OKTOBER/NOVEMBER 2025
Bühne frei für die Marke Hamburg Die Privattheater der Stadt begeistern mit Vielfalt und wirtschaftlicher Eigenständigkeit – und sind als Impulsgeber für Tourismus unverzichtbar. Die Show „Harry Potter und das verwunschene Kind“ geht im Dezember bereits ins fünfte Jahr. Theaters am Großmarkt, eine Publikumsbefragung seines Hauses. „Der Besuch bei uns ist der Reise anlass, das restliche Hamburg-Programm wird da rum herum gebucht.“ 400 000 Menschen sehen pro Jahr die Bühnen-Fortsetzung um den berühmten Zauberlehrling, die in Hamburg am 5. Dezember ihr viertes „Jubiläum“ feiert. Dreimal musste die Premiere seinerzeit wegen Corona verschoben werden. Neitzel sieht aber auch positive Lerneffekte aus dieser Zeit: „Digitalisie rungsprozesse wurden immens beschleunigt. Und wir haben unsere Gast-Kommunikation noch einmal neu gedacht.“ Vor allem aber habe die Pandemie ge zeigt, wie sinnstiftend Live-Entertainment für Begeg nungen ist. 400 Mitarbeitende beschäftigt das Harry Potter Theater, darunter fünf Auszubildende. „Wie alle The ater müssen wir Themen wie gestiegene Produk tionskosten im Blick haben“, so Neitzel. „Aber zum Glück können wir nach wie vor wirtschaftlich arbei ten.“ Das Theater am Großmarkt gehört zur ATG Entertainment GmbH mit Sitz in Köln. Die Show „Harry Potter und das verwunschene Kind“ wird au ßer in Hamburg in London, New York und Tokio ge zeigt sowie auf US-Tournee. Eine derart globale Vernetzung ist für Hamburgs Theaterlandschaft die Ausnahme. Die Schmidt-Thea ter in St. Pauli agieren lokal, autark und ganz bewusst unsubventioniert – mit 350 Mitarbeitenden und drei Auszubildenden. „Wir investieren viel in unser Team, uns ist Stabilität besonders wichtig“, erläutert Sozialökonomin Tessa Aust, die mit Intendant Corny Littmann und Hannes Vater die Geschäftsführung innehat. „Theater und Gastronomie leben vom per sönlichen Einsatz eines jedenMitarbeitenden.“ Das Theaterunternehmen setzt traditionell auf Diversität. „Seit Corny Littmann das Schmidt Thea ter 1988 eröffnet hat, ist es für uns selbstverständ lich, als Arbeitgeber aktiv Toleranz und Vielfalt zu le ben“, so Aust. „Das spiegelt sich auch in unseren Stü cken wider.“ Das Musical „Trash Island“ wiederum befasst sich mit Müll und dessen Vermeidung. Das T heater füllen nicht nur Säle, sondern auch Res taurants, Taxis und Hotelzimmer – selbst an vermeintlich schwachen Werktagen“, sagt Sa scha Albertsen. Der Sprecher der Hamburg Touris mus GmbH betont, welch starke kulturelle und wirt schaftliche Kraft von den Bühnen der Stadt ausgeht. „Wer in Hamburg ins Theater geht, gibt im Schnitt mehr als 110 Euro aus. Konservativ gerechnet fließen daraus allein mehr als 175 Millionen Euro pro Jahr in lokale Gastronomiebetriebe.“ Von der Komödie Winterhuder Fährhaus bis zum Altonaer Theater, vom Ohnsorg bis zum Ernst Deutsch Theater, vom Lichthof bis zum Sprechwerk: Hamburgs Privattheater generieren jedes Jahr rund 1,6 Millionen Tickets. Im Gegensatz zu den Staats- theatern Thalia, Schauspielhaus und Oper erhalten sie aber keine beziehungsweise geringere Förderun gen seitens der Stadt, sodass diese Häuser wesentlich stärker auf kommerziellen Erfolg angewiesen sind. „Mehr als 70 Prozent unserer Gäste reisen aus über 150 Kilometern Entfernung an“, bilanziert Mar cel Neitzel, seit Oktober 2024 Leiter des Harry Potter HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 46 FOTOS: MANUEL HARLAN, JULIA SCHWENDNER PRIVAT THEATER BIRGIT REUTHER Tessa Aust leitet gemeinsam mit Corny Littmann und Hannes Vater die Geschäfte der Schmidt-Theater in St. Pauli. Thema Nachhaltigkeit ist Teil des in- ternen Leitbildes des Theaters. Die rund 14 pro Jahr gezeigten Eigenpro- duktionen etwa werden möglichst lange gespielt. So werden weniger Res- sourcen für Kulissen und Kostüme ver- braucht. „Hamburg ist Musical-Standort“, betont die Theaterchefin. „Das ist ein Pfund, mit dem die Stadt wuchern kann.“ Und damit meint Aust nicht nur die Shows in den vier Häusern der Stage Entertainment, sondern auch die eigenen Produktionen. Allein für das St.-Pauli-Musical „Heiße Ecke“, seit 2003 ein Dauerbrenner auf dem Kiez, reisen 43 Prozent der Gäste ausmehr als 200 Kilometern Entfernung an. 2024 sahen 410 000 Gäste insgesamt 1074 Vorstel- lungen imSchmidt, imSchmidts Tivoli und imSchmidt- chen. Hinzu kommen mehr als 80 000 verkaufte Tickets für bundesweite Gastspiele. „Wir sind sehr stolz auf die- sen Erfolg“, konstatiert Aust. „Dieses Jahr bemerken wir beim Publikum eine gewisse Konsumzurückhaltung be- züglich der Ticketkäufe und der Gastronomie. Wirt- schaftliche und politische Lage haben im ersten Halb- jahr auf die Stimmung gedrückt. Da geht es uns nicht anders als anderen Branchen.“ Ein ähnliches Bild zeigt sich beim St. Pauli Theater. Ulrich Waller und Christiane Schindler von der Ge- schäftsführung sowie Eigentümer und Gesellschafter Thomas Collien identifizieren als Herausforderungen die Wirtschaftskrise, die damit verbundene schwin- dende Kaufkraft der Gäste, aber auch die demografische Veränderung des Publikums. Beim ebenfalls von Waller und Collien betriebenen HANSA-Theatersaal kämen durch die Lage am Stein- dammnoch das Thema Sicherheit und das „sich verstär- kende soziale Elend im Stadtteil“ hinzu. „Hier muss sich aus unserer Sicht dringend etwas ändern“, erklärt das Führungsduo von Hamburgs ältestem Privattheater am Spielbudenplatz. 20 Prozent des jährlichen Gesamtetats bestehen beimHaupthaus aus institutioneller Förderung, fünf bis zehn Prozent kommen von Sponsoren und Stiftungen hinzu. Das bedeutet, dass rund drei Viertel der Ein- künfte selbst erwirtschaftet werden. Die passionierten Kulturarbeiter Collien und Waller weisen ebenfalls da- raufhin, wie immens die Privattheater zu Innovation und kultureller Identität beitragen. Ihr Fazit: „Sie sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, schaffen Arbeits- plätze, fördern den Tourismus, stärken die Kreativwirt- schaft und sind Teil des Standortfaktors, der Menschen von außerhalb verführt, inHamburg zu arbeiten.“ Ein Musical- oder Theaterbesuch ist laut Hamburg Tourismus GmbH für viele Städte- reisende der Hauptreiseanlass. Nach aktuellen Erhebungen liege der Kulturanteil an den Übernach- tungen bei annä- hernd 20 Prozent. „Damit tragen auch Privatthea- ter maßgeblich dazu bei, dass Hamburg 2024 sein historisches Rekordergebnis von 16,1 Millionen Übernachtungen erreicht hat“, so Sprecher Sascha Albertsen. Er ver- weist zudem auf Clustereffekte: Rund um Altona, St. Pauli, Ottensen oder Winterhude haben sich gas tronomische Be- triebe mit speziel- len Konzepten wie Early-Bird-Menüs oder Late-Night- Drinks auf die Theaterkund- schaft eingestellt. WWW.HK24.DE PRIVAT THEATER Von der Vision zum Projekt. 3000 Referenzen Wir beraten Sie gern persönlich. Dipl.-Ing. Fr. Bartram GmbH & Co. KG Ziegeleistraße · 24594 Hohenwestedt Tel. +49 (0) 4871 778-0 Fax +49 (0) 4871 778-105 Mail info@bartram-bau.de MITGLIED GÜTEGEMEINSCHAFT BETON im Industrie- undGewerbebau WWW. BARTRAM- BAU.DE über Das individuelle Bau-System Entwurf und Planung Eigenes Fertigteilwerk Festpreis Fixtermin 50 Jahre Erfahrung Alles aus einer Hand
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz