Dezember 2022/Januar 2023

MARC FIELMANN, geboren am 24. Juli 1989 in Hamburg, arbeitete nach sei- nem Studium an der London School of Economics and Political Science (LSE) in der augen- optischen Branche der Unternehmen Luxottica und Safilo. 2012 trat er in die Fielmann- Gruppe ein, 2016 rückte er in den Vorstand vor. Von 2018 bis 2019 führte er das Unter- nehmen mit seinem Vater Günther Fiel- mann. Seit 2019 ist er alleiniger Vor- standsvorsitzender. FIELMANN entstand 1972, als Günther Fielmann sein erstes augen- optisches Fach- geschäft in Cux- haven eröffnete. Heute verkauft das börsennotierte Unternehmen in Deutschland jede zweite Brille; 2021 erwirtschaftete es einen Umsatz von 1,94 Milliarden Euro. Mit rund 22 000 Mitarbeitenden (darunter 4300 Auszubildenden) ist es der größte Arbeitgeber der Branche. Über das Omnichannel- Geschäftsmodell mit digitalen Ver- triebskanälen und mehr als 900 Nie- derlassungen ver- sorgt Fielmann 27 Millionen Kunden in 16 europäischen Ländern mit Brillen, Kontaktlinsen und Hörsystemen. Interview in voller Länge: www.hw- mag.de/fielmann Orientierung am Kunden statt an maximalen Profiten, durchdachte Digitali- sierung: Marc Fielmann, seit 2019 Vorstandschef von Deutschlands größtem Brillenkonzern, erklärt, wie Innovation zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Herr Fielmann, wir wollen mit Ihnen über Inno- vationen reden. Wann werde ich bei Fielmann eine Brille komplett online kaufen können? Das geht schon heute, allerdings nur bei bestimm- ten Sehstärken. Dieses Projekt ist sehr anspruchs- voll. Bei der Fassung sind wir inzwischen so weit, dass man sich über unsere App sehr präzise Model- le auf sein Gesicht projizieren kann. Deutlich kom- plexer ist es, die Sehstärke und die Zentrierung des Glases online zu bestimmen. Bei höheren Sehstär- ken verträgt sich dies nicht mit unserem Qualitäts- anspruch. Diese Kundinnen und Kunden bitten wir über die App, eine Niederlassung zu besuchen. Wird das Filialnetz ausgedünnt, wenn die On- line-Technik weiter voranschreiten sollte? Ich erwarte nicht, dass wir bei Brillen die gleiche Größenordnung erreichen wie bei Kontaktlinsen, wo wir schon mehr als die Hälfte online verkaufen. Bei Brillen reden wir über einen künftigen Anteil von vielleicht zehn Prozent. Der Beratungsbedarf wird hoch bleiben. Anders sieht es bei Kundinnen und Kunden aus, die schnell und günstig eine Zweit- brille mit geringer Sehstärke erwerben wollen. Wenn die sich für den Online-Weg entscheiden, ist das für uns gut. Das wird eher Zeit freispielen in unseren Niederlassungen. Unser größtes Problem sind ja heute Wartezeiten … … die viele abschrecken. Aber wir sind dort viel besser geworden. Auf unsere Termine ist Verlass. Und wenn wir Laufkunden sa- gen, dass sie in 30 Minuten dran sind, können sie sich darauf verlassen. Das klingt einfach, ist aber sehr komplex. Weil wir jeden Tag Hunderttausende Kunden mit Tausenden von Mitarbeitern zusam- menbringen müssen. Konzerne wie Google oder Apple experimentie- ren seit Jahren mit Smartglasses, also Brillen, die Infos einblenden. Wie weit ist Fielmann hier? Smartglasses haben noch immer ein Henne-Ei- Problem. Wenn es spannende Applikationen für Smartglasses geben würde, würden auch mehr Smartglasses produziert. Wenn aber kaum jemand Smartglasses trägt, lohnt sich diese Entwicklung nicht. Google und Apple haben Milliarden inves- 32 PERSÖNLICH MARC FIELMANN

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