September 2018

Gegen das Vergessen Die Handelskammer Hamburg erinnert mit Stolpersteinen an das Schicksal von 13 jüdischen Ehrenamtlern, die während des Dritten Reichs ums Leben kamen. Am 24. September findet die Verlegungszeremonie statt. HAMBURGER WIRTSCHAFT 09 / 18  STANDORT 36 FOTOS: PICTURE ALLIANCE /DPA, PRIVAT, STAATSARCHIV HAMBURG (2), HENDRIK LÜDERS E s war, als ob ein Glas zersprang…“ Mit diesen Worten beginnt ein Gedicht, mit dem der Hamburger Kaufmann und Freimaurer Ivan Philip im Mai 1933 seinen Logenbruders Cäsar Wolf würdigte. Wolf, Inhaber der Hamburger Privatbank A. Wolf und Leiter des Freimaurer-Kranken- hauses, hatte sich am 13. Mai 1933 das Le- ben genommen. Er reagierte damit auf die Arisierung der Bank und seinen Ausschluss aus der Klinik. AnWolf und Philip sowie elf weitere Vertreter aus dem Ehrenamt der Handelskammer, die während des Dritten Reichs ermordet wurden oder Selbstmord begingen, erinnern ab dem 24. September sogenannte Stolpersteine vor dem Börsen- gebäude. „Bei den Stolpersteinen handelt es sich um 10 mal 10 Zentimeter große Gedenk- steine, die der Kölner Künstler Gunter Dem- nig seit 1995 vor die früheren Wohnhäuser oder Wirkungsstätten von Opfern der nati- onalsozialistischen Gewaltherrschaft ver- legt, um an deren Schicksal zu erinnern“, erläutert der Hamburger Kunstfreund Peter Hess. Er holte dieses Kunstprojekt 2002 in die Hansestadt, wo heute über 5 400 Ge- denksteine imTrottoir auf ermordete Men- schen aus Hamburg aufmerksam machen. „Ich begrüße es außerordentlich, dass sich nun auch die Handelskammer Hamburg diesemGedenken anschließt.“ Die Handelskammer möchte sicher- stellen, dass das Leid der Menschen, die ihrem Ehrenamt angehörten und während des Dritten Reiches aus den Ämtern und Unternehmen gedrängt, entrechtet, verfolgt und ermordet wurden, nicht vergessen wird. Deshalb hat sie sich als erste unter den 80 bundesdeutschen Kammern entschie- den, in dieser Form der verfolgten und ausgeschlossenen jüdischen Mitglieder ih- res Ehrenamtes zu gedenken. Die Schick- sale der 13 Personen, deren Namen die Steine tragen, stehen dabei stellvertretend für die aller Hamburger Unternehmer, die während des Dritten Reiches verfolgt und getötet wurden. Die schleichende Entrechtung und Verdrängung der jüdischen Unternehmens- vertreter begann in der Handelskammer mit der Gleichschaltung des Plenums im Juni 1933. Nachdem der Senat am 16. Juni ein Gesetz erlassen hatte, das festlegte, dass die Mitglieder des Plenums in Zukunft durch den Senat berufen werden sollten, trat das Plenum gesammelt zurück. Bei der Neuberufung durch den Senat wurden un- ter anderen Otto Friedeberg, Franz Max Rappolt und Dr. Heinrich Wohlwill wegen ihres jüdischen Glaubens nicht wieder in das Gremium berufen. Aus dem gleichen Grund wurde Max Stein aus der Industrie- und Handelskam- mer Harburg-Wilhelmsburg ausgeschlos- sen. Valentin Burchard verlor sein Amt in der Industriekommission der Handelskam- mer, und auch aus den Börsenvorständen wurden in den kommenden Jahren nach und nach die jüdischenMitglieder entfernt. So wurden neben den bereits genann- ten Ivan Philip und Cäsar Wolf auch Leo- pold Cohn, JohnHausmann, LudwigMoritz Mainz, Heinrich Mayer, Paul Salomon und LeoWolfsohn aus ihren Ämtern in der Han- delskammer gedrängt. In den folgenden Jahren wurde ihr Leben immer weiter durch Einschränkungen wirtschaftlicher, finanzi- eller und gesellschaftlicher Natur beein- trächtigt. Sie waren zahlreichen Repressa- lien ausgesetzt, mit denen die NS-Regierung ab 1933 systematisch die wirtschaftliche, staatsbürgerliche und finanzielle Ausgren- zung und Entrechtung jüdischer Unter-

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