Oktober 2019

HAMBURGER WIRTSCHAFT 28 PERSÖNLICH MARC OPELT immer zurückhaltend, weil wir ja selber wissen, dass es bei uns immer noch viel zu tun gibt. Und wir kennen ja auch nicht die Kultur, die in anderen Häu- sern vorherrscht. Wie digital ist Handel heute eigentlich? Welche Technologien setzen Sie ein, um die Waren an die Frau und den Mann zu bekommen? So wie wir ihn betreiben, ist er komplett digitali- siert. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Für den Katalog haben wir Möbel früher in einer sogenannten Koje fotografiert. Da wird ein Ambiente aufgebaut und dann fotografiert. Heute bauen wir die Möbelstücke mit dem Computer nach und die Kojen entstehen durch eine Komposition am Bildschirm. Das Faszi- nierende ist, dass Sie die alten Kojenbilder und die sogenannten CGI-Bilder nicht mehr auseinander- halten können. Was ist der Vorteil dieses Vorgehens? Das CGI ist dreidimensional und die Grundvoraus- setzung für weitere Services wie Augmented Rea- lity. Ich kann die Möbel mit einer entsprechenden Brille oder mit meinem Handy in meine eigene Raumsituation hineinprojizieren. Das geht heute schon mit unserer App. Die Waren werden so viel erlebbarer, viel anfassbarer. Amazon gilt seit diesem Jahr als wertvollste Marke der Welt. Ihr Vorzeige-Start-up ABOUT YOU zum Beispiel läuft hingegen unter eigener Flagge, ist nur Insidern als Otto-Beteiligung be- kannt. Wie definieren Sie heute die Marke Otto, und wohin steuern Sie? Wir kommentieren unsere Konkurrenz nicht, neh- men sie aber sehr ernst und gucken uns genau an, was sie macht. Es ist aber nicht unser Ziel, irgendje- manden einzuholen. Wir haben einen anderen An- satz, zum Beispiel jetzt gemeinsam mit dem Shop- pingmall-Betreiber ECE, einem Unternehmen der OttoGroup, Onlinehandel und Ladengeschäfte zu verbinden. Und wir haben in der Tat unterschiedli- che Marken wie MyToys, Sportscheck oder ABOUT YOU. Alle diese Marken finden auch auf der Otto- Plattform statt, aber die Markenführung von Otto ist eine komplett separate. Das heißt, Sie suchen nach einem eigenen Plattform-Modell? Der Unterschied zwischen Otto und der Konkur- renz liegt in der Art undWeise, wie wir das Geschäft betreiben wollen, nämlich mit Fairness gegenüber unseren Kunden und unseren Geschäftspartnern. Das soll sich anders anfühlen: fair, persönlich, ins- pirierend. Wir wollen nicht als eine Abwicklungs- maschine wahrgenommen werden. Wir haben heute schon in weiten Teilen einen wirklich bei- spielgebenden Service, etwa beim Abhol- oder Auf- stellservice bei der weißen Ware. Das ist für uns ganz wichtig. 70 JAHRE OTTO 1949 Werner Otto eröffnet mit 6000D-Mark Kapital den Werner Otto Versandhandel in Hamburg- Schnelsen. 1950 Der erste Otto- Katalog wird veröffentlicht – mit 28 Paar Schuhen auf 14 Seiten. 1958 Nach Einführung weiterer Produkte steigt der Umsatz auf 100Millionen D-Mark Umsatz. 1969 Das Unternehmen zieht nach einer Zwischenstation in Hamm nach Bramfeld um, wo es noch heute seinen Hauptsitz hat. 1981 Werner Ottos Sohn Michael übernimmt den Vorstandsvorsitz. 1995 Otto.de geht an den Start. 2008 Der Online- Umsatz übersteigt erstmals den der traditionellen Vertriebskanäle. 2018 Ein Stück deutscher Wirtschaftsge- schichte endet: Der Otto-Katalog erscheint nach 68 Jahren zum letzten Mal.

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