DEZEMBER 2025/JANUAR 2026
Enormes Zukunftspotenzial Der Hype um die Künstliche Intelligenz (KI) flaut ab, die Technologie wird erwachsen und fokussiert sich auf Sicherheit und Zuverlässigkeit. Beim Quantencomputing startet Hamburg indes erst richtig durch. Hamburg Innovation Summit Am 18. Juni 2026 findet der „Ham- burg Innovation Summit“ im Oberhafen- quartier statt. Auf insgesamt 1800 Quadratmetern Ausstellungsflä- che präsentiert die Innovations- szene praxisnahe Lösungen und Impulse. Der Ein- tritt ist frei. Infos: www.hamburg- innovation- summit.de Quantenchips reagieren auf Staubkörner, Vibrationen, chemische Verunreinigungen, Feuchtigkeit oder Temperaturschwan- kungen. In einem „Reinraum“ wie hier bei der Quantencomputing-Initiative am DLR werden derartige Effekte ausgeschlossen. Umgebungen, also in Wirtschaftsbereichen, die be- sonders hohe Anforderungen an Sicherheit und Zu- verlässigkeit stellen: etwa Anwendungen für die Hafeninfrastruktur, Logistik allgemein, Health Care und Food Supply. Nach Aussage Krtils ist Hamburgs KI-Szene hier besonders stark. Unabhängig von den Start-ups muss Künstliche Intelligenz aber auch in der Mitte der Wirtschaft an- kommen. „Wichtig ist, gerade den Mittelstand zu be- fähigen, mit KI richtig umzugehen“, so der ARIC- Chef. „Wenn dort kluge Entscheidungen gefördert würden, könnte das gesamtwirtschaftlich einen enormen Hebel erzeugen.“ Eine hohe Anzahl an KI- Start-ups heiße nicht automatisch, dass eine Region zukunftssicher aufgestellt ist. ARIC und Handelskammer wollen die KI- Kompetenz von Unternehmen im kommenden Jahr weiter fördern. Orientierungs-Tools der Kammer wie der „KI-Kompass“ oder der „Use Case Canvas“ bieten einen niederschwelligen Einstieg in das Thema. Dazu hofft Jörn Schüßler, Leiter des Handelskammer- F ragt man Alois Krtil vom Artificial Intelligence Center Hamburg (ARIC) nach einem Fazit des Jahres 2025, erhält man eine Antwort jenseits des allgemeinen KI-Getöses: „Wir werden keinen Crash erleben, aber das gleiche Tempo und die Rie- sensummen an Investitionen wird es nicht mehr un- begrenzt geben – KI wird erwachsen. Dabei gilt: mehr Smart Force statt Brute Force! Für den Erfolg reichen manchmal kleinere Modelle, die dafür komplett sou- verän gehostet werden können.“ Krtil leitet eines der wichtigsten Kompetenz zentren für Künstliche Intelligenz in Norddeutsch- land und blickt in der Hansestadt auf rund 200 KI- Start-ups. Eine Szene, die zunehmend erkennt, dass nachhaltiger Erfolg darin bestehen könnte, sich un- abhängig von den großen Modellen der Globalisten, den Generative Pretrained Transformers (GPT), zu machen und auf eigene Daten und smarte Lösungen zu setzen. Einen vielversprechenden Pragmatismus sieht Krtil in Hamburg vor allem in sogenannten KRITIS- FOTOS: LEON JAKOBS/ROGER RIEDEL/DLR QCI HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 36 RÜCKSCHAU / AUSBLICK INNOVATION KI Summit Hamburg Am 8. September 2026 laden Han- delskammer, ARIC und Mittel- stand-Digital Zentrum Ham- burg erneut zum „KI Summit Ham- burg“ ein. Das Motto „Verstehen, entwickeln, an- wenden“. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Mehr Informationen in Kürze unter www.ki- summit. hamburg Dr. Robert Axmann leitet die Quantencomputing-Initiative am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. ERIC LEIMANN Teams „IT & Digitalisierung“, auf einen „Sandbox“- Standort in den Bereichen Autonomes Fahren, Fliegen und Schwimmen oder Medizin. Als „Sand- kästen“ bezeichnet die EU im AI-Act kontrollierte Umgebungen, in denenKI-Systeme entwickelt, getes- tet und validiert werden können, bevor sie auf den Markt gelangen. Handelskammer und ARIC werden auch 2026 einige KI-Veranstaltungen für Unternehmen anbie- ten. Viele interessieren sich besonders für beispiels- weise Responsible AI, Souveränität und Mensch- zentrierte KI-Implementierung. Themen, die zum Standortvorteil gegenüber den Big Playern der USA und Asiens werden sollen. Mit anderen Worten: Mehr Menschlichkeit in der KI könnte auch im wirt- schaftlichen Sinne zur Erfolgsstory werden. Noch nicht so sehr in allerMunde wie Künstliche Intelligenz, aber mit enormem Zukunftspotenzial ausgestattet ist ein weiteres Innovationsökosystem an Alster und Elbe: das Quantencomputing. Normale Computer rechnen mit Bits, die entweder 0 oder 1 sein können. Ihre Information besteht stets aus lan- gen Reihen von Nullen und Einsen. Quantencomputer hingegen rechnen mit Qubits, die dank eines physikalischen Prinzips namens „Superposition“ oder „Überlagerung“ 0und 1 zugleich sein können. Rechenprozesse können auf diese Weise exponentiell schneller werden, weil Suchräume gleichzeitig „durchforstet“ werden statt nacheinander. Hamburg gilt als eines der deutschen Zentren für Quantencomputer. Hier werden in Zusammen arbeit mit Industrie und Forschung immer leistungs- fähigere Rechner gebaut und in der Anwendung („Use Case“) grundlegend geprüft. Dr. Robert Axmann kennt sich mit der Technik aus. „Es gibt sehr spezifische Anwendungsbereiche, in denen der Quantencomputer sozusagen das Rake- tentriebwerk imGegensatz zumPropeller sein wird“, erklärt der Leiter der Quantencomputing-Initiative am DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raum- fahrt) in Lokstedt. „In anderen Bereichen bringt er hingegen gar nichts.“ Doch wer profitiert von dieser Technik? „Alle Unternehmen, die rechenintensive Prozesse haben, die auch einer Optimierung zugänglich sind“, ant- wortet Axmann. „Jede Logistikfirma, die umfang reiche Lkw-Touren plant, jeder Betrieb, der kom- plexe Materialsimulationen durchführt oder mit ma- schinellen Lernalgorithmen arbeitet.“ In diesem Jahr haben Axmann und sein Team ihren sogenannten „Reinraum“ in der Beiersdorf- straße in Betrieb genommen. Dort bauen verschie- dene Unternehmen neue Quantencomputer. Das dort angesiedelte Ökosystem aus Fertigung, For- schung und Anwendungsfällen, das Hand in Hand mit jenen Firmen agiert, die Quantencomputer künf- tig nutzen, ist laut Axmann einmalig in Deutschland. Quantenchips reagieren extrem empfindlich auf winzigste Staubkörner, Vibrationen, chemische Ver- unreinigungen, Feuchtigkeit oder Temperatur- schwankungen. Im „Reinraum“ werden diese Effekte ausgeschlossen. Um Forschung, Industrie und Wirtschaft in Hamburg zusammenzubringen, hat die Stadt ge- meinsammit Firmen und Institutionen aus eben die- sen Bereichen die Beratungsschnittstelle „Hamburg Quantum Innovation Capital“ (hqic) ins Leben geru- fen, in dem auch Benedikt Mehmel arbeitet, der sehr zufrieden mit dem ausgehenden Jahr ist. „2025 hat das Thema Quanten in Hamburg richtig Fahrt aufge- nommen“, sagt er. „Die Stadt hat sich als entschei- dender europäischer Standort für den skalierbaren Bau von Quantencomputern etabliert.“ Mit der „DESY Innovation Factory“ werde ein zentraler Ort geschaffen, um die industrielle Anwen- dung weiter voranzutreiben. Zudem seien neue Start-ups wie EQCITED und innovative Use Cases wie „Quantum Tug Scheduling“ für den optimierten Ein- satz von Schleppern imHafen entstanden. Quantencomputing hat das Potenzial, unsere Art zu leben, zu arbeiten und zu forschen in naher Zukunft wesentlich zu verändern – zum Beispiel im Bereich der erneuerbaren Energien, in Fragen des Klimawandels oder bei der Suche nach neuen Medi- kamenten. Aber auch auf Gebieten wie KI, digitalen Technologien oder Mobilität könnte sich inHamburg im kommenden Jahr wieder einiges tun. Befassen werden sich mit all diesen Themen unter anderem der „Hamburg Innovation Summit“ und der „KI Sum- mit Hamburg“. WWW.HANDELSKAMMER-HAMBURG.DE 37 RÜCKSCHAU / AUSBLICK INNOVATION
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