Dezember 2021/Januar 2022

28 PERSÖNLICH CORNELIA POLETTO Frau Poletto, was überwiegt nach 20 Jahren mit eigenen Restaurants in Ihnen – die Köchin oder die Unternehmerin? Cornelia Poletto: Beides zugleich. Ich leite ein Unternehmen mit 31 Mitarbeiter:innen, stehe aber noch immer am Herd. Vom Restaurant über die Kochschule bis zur Bar, die wir bald eröffnen, trägt ja alles meinen Namen; und diesen persön­ lichen Bezug dürfen die Gäste erwarten, wenn sie zu uns kommen. Zwei Jahrzehnte lang ging ihr beruflicher Weg vor allem auf- wärts, doch die Pandemie hat der Hamburger Spitzenköchin Cornelia Poletto wie ihrer Branche zugesetzt. Ein Gespräch über Lockdowns und Lieferdienste, neue Demut und ihr deutsches Restaurant in China. CORNELIA POLETTO , 1971 in Hamburg geboren, aufgewach- sen bei Paderborn, lernt nach einer Hotel- fachschule beim Ster- nekoch Heinz Winkler. 1995 kehrt sie zurück nach Hamburg; fünf Jahre später eröffnet sie nach einer Etappe als Sous-Chefin ihrer Kollegin Anna Sgroi ihr Restaurant in Eppen- dorf, das von 2002 an acht Jahre lang einen Michelin-Stern hatte. Die Autorin zahlreicher Kochbücher steht seit 2007 auch regelmäßig im Fernsehen amHerd, betreibt den kulinari- schen Zirkus „Palazzo“ und eröffnet 2018 das Restaurant „The Twins by Cornelia Poletto“ in Shanghai. Als eine der wenigen Frauen in der Haute Cuisine kämpft die Mutter einer Toch- ter seit Jahren für Gleichberechtigung. Alle neun Hamburger Sternerestaurants werden aktuell von Männern geführt. Die Pandemie und ihre Folgen haben Sie also beruflich und persönlich gleich getroffen? Absolut, schonalsKopf des „Palazzo“-Zeltes, das die zweite Saison komplett geschlossenwar. Inder Event- undErlebnisgastronomie sind die Folgen nochmals dramatischer, für mich, für uns, aber auch für die Künstler:innen. Durch mein Restaurant in Shanghai habe ich schon früher erfahren, wie dramatisch Corona auch bei uns werden könnte. Aber das Ausmaß war am 15. März 2020, als ich mit meinen Führungskräften beschlossen habe, tags drauf nichtmehr zuöffnen, nochnicht annäherndabsehbar. Wie haben Sie damals weitergemacht? Indem wir schnell den Take-away-Service aufgebaut, die Koch­ schule digitalisiert, einen Livestream installiert haben, damit die Gäste ihr Weihnachtsmenü mit mir virtuell an ihrer Seite eben zu Hause kochen. Allein an größere Unternehmen in Hamburg wurden 1500 Gourmet-Kochboxen verschickt, mein „Pacchetto Poletto“. War es Ertragskonzept oder Beschäftigungstherapie? Weder noch. Es war eine Art kostendeckende Dienstleistung an Gast und Personal. Die übrigens schon deshalb Spaß ge­ macht hat, weil man mit Menschen in Kontakt geblieben ist. Echtes Teambuilding.

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