfen. VR und AR Virtuelle und Er- weiterte Realität (VR und AR) wer- den im Hafen zu- nehmend wichtig, ist das Forschungs- projekt WizARd der Uni Hamburg überzeugt. Es ar- beitet an einer An- wendung, die auch KMU das Potenzial und die Einsatz- möglichkeiten von AR aufzeigt und sie bei Digitalisie- rungsvorhaben unterstützt. Gro- ßes Potenzial sieht das Team auch für die Wassertiefen- messung: AR kön- ne die Sicherheit und Effizienz der Bodensondierung erhöhen, auch auf- grund hoher Ver- kehrsdichte und wechselnder Wet- terverhältnisse. Fliegende Drohnen, die Müll imWasser nicht nur erkennen, sondern ihn auch herausholen (re.), sowie schwimmende Drohnen, die Gewässertiefen vermessen (unten), sind heute keine Zukunftsmusik mehr. KI ist wichtig, um die großen Datenmengen, die wir sammeln, schnell genug auszuwerten. CARLOS JAHN HAMBURGER WIRTSCHAFT 44 FOTOS: FRAUNHOFER CML, JULIA KÜCK/HPA. GRAFIK: FRAUNHOFER CML

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