OKTOBER/NOVEMBER 2024

Lebenszyklusanalyse. Und da war ein KilogrammÖl von uns mit 0,3 Kilogramm CO2 verbucht. Im Ver- gleich dazu hat ein KilogrammPalmöl imbesten Fall vier Kilogramm CO2-Fußabdruck. E-Fuels werden nicht komplett den ganzen Ben- zin- oder anderen Fuel-Verbrauch heutzutage erset- zen. Autos sind besser aufgehoben mit Batterien. Aber wenn man Langstreckenflüge hat, dann wer- den wahrscheinlich E-Fuels immer noch den Vor- rang haben. Es gibt ja die Verordnung über nachhal- tige Flugzeugtreibstoffe (ReFuel Aviation) der EU, die vorschreibt, dass ab Januar 2025 der Treibstoff, den Flugzeuge an großen Flughäfen in der EU tan- ken, mindestens zwei Prozent nachhaltigen Kraft- stoff enthalten muss. Ab 2030 muss zudem eine Subquote von mindestens 1,2 Prozent synthetischer Kraftstoffe (E-Fuels) erfüllt werden. Batterien oder Wasserstofftanks werden bei Langstreckenflügen noch lange keinen Einzug halten. Bei Kurz- oder Mittelstrecke vielleicht. Wie ist die Resonanz in der Industrie? Die ist herausragend. Wir reden tatsächlichmit den weltgrößten Kosmetik-, Home-Care- und Laundry- Konzernen sowie der Lebensmittel- und Fuel-In- dustrie. Die Fragen sind aber immer zwei: Wie viel könnt ihr liefern, und zu welchem Preis? Wenn wir Wasserstoff für ein bis zwei Euro pro Kilogrammbe- kommen, können wir zu einem Palmölpreis produ- zieren. Palmölpreise sind immer noch ein bisschen teurer als Erdöl, aber die Gesetzgebung wird sich auch dahingehend ändern, dass es CO2-Steuern gibt, die ansteigen. In der Bundesrepublik sind wir bei Benzin, Heizöl und Gas seit dem 1. Januar 2024 bei 45 Euro pro Tonne, die Vereinten Nationen schlagen aber 100 Dollar pro Tonne vor. Und dann werden fos- sile Verbrennungsstoffe teuer und unsere Fuels noch günstiger imVergleich. Auch der Ressourcenverbrauch spielt ja eine Rolle. Für Palmölplantagen wurden schon Mil­ lionen Hektar Regenwald abgeholzt und damit unter anderem Lebensraum für Tiere zerstört. Jetzt habt ihr eine Gründung hier am Tempo­ werkring in Harburg und wollt euch als vielleicht noch kleiner David einer gigantischen Aufgabe widmen. Seht ihr tatsächlich eine Chance, hier von Hamburg aus einen Beitrag zu leisten, die Welt ein Stück besser zu machen? Ja, diese Chance besteht. Und darum stehen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen jeden Morgen auch auf und kommenmotiviert hierher. Wir hätten uns auch vor drei Jahren niemals träumen lassen können, dass das Bundesministerium für Wirt- schaft und Klimaschutz das Portemonnaie so weit MAXIMILIAN WEBERS (36) ist Mitgründer und Geschäftsführer der COLIPI GmbH. Der gebürtige Rügener studierte Biotechnologie in Berlin und Kanada sowie Wirtschafts- wissenschaften an der TU München. Er war Projektma- nager bei DKSH in Jakarta, Strategie- berater bei Cap- gemini und Team- leiter in einem Mobilitäts-Start- up in Berlin. 2022 zog er für COLIPI nach Hamburg. COLIPI wurde 2021 als Projekt der TU Hamburg gestartet und 2022 als GmbH ausgegründet. Das Start-up hat eine einzigartige Tech- nologie entwickelt, die CO2 in um- weltfreundliches Öl umwandelt. Dieses soll Erd- und Palmöl in der Kosmetik-, Chemie-, Lebens- mittel- und Kraft- stoffindustrie ersetzen. COLIPI wird von der EU, dem Bund, der Stadt Hamburg sowie von Inves- toren wie dem High-Tech Grün- derfonds, der Hamburgischen Investitions- und Förderbank, Nidobird und Stefan De Loecker gefördert. Zum Gründerteam gehören neben Maximilian Webers die Wissenschaft- ler Philipp Arbter, Tyll Utesch und Jonas Heuer. aufmacht und es eine Rekordförderung von 4,1 Mil- lionen Euro gibt. Das war das Größte, was bis dato vom EXIST-Forschungstransfer-Programm ausge- zahlt worden ist. Auch die Stadt Hamburg vertraut uns und hat uns mit dem IFB-InnoRampUp eine 150 000-Euro-Förderung gegeben. Die IFB selbst ist bei uns ebenfalls in der Seed-Runde investiert. Also das Vertrauen und die Hoffnung sind da. Es ist nicht nur Hoffnung: Gerade in den letzten zwei, drei Wo- chen haben wir maßgebliche Durchbrüche hier im Labor erreicht. Wir können genau messen, wie schnell die Bakterien wachsen, wie viel Wasserstoff da reinfließen muss. Was ist die Performance des Systems? Und was wir jetzt berechnet haben, gibt wirklich Grund zur Hoffnung. Du erwähntest die Förderprogramme. Reichen die aus? Wie beurteilst du die Rahmenbedin­ gungen am Start-up-Standort Hamburg? Der Gründungsstandort Hamburg ist vergleichs- weise gut in der Bundesrepublik. Das rührt einer- seits daher, dass Hamburg die zweitgrößte Stadt ist mit einer sehr, sehr hohen Lebensqualität. Das ist durchaus ein Grund für Talente, hierherzuziehen. Die möchten nicht im ländlichen Raum wohnen, sondern wenn es ein Biotechnologieunternehmen gibt, das aus CO2 Öle macht, also eine tolle Vision hat, und dann noch eine attraktive Stadt im Hinter- grund ist, dann wird auch gar nicht so stark über Löhne verhandelt, weil man vielleicht gegen einen Konzern mit IG-Metall-Löhnen nicht mithalten kann. Das ist durchaus ein Standortfaktor. Wir sind hier in Harburg gleich im Einzugsraum von der TU Hamburg, wir sind ja selber eine Ausgründung der TU. Die Hälfte des Teams sind Absolventen der TU Hamburg, und auch das ist ein Standortvorteil für uns. Dann ist für uns auch ein Vorteil, dass Ham- burg das Ziel hat, der größte Wasserstoff-Standort in Deutschland zu werden. → Klimaneutrale Alternative zu Palm- und Erdöl: So sieht das Öl aus, das COLIPI durch Fermentation von industriellen und landwirtschaftlichen Reststoffen mithilfe von Hefen produziert. 31 PERSÖNLICH MAXIMILIAN WEBERS WWW.HK24.DE

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz