Dezember 2023 / Januar 2024

MICHAEL BERLEMANN, wurde 1968 in Düsseldorf geboren, studierte ab 1989 Wirt- schaftswissen- schaften in Bochum und promovierte 1999 über die Inflation an der TU Dresden. Fünf Jahre später habilitierte er sich dort zum selben Thema und wurde Managing Director der Niederlassung des ifo Instituts. Seit 2007 ist er Professor für Volkswirtschafts- lehre an der Helmut-Schmidt- Universität und gibt die Fachzeit- schrift „Review of Economics“ heraus. Prof. Berlemanns Forschungsschwer- punkte sind Klimawandel, Migration, Konjunk- tur, Gesundheits- ökonomik oder Inflation. Seit März 2022 ist er zudem wissenschaftlicher Direktor des Hamburger WeltWirtschaftsIn- stituts, einer privat finanzierten Forschungseinrich- tung und Denkfabrik mit Sitz an der Oberhafen- straße, deren Gesellschafterin die Handels- kammer ist. www.hwwi.org Seit 2022 ist der rheinländische Volkswirt Prof. Michael Berlemann wissenschaftlicher Direktor des Hamburger WeltWirtschaftsInstituts (HWWI). Ein Rück- und Ausblick auf dessen Standort im Zeichen diverser Krisen. Herr Professor Berlemann, wie betrachten Sie den Standort Hamburg aktuell aus wirtschafts- wissenschaftlicher Sicht? Prof. Michael Berlemann: Standorte lassen sich schwer pauschalisiert beurteilen, aber Hamburg ist zunächst mal eine sehr wohlhabende Stadt, zumin- dest im Hinblick auf Durchschnittswerte. Es gibt zwar relativ viele Menschen mit hohen Einkommen, aber auch viele, die es schwer haben, in einer so teu- ren Stadt zu leben. Davon abgesehen ist Hamburg im bundesweiten Vergleich ausgesprochen funktional. Im Sinne von funktionsfähig? Genau. Nicht nur lebenswert im emotionalen Sinn, sondernmit guter Infrastruktur imBereich Nahver- kehr, Kultur, Bildung oder Gesundheitsversorgung – auch wenn vieles davon natürlich immer noch ver- besserungswürdig bleibt. Was in Zeiten hoher Inflation – zu der Sie sowohl Dissertation als auch Habilitation verfasst haben – zusehends schwieriger wird. Wie ist Hamburg durch die jüngste all der Krisen gekommen? Im Großen und Ganzen ähnlich wie der Rest Deutschlands. Obwohl sich die Unterschiede in den Inflationsraten regional kaum unterscheiden, hat die Hamburger Wirtschaft als Handels- und Dienst- leistungszentrum aber schon mehr unter Preiser- höhungen gelitten. Kann man den Inflationsbegriff Ihrer Studien- jahre überhaupt noch mit dem 20 Jahre später vergleichen? Nur insofern nicht, als es zu der Zeit, als ich über Inflation geforscht habe, praktisch gar keine gab. Lange nach den Ölpreiskrisen waren ja selbst drei Prozent schon viel. Problematischer war seinerzeit eher, dass die Inflation manchmal nahe null lag und Deflation drohte. Trotzdem herrschte stets ein Be- wusstsein dafür, was galoppierende Inflation für Folgen hat. Die Erfahrungen der Weimarer Republik. Auch ihretwegen sollte meine Forschung dazu bei- tragen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig geringe Inflation ist. Wir sehen ja jetzt, wel- che Verwerfungen eine hohe mit sich bringt. Lange Zeit habenwir uns da vor allemüber nachfrageseiti- ge Inflation Gedanken gemacht. Den Konsum also durch niedrige Zinsen anzu- heizen? Was bei konstantem Angebot die Preise steigen lässt. Plötzlich gab es jedoch angebotsseitige Wir- kungsketten. Erst durch Corona, dann den Krieg blieb die Nachfrage relativ stabil, aber es standen weniger Waren und Vorprodukte zur Verfügung. Weil der Verteilungskampf um das geringere Ange- bot zunahm, stiegen die Preise. PERSÖNLICH PROF. MICHAEL BERLEMANN

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