DEZEMBER 2024/JANUAR 2025

Stephan von Bülow, Vorsitzender der Geschäfts­ führung der Block Gruppe Florian Woithe, General Manager des Steigen­ berger Hotels Hamburg Mit der Mehrwert- steueranpassung auf 19 Prozent ging ein Aufschrei durch das Gast- gewerbe. Die Branche befürch- tete ein nicht mehr aufzuhalten- des Kneipen- und Restaurantster- ben. „30 Prozent der Betriebe werden es nicht schaffen“, pro- gnostizierte Jens Stacklies, Gastro- nom und DEHO- GA-Vorstand in Hamburg. Laut Statistikamt Nord sollte er recht behalten. Aktuelle Zahlen belegen: Nach La- gerei, Logistik und Baugewerbe war das Gastgewerbe in Hamburg im ersten Halbjahr 2024 am dritt- stärksten von Insolvenzen be- troffen: 81 von 10 000 Unter- nehmen der Bran- che gingen pleite. Aktuell sind bei der Handelskam- mer 4850 Res- taurants, Cafés und Imbisstuben sowie 440 Hotels, Pensionen und Gasthöfe regis­ triert. UNDINE GERULLIS Trotz dieser Schwierigkeiten bleibe die Stimmung innerhalb der Unternehmensgruppe optimistisch. Wenn auch derzeit ein wenig einge- trübt. Der Grund dafür sind die ange- kündigten Flugstreichungen als Folge der Erhöhung vonGebührenamHam- burger Flughafen. „Dies könnte sich negativ auf die Urlaubsaison sowie auf innerdeutsche Geschäftsreisen aus- wirken“, befürchtet vonBülow. „Hamburg zählt zu den belieb- testen Zielen bei Städtereisen inner- halb Europas“, konstatiert Kathrin Wirth-Ueberschär. Für 2024 rechnet der Branchenverband des Gastgewerbes DEHOGA mit ähnlich guten Zahlen – rund 16 Millionen Über- nachtungen – wie im Jahr zuvor. Zugleich aber ist die Zahl der Betten innerhalb der Stadt um 2000 gestie- gen. „Das Stück vomKuchen fällt für jeden also etwas kleiner aus“, soWirth-Ueberschär. Besonders beliebt ist die Stadt bei Touristen aus Skandinavien, die meist mit ihren Familien die Stadt entdecken. Ein Trend, den FlorianWoithe, neuer Ge- neral Manager des Steigenberger Ho- tels Hamburg, auch für sein Haus be- stätigen kann. Hinzu kommt ein wei- terer Trend, der der Branche viel Fle- xibilität abverlangt: das immer kurz- fristigere Buchungs- und Stornie- rungsverhalten. „Unternehmen fah- ren immer mehr auf Sicht und bu- chen kurzfristig“, berichtet Woithe. Das erschwere die Personalplanung bei einer ohnehin angespannten Per- sonalsituation. Köche, Servicekräfte und Rezeptionisten seien seit Jahren rar. „Nach der Pandemie war die Personalnot beson- ders groß“, erinnert sich Kathrin Wirth-Ueberschär. Mittlerweile seien einige wieder in diese „wunder- bare Branche“ zurückgekehrt, entspannt sei die Lage deswegen aber nicht. Das könnte sie aber sein, wür- den endlich die bürokratischen Hürden für eine Ar- beitsaufnahme von Menschen aus Drittstaaten abge- schafft. Derzeit kann es Monate dau- ern, bis ein qualifizierter Bewerber seine Stelle antreten kann. „Das neue Fachkräfteeinwande- rungsgesetz sollte eigentlich Erleich- terung verschaffen“, erläutert Mar- cus Troeder, stellvertretender Leiter des Handelskammer-Geschäfts­ bereiches „Fachkräfte und Lebens- werteMetropole“. „Aber es läuft noch nicht rund, Bürokratieabbau auf mehreren Ebenen bleibt für uns das Top-Thema für 2025.“ Das hört André Egger vom „Zol- lenspieker Fährhaus“ gern. Ihn stört schon lange, dass seine Köche immer weniger Zeit zum Kochen haben, stattdessen viele Stunden für die Doku- mentation am Schreibtisch sitzen müssen. Und das, obwohl er ohnehin viel zu wenig Köchinnen und Köche hat und weitere sucht. Die Suche danach hat er nach Jahren fast aufgegeben, sein Haus setzt nun verstärkt auf Auszubildende. Die Bewerberlage sei sehr erfreu- lich, was sicher auch an der übertarif- lichenBezahlung imHaus liege. Auch Hotelmanager Florian Woi­ the ist derzeit für sein „Restaurant am Fleet“ auf der Suche nach neuem Personal. Hier sollen ab Ende Januar die Öffnungszeiten erweitert wer- den. Der 38-Jährige setzt bei der Su- che neben Azubis zusätzlich auf Saisonverträge. Seine Hoffnung: Kö- chinnen und Köche, die imWinter in Kitzbühel kochen, sollen im Sommer in den Norden kommen. Ein Personalproblem hat das französische Traditionsrestaurant „Le Plat du Jour“ inHamburgs City nicht. „Bei uns ar- beiten hauptsächlich Franzosen“, sagt Geschäftsfüh- rer Magrem Rejeb. Weil die wirtschaftliche Lage in Frankreich derzeit schwierig sei, Trinkgelder dort viel kleiner ausfallen, das Leben teurer ist, sei Ham- burg für viele die bessere Alternative. RÜCKSCHAU / AUSBLICK GASTGEWERBE

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