DEZEMBER 2025/JANUAR 2026
In schwierigen Wassern Die geopolitische Lage zwingt den Außenhandel, sich neu zu orientieren. Doch die größte Herausforderung bleibt die Bürokratie. Exporte Im ersten Halbjahr 2025 blieb die EU der größte Export- markt für Hambur- ger Produkte (12,9 Milliarden Euro, plus 6,2 Prozent). Wichtigstes Ziel- land war Frank- reich (3,0 Milliar- den Euro), gefolgt von China. Die USA lagen auf Platz 7 (2024: Platz 1, minus 59,3 Prozent) – laut Statistik Nord vor allem aufgrund Entwicklungen im Luftfahrzeugbau. Insgesamt ging der Export aus Hamburg um 2,1 Prozent auf 26,2 Milliarden Euro zurück. Mehr Exporte in die EU, weniger in die USA: Die Absatzmärkte des Außenhandels verändern sich – auch aufgrund der erratischen US-Politik. tenwir nicht“, sagt etwa StephanSchnabel, Vorstands- vorsitzender der HelmAG und Handelskammer-Vize- präses. Denn der Großteil der Produktion des Ham- burger Chemiekonzerns erfolgt in den USA, und „che- mische Produktewerden tagtäglich in großenMengen gebraucht“. Dennoch „mussten wir sehr länder- und produktspezifisch prüfen, ob und wo wir betroffen sind“, benennt Schnabel denVerwaltungsaufwand. Aufgrund der Analyse legte die HelmAG etwa Lo- gistikrouten um. Andere Betriebe passten ihre Preis- politik, Lieferantenketten oder Absatzmärkte an. Al- lein von Januar bis September ging der Containerum- schlag des Hafens mit den USA um 23,9 Prozent zu- rück – trotz eines Gesamtplus von 8,4Prozent. Sorgen bereitet auch China. Die aktuelle Indus triepolitik des Landes zielt, so Kruse, „klar darauf ab, Importe deutscher Industriewaren zu substituieren“ und Deutschland mit eigenen Produkten vom Welt- markt zu verdrängen. „Die Exportlizenzen und Regu- larien schneiden Deutschland de facto von den drin- gend benötigten Rohstoffen ab und sind eine Form W ettbewerbsfähigkeit jenseits der regelba- sierten Ordnung“: Dieses Thema des Ham- burger Außenwirtschaftstags im Juli brachte die aktuellen Herausforderungen der Branche gut auf den Punkt – angefangenmit den US-Zöllen. „Bis Ende Juli gab es eigentlich nie eine verlässliche Zahl, was langfristige Investitionen und Planung extrem schwierig machte“, erklärt Lilian Krause, Handelskam- mer-Referentin für Nordamerika und Ozeanien. „Auch nach dem ,Zoll-Deal‘ blieben viele Fragen offen. Durch die große Unklarheit einiger Regelungen wurde die Si- cherheit damit zumTeil wieder verwässert.“ „Große Unsicherheit“, speziell bei Investitions- gütern, sieht auch Dr. Hans Fabian Kruse. „Überall wurden Projekte zurückgestellt, teils sogar angehal- ten“, so der Präsident des Groß- und Außenhandels- verbandes AGA und Geschäftsführer der Wiechers & Helm Gruppe. Hinzu kämen „Unmengen an Folge-, Ausweichs- und Umgehungswirkungen“. Je nachUnternehmen sind die Folgender Zölle al- lerdings unterschiedlich. „Große Auswirkungen hat- HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 44 FOTO: THOMASLERCHPHOTO/STOCK.ADOBE.COM Umfragen Laut einer Blitz- umfrage der Kam- mer Anfang April betrafen die US-Zölle etwa ein Drittel der Ham- burger Firmen mit- telmäßig bis stark; 15 Prozent hatten Maßnahmen er- griffen – und 28 Prozent planten sie. In einer bun- desweiten DIHK- Umfrage im August sahen 30 Prozent der Be- triebe den US- Zolldeal als deut- liche Belastung für ihr Geschäft (44 Prozent: mittlere Belastung). Im ak- tuellen Konjunk- turbarometer be- urteilen Groß- und Außenhandels- firmen ihre Lage weit schlechter als andere Branchen. FELIX SCHOEN von Wirtschaftskrieg und Erpressung“, so die deutli- chen Worte des AGA-Präsidenten. „Derzeit wird das Freihandelsprinzip zurückgedreht“, resümiert Lilian Krause. „Wirtschaftspolitik ist mittlerweile Sicher- heitspolitik, und die geopolitische Situation zwingt Betriebe dazu, sich Märkte zu suchen, die langfristig sicherer sind.“ Auch die US-chinesische Systemkon- kurrenz, etwa bei Halbleitern, stelle die Firmen vor erhebliche Herausforderungen. Bürokratische Lasten Bei Weitemnicht alle Probleme der Außenwirtschaft sind globalen Ursprungs. „Die Bürokratie ist aktuell weiterhin das größte Hindernis und gewissermaßen ein schleichendes Gift, an das wir uns alle gewöhnt haben“, erklärt Kruse, der auch den Außenwirt- schafts-Ausschuss der Kammer leitet. Die einzelnen Regelungen seien zwar gut gemeint, aber schlecht ge- macht – und bildeten „in ihrer Summe ein Geflecht, das uns absolut behindert“. Ende Februar präsentierte die EU-Kommission ei- nen Entwurf zur Vereinfachung von Nachhaltigkeits- Vorschriften und Berichtspflichten – und im Oktober wurde die „CBAM-Verordnung“ so angepasst, dass die Pflicht, CO2-Zertifikate für Importwaren zu erwerben, für kleinere Firmen entfällt. Doch während EU-Klima- kommissar Wopke Hoekstra rühmte, die Einigung er- fasse 99 Prozent der Emissionen und befreie 90 Pro- zent derUnternehmenvomCBAM-Mechanismus, sieht Kruse das grundsätzliche Problem weiter bestehen: „Die Gesetzgebung wird scharfgeschaltet, obwohl die Meldesysteme und Ausführungsvorschriften nicht funktionieren oder unklar sind.“ AnweiterenRegelungenwiederEU-Entwaldungs- verordnung EUDR würde zudem „nur in homöopathi- schenDosengebastelt“. Die versprocheneAbschaffung des deutschen Lieferkettengesetzes sei ausgeblieben, die Erleichterung der Berichtspflichten reduziere den Aufwand nur geringfügig. „Als Land brauchen wir ge- meinsam eine neue Perspektive“, erklärt Kruse, der sich „Mut zur Veränderung“ wünscht. Wunderbar wäre allerdings auch, möchteman hinzufügen, die bal- dige Rückkehr zu stabilen, regelbasierten und bere- chenbaren internationalen Beziehungen. Die Kammer wird sich jedenfalls auch 2026 aktiv für Antworten auf globaleHerausforderungeneinsetzen. RÜCKSCHAU / AUSBLICK AUSSENWIRTSCHAFT HERZLICHEN DANK AN ALLE ARBEITGEBER:INNEN für die Unterstützung Ihrer Mitarbeiter:innen bei der Ausübung des Ehrenamtes. Ihre Freiwillige Feuerwehr Hamburg Bildquelle: AG MuK / Steven Lienert
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