DEZEMBER 2024/JANUAR 2025

zurückgefahren. Aktuell haben wir in Hamburg noch eine gute Medienvielfalt. Ich glaube, deutschlandweit liegen Gefahren eher in den dünn besiedelten Gegen- den oder auch dort, wo es nur noch einen Player gibt, der das lokale Geschehen betrachtet: Dann ist das die einzige Wahrheit, die es gibt. Das „Abendblatt“ und wir stehen imstarkenWettbewerb, und die gucken ge- nau, was wir schreiben. Das ist für den Leser gut, weil er weiß, dass wir in enger Konkurrenz sind und prä- zise arbeiten müssen. Sonst würde uns das „Abend- blatt“ das sofort aufs Brot schmieren. Erfreulicherweise mal eine positive Perspektive aus dem Medienstandort. Gibt es Wünsche oder Forderungen an die Politik in Hamburg? Das Verhältnis zum öffentlich-rechtlichem Rund- funk und deren presseähnlichen Texten, das gerade auf der Ministerpräsidentenkonferenz diskutiert wurde, ist ein Thema, das die freiwirtschaftliche Presse in Hamburg ein bisschen zusammenge- schweißt hat. Und ich habe vermisst, dass damal ein Machtwort gesprochen wird. Der öffentlich-rechtli- che Rundfunk ist eine extremwichtige Säule der De- mokratie in Deutschland, das ist vollkommen klar. Aber der NDR macht uns mit geschriebenen Texten direkte Konkurrenz, und diese ist ein bisschen un- fair, weil er auf der Website ohne Werbung und Be- zahlschranke auskommt, da die Finanzierung ja über Gebühren geschieht. Das nimmt uns bei Google auch die Spitzenpositionweg, weil Google einen bar- rierefreien Zugang bevorzugt, also ohne Werbung und ohne Bezahlschranke. Wenn wir zum Beispiel einen Bericht über ein Konzert schreiben, dann ist der morgens um 6.30 Uhr live. Wenn Menschen dann bei Google nach dem Bericht suchen, sind unter den ersten zehn Suchergebnissen sehr viele vom NDR, weil der das über so viele Kanäle ausspielt. Diese Konkurrenz war eigentlich nicht so gedacht, weil der NDR damit zu presseähnlich ist. Man muss sich mal vorstellen, der NDR hätte vor 30 Jahren eine kostenlose Zeitung ge- macht und diese jeden Tag an den U- und S-Bahnen verteilt. Da hätte es auch eine Diskussion gegeben. Die Frage ist doch: Warummuss man einer beste- hendenBranche das Leben schwermachen? ImRegio- nalen ist es wirtschaftlich eindeutig schwieriger ge- worden. Dann sollte einemeinPlayer vor Ort, mit dem man ja gedanklich beimeigentlichenAuftrag auf einer Seite steht, nicht so zwischendie Beine schießen. News-Konkurrenz entsteht natürlich auch durch verlagsfremde Anbieter, Stichwort So­ cial Media. Da haben auch viele Politiker ihre eigenen Kanäle und erhalten so eine Deutungs- hoheit über gewisse Themen. Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus? In Deutschland hat das in meiner Perspektive noch keine negativen Auswirkungen. Es ist eher positiv, weil wir, also die Journalisten, mehr sehen. Wir kriegen mehr Themen mit. Problematisch wird es dann, wenn Politiker selbst diese Plattformen besit- zen und ihre Inhalte dort pushen können. Politik und Medien sollten nie in einer Hand sein. Das ist, glaube ich, fatal. Ansonsten ist das Thema „Social Die Hamburger Wirtschaft braucht auch die Hamburger Medien, um den Finger in die Wunde zu stecken und die Menschen zu informieren. 18 HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE

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