Februar/März 2022

Was erwarten Sie von den Schulen? Die SchulenmüssenGrundkenntnisse vermitteln, be- sonders Sprachkompetenz, Mathematik und digitale Anwendungen. Wichtig finde ich, dass wir die Kinder früh mit Informatik konfrontieren. Wenn man sich die Digitalisierung anschaut und welche Fähigkeiten in den nächsten Jahren am Arbeitsmarkt gebraucht werden, dannmuss da vielmehr passieren. Ichplädie- re auch dafür, dass die Fächer Wirtschaft und Infor- matik an den Schulen gelehrt werden. Das duale Ausbildungssystem in Deutschland wird seit Jahrzehnten als vorbildlich gelobt. Sehen Sie Potenzial für Weiterentwicklung? In Hamburg machen ja etwa 50 Prozent der Jugend- lichen Abitur. Und damit verbinden viele den An- spruch, ein Studium zu beginnen. Dadurch wird die duale Ausbildung aber zum Teil entwertet. Hinzu kommen Angebote wie das duale Studium, was ich auch als sehr gut empfinde, weil es praxisorientiert ist. Aber dadurch fehlen Schüler für die duale Aus- bildung. Auch mit dieser muss es mehr entspre- chende Aufstiegsmöglicheiten geben. Spielt die Weiterbildung da eine Rolle? Ja, unbedingt, und wir sind da sehr engagiert. Durch Corona ist das leider schwieriger geworden. Vieles geht nicht allein digital, sondern benötigt Austausch und Präsenz. Wenn ich in Weiterbildung investiere, sage ich, du bist mir wichtig, ich möchte, dass du dich mit dem Unternehmen weiterentwickelst und für die kommenden Ansprüche gerüstet bist. Wie schwierig ist es, die Fachkräfte nach der Ausbildung zu halten? Wir versuchen, allen Auszubildenden ein Angebot zu machen, und führen schon früh Gespräche für eine Übernahme. Im Unternehmen bleiben in der Regel dann 70 oder 80 Prozent. Ungefähr zehn Pro- zent verlieren wir schon während der Ausbildung. Aber damit muss man eben rechnen und entspre- chend mehr Ausbildungsplätze anbieten. Wie beurteilen Sie den Standort Hamburg für die Attraktivität Ihres Unternehmens? Hamburg wird ja im Radio immer wieder als die schönste Stadt der Welt angepriesen. Mit schönen Bildern allein lässt sich Wertschöpfung aber nicht gestalten. Ich finde es gut, wie wir jetzt von der Han- delskammer aus die Probleme der Stadt klar benen- nen: Hamburg 2040, wie wollen wir leben – und wo- von? Dieses Projekt unterstütze ich voll. Ich finde es auch sehr gut, dass man versucht, die Gesellschaft insgesamt mitzunehmen, nicht nur die Unterneh- mer. So können wir mehr Kraft entwickeln und alle Bürgerinnen und Bürger bei diesem Veränderungs- prozess einbinden. Ich bin sehr zufrieden mit der Arbeit der Handelskammer. Aber von der Politik würden Sie sich ein biss- chen mehr Power wünschen? Ja klar. Wir müssen uns neu aufstellen. Es kann nicht alles so weitergehen wie bisher. Da gibt es ja fünf Handlungsfelder: die norddeutsche Zusam- menarbeit, der Fachkräftemangel, der Klimaschutz, der Hafen sowie die Stadtentwicklung. Die Innen- stadt steht vor einem Transformationsprozess. Viel mehr Kultur oder etwas Ähnliches wie die Rambla in Barcelona oder eine Markthalle. Die Ludwig-Er- hard-Straße müsste übertunnelt und die Innen- stadt durch vieleWohnungenwiederbelebt werden! Mehr denn je wird menschliches Verhalten eingefordert. HAMBURGER WIRTSCHAFT 26

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz