Oktober/November 2023
die den CO2-Ausstoß um 93 Prozent senken wird im Vergleich zur herkömmlichen Produktionsmethode. Das entspricht dem, was 150 000 Autos verbrauchen, wenn sie rund umdie Uhr fahren. Also umgerechnet ein Fünftel aller in Hamburg angemeldeten Pkw. Haben Sie bei allem, was die HELM AG tut, eigentlich deren Sitz im Blick? Dafür sind wir zu international aufgestellt. Aus so- zialer Perspektive haben wir ihn ständig im Blick undwürden aus Kostengründen nie ganze Abteilun- gen auslagern. Weil Hamburg naturgemäß arm an Landwirtschaft ist und selbst im nationalen Ver- gleich kein ausgewiesener Chemiestandort ist, bli- cken wir insgesamt aber eher über den Tellerrand. Verfolgen Sie dennoch die Standortstrategie „Hamburg 2040“ der Handelskammer? Wie wir hier leben wollen und wovon, meinen Sie? Das verfolge ich als Hamburger Jung natürlich ge- nauso wie als Hamburger Unternehmer. Und wie sollen wir hier leben, und wovon? Nicht, indem wir das tun, was viele meinen: den Fo- kus komplett auf den Service zu verlegen. Hamburg kann meiner Überzeugung nach nicht nur auf dem Dienstleistungssektor überleben, sondern muss auch als Industriestandort attraktiv sein. Der Hafen darf da gern als wichtigster deutscher Handelsplatz gesehen werden; er ist aber auch zentraler Faktor ei- ner konkurrenzfähigen Industrie mit hochwertigen Arbeitsplätzen. Nehmen Sie Airbus: 18 000 vorwie- gend krisenfeste Fachkräfte in Finkenwerder. Darauf sollte die Stadt bei aller Bedeutung der Dienstleis- tung dringend den Fokus legen. Ist das ein Appell an die Politik zur gezielteren Strukturförderung? Sicherlich. Ich habe mal gehört, dass der Bund sämtliche Häfen in Deutschland mit 48 Millionen Euro unterstützt. Davon geht zwar fast die Hälfte an Hamburg, aber was will unser Hafen dafür denn kaufen? Einer Exportnation sollte ihre Außenhan- delszentrale definitiv wichtiger sein. Hamburgs Ha- fen ist fürs ganze Land von Bedeutung. Ist Hamburg für den globalen Konkurrenzkampf gut genug aufgestellt? Als Flugdrehkreuzwird es nie anFrankfurt oderMün- chenheranreichen. Auchder Ballungsraumist eigent- lich zu klein. Bleibt ein Hafen, der sich allerdings bes- ser mit dem in Bremerhaven vernetzen muss. Und weil Hamburg Jüngeren als Arbeits- und Lebensmit- telpunkt viel zu bieten hat, also Fachkräfte aus aller Welt anzieht, sollte es die Ressource Jugend stärken. Dafür steht auch, dass Hamburg als eine der Start-up-Hochburgen Deutschlands gilt. Das mag sein, und nichts gegen Start-ups – wir in- vestieren ja selbst in welche. Aber ich bleibe dabei: Der Industriestandort lebt von Unternehmen wie Otto, Aurubis, UKE, Airbus, Kühne. Wir Hamburger sind manchmal zu schüchtern, um betriebswirt- schaftliche Kerngröße in die Welt zu tragen. Jetzt haben Sie glatt die HELM AG selbst ver- gessen. Ist sie ein Global Player mit Sitz in Ham- burg oder ein Familienbetrieb mit weltweit 30 Niederlassungen? Aktuell sind wir auf dem Sprung von Letzterem zu Ersterem: Ein deutsches Unternehmen, das inter- Corona hat die Art und Weise der Arbeit verändert. Die Pandemie hat uns flexibler gemacht. 28 HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE
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