DEZEMBER 2025/JANUAR 2026
Berufsbildung imWandel Ein neues digitales Prüfungszentrum, neue Prüferinnen und Prüfer: Im Ausbildungsbereich hat sich 2025 in Hamburg einiges getan. Prüfer- suche Die Kammer sucht Prüferinnen und Prüfer. Nähere Infos und Bewerbung: www. handelskammer- hamburg.de/ prueferwerden Statistik 2025 begannen 17 725 junge Men- schen in Hamburg eine betriebliche (11 916) oder schu- lische (5809) Be- rufsausbildung – 320 mehr als im Vorjahr. „Das Plus zeigt: Trotz wirt- schaftlicher Un- sicherheiten set- zen viele Betriebe bewusst auf Nach- wuchs“, erklärte dazu Kammer-Vi- zepräses Sascha Schneider. Leider blieben wieder Hunderte Plätze unbesetzt. Berufeschnuppern per VR-Brille: Schulsenatorin Ksenija Bekeris und Kammerpräses Prof. Norbert Aust (li.) besuchten die 27. Hanseatische Lehrstellenbörse. Brillen digital geschweißt. Und das Anmieten von Maschinenparks, Lkw oder Loks zu reinen Ausbil- dungszwecken könnte entfallen, wenn typische Situ- ationen digital simuliert werden – wie in der Luft- fahrtbranche schon länger üblich. Digitalisierung dürfte auch die rund 3500 Ham- burger Prüferinnen und Prüfer für Ausbildungsbe- rufe deutlich entlasten. Diese werden jeweils für fünf Jahre berufen und haben im August einen neuen Zy- klus angetreten. Jährlich werden sie zwischen drei und sieben Tagen für Prüfungen einberufen und da- für meist von ihren Firmen freigestellt – was einigen Betrieben angesichts des Fachkräftemangels zuneh- mend schwerfällt. Schon seit 2019 als Prüfer für Industrie- undKons- truktionsmechaniker dabei ist Maximilian Schwenn. Sein Unternehmen, die Still GmbH, entwickelt, produ- ziert und vertreibt Gabelstapler, Lagertechnik, Soft- ware und Logistik-Dienstleistungen. Der 33-Jährige kam vor sechs Jahren über seinen Chef, der kurz vor der Rente stand, auf die Idee, Prüfer zu werden. Mitt- lerweile sieht er das Ehrenamt als Volltreffer imberuf- lichenwie privaten Leben an: „Es ist mir wichtig, junge Menschen beim Start in ihr Berufsleben zu unterstüt- zen. Gleichzeitig halte ich mich so über aktuelle Ent- wicklungen und Trends imBerufsfeld auf demLaufen- den. Zudem bietet das Engagement die Chance, das eigene Netzwerk innerhalb der Branche weiter auszu- bauenundwertvolleKontakte zuknüpfen.“ Digitaler will man auch bei der Hanseatischen Lehrstellenbörse ( www.handelskammer-hamburg. de/lehrstellenboerse ) werden: Neben dem alljähr- lichen zweitägigen Kammerevent, das Ausbildungs- betriebe mit Interessierten zusammenbringt, soll es 2026 auch ein digitales Berufe-Schnuppern via VR- Brille geben ( www.handelskammer-hamburg.de/ vhlb ). Dazu besuchen die Orientierungsmanagerin- nen und -manager der Kammer Schulklassen und er- möglichen Azubis in spe, sich die Praxis in einzelnen Berufsfeldern im 3D-Format anzuschauen. Immer mehr Betriebe präsentieren ihren Arbeitsalltag in digitaler Form. Eine schöne Methode, um ein anzie- hendes, aber realistisches Bild zu vermitteln – und Enttäuschungen bei künftigen Azubis zu vermeiden. E rfolgt die Prüfung zum Berufskraftfahrer oder zur Lokführerin bald am Simulator? Oder schweißen angehende Industriemechaniker im Lernzentrum künftig virtuell per VR-Brille? Jeden- falls ist die Digitalisierung der Berufsbildung 2025 weiter vorangeschritten. So wird in Hamburg zum Beispiel neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Ab- schlusszeugnis auf Papier auch eine fälschungssi- chere verschlüsselte Variante auf Deutsch und Eng- lisch ausgestellt. Unternehmen können deren Echt- heit sekundenschnell über eine Block-Chain-Techno- logie der Firma Cert4Trust überprüfen. Es reicht, den Namender sichbewerbendenPerson einzugeben. Im September wurde zudem ein digitales Prü- fungszentrum eingeweiht: In der HKBiS, dem Bil- dungsservice der Handelskammer, stehen jetzt über 100 Bildschirmarbeitsplätze für die theoretischen Prüfungen bereit. Neben digitalen Zwischenprüfun- gen, die es für etliche Berufe schon seit 2023 auf Fremdgeräten gab, sollen dort nach einer Testphase ab 2027 oder 2028 auch digitale Abschlussprüfungen stattfinden – eine deutlich CO2-freundlichere und schnellere Variante als Papierbögen. Die praktischen Prüfungen und die Ausbildung selbst sollen ebenfalls digitaler werden. So wird in Ausbildungsbetrieben tatsächlich bereits mit VR- ERIC LEIMANN HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 34 FOTO: KATI JURISCHKA RÜCKSCHAU / AUSBLICK AUSBILDUNG Zukunfts- plan Mit dem „Zu- kunftsplan Hafen“ hat die Handels- kammer vier zen- trale Handlungs- felder definiert, um den Hambur- ger Hafen in die Zukunft zu füh- ren. Im Zentrum der damit verbun- denen Maßnah- menvorschläge steht die Forde- rung, ihn zu einem Innovationstreiber für die Hambur- ger Wirtschaft zu machen. www. handelskammer- hamburg.de/zu kunftsplan-hafen TORSTEN MEISE mene Hamburger Zukunftsentscheid im Hafen enor- menwirtschaftlichen Schaden anrichtenwird. Hinzu kommen die großen Probleme mit der exis- tierenden Infrastruktur. Sieben Mal musste die Köhl- brandbrücke in diesem Jahr gesperrt werden, um Schäden an der Substanz zu beseitigen. Das ist ein deutlicher Zuwachs gegenüber den Vorjahren und ein Signal,wieschlecht es technischumdasBauwerksteht. „Nach den Planungen müsste die Brücke in die- sem Zustand noch rund anderthalb Jahrzehnte durchhalten“, erinnert Gerullis an den Planungsho- rizont. Das sei jedoch viel zu lange. Die Köhlbrand- querung sei zentral für dieHafenlogistik: „80 Prozent des Warenverkehrs innerhalb des Hafens verlaufen heute über diese Brücke.“ Beim Ersatzbau sowie bei den generellen Pla- nungsprozessen muss nach Ansicht der Kammer aufs Tempo gedrückt werden. „Der Prozess für die West- Erweiterung des Hafens hat knapp drei Jahrzehnte ge- dauert, die neue Köhlbrandbrücke soll erst um 2040 fertig sein, die A26 Ost wird nun ebenfalls wieder ver- zögert – in diesem Tempo wird der Hamburger Hafen dauerhaft abgehängt“, prophezeitKai Gerullis. C hina, IndienundMalaysia inFernost sowieder Ostseeraum mit Polen, Finnland und Däne- mark: Das waren 2025 die Umsatztreiber für denHamburgerHafen –mitWachstumsraten imzwei- stelligen Bereich. Der Containerumschlag legte um rundneunProzent aufmehr als achtMillionenTEUzu. Damit rangierte das Hafenwachstum weit vor den eu- ropäischen Hauptkonkurrenten Rotterdam und Ant- werpen. Nach rückläufigen Gesamtumschlägen 2024 eineEntwicklung, die für dieZukunft hoffen lässt. Passend zu den steigenden Umschlagszahlen ga- ben die Wirtschaftsbehörde und die Hamburg Port Authority (HPA) indiesemSommer grünes Licht für die West-Erweiterung des Hafens. Das Milliardenprojekt am Containerterminal EUROGATE in Waltershof um- fasst den Ausbau des Drehkreises für größere Schiffe sowie die Erschließung weiterer Areale zumBau neuer Containerschiffsliegeplätze. Mitte der 2030er-Jahre sollendieneuenFlächeneinsatzbereit sein. „Für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Containerumschlagstandortes Hamburg ist diese Er- weiterung zentral“, sagt Kai Gerullis, Hafenexperte der Handelskammer. Die neuen 40-Hektar-Terminal- flächen seien angesichts wachsender Schiffsgrößen wichtig, denn inWaltershof würden schon heute rund 90 Prozent der größten Containerschiffe, die nach Hamburg kommen, abgefertigt. „Durch den neuen Drehkreis werden zudem Sicherheit, Erreichbarkeit undEffizienz bei denHafenanläufen gesteigert.“ Aus Kammersicht kann die West-Erweiterung aber nur ein erster Schritt im Rahmen einer umfas- senderen Wachstumsstrategie für den Hamburger Hafen sein. „Insbesondere in der Hafenmitte, etwa rund um das heutige Kreuzfahrtterminal Steinwer- der, sehenwir Flächenpotenziale, diemit etwas Krea- tivität ganz neue Dimensionen sowohl fürmodernste Umschlagplätze als auch für Innovationen bieten können“, so Kai Gerullis. Ist der Blick auf das Jahr 2026 für den Hafen trotz US-Zollpolitik grundsätzlich positiv, bereitet mittel- fristig vor allem die Straßenanbindung Sorgen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig, den Bau der wichtigen Autobahn A26 Ost zu stoppen und in eine neue Planungsschleife zu schicken, addierte sich dabei zu den Befürchtungen, dass der angenom- Tempo muss zulegen Hamburgs Hafen läuft wieder auf Hochtouren. Langfristig benötigt er neue Flächen für Güterumschlag und Innovation. Doch vor allem der Faktor Mobilität bremst ihn mittelfristig wohl aus. Die West-Erweiterung des Hamburger Hafens in Waltershof ist seit diesem Sommer beschlossene Sache. 35 WWW.HANDELSKAMMER-HAMBURG.DE RÜCKSCHAU / AUSBLICK HAFEN UND MOBILITÄT ILLUSTRATION: HPA/BLOOMREALITIES GMBH
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