AUGUST/SEPTEMBER 2025
Friedliche Einigung statt blutigen Kampfes: Mit diesem inszenierten Foto illustrierte die HW vor rund 20 Jahren einen Artikel über Schlichtung. geschützt. Um kompetenten Rat zu gewährleisten, legte die Stelle daher von vornherein hohe Anforde- rungen fest: Die Mediatorinnen und Mediatoren müssen über eine anerkannte Mediationsausbil- dung, Wirtschaftserfahrung und Rechtskenntnisse verfügen und sich regelmäßig weiterbilden. Dabei kommen sie aus den verschiedensten Alters- und Be- rufsgruppen und besitzen völlig unterschiedliche Ausbildungen, Berufswege und Erfahrungen. „Wir schlagen üblicherweise drei Mediatoren zur Auswahl vor, aus denen die Parteien sich dann jeweils zwei Personen aussuchen. So findet man schnell und unkompliziert ein bis zwei Personen, die beide Beteiligten akzeptieren“, erklärt Matthias Meider aus dem Handelskammer-Team Konflikt- management. Die Beteiligten profitieren dabei auch von den Grundprinzipien der Mediation: Freiwilligkeit, Ei- genverantwortlichkeit der Parteien, Neutralität der Mediierenden und absolute Vertraulichkeit. Die Par- teien und die Mediierenden bestimmen gemeinsam den Verfahrensablauf, klären die Interessenlage und erarbeiten Lösungsmöglichkeiten, gegebenenfalls mit Beratung der Parteianwälte. Anders als die Rich- terschaft in Gerichtsverfahren entscheidenMediato- rin oderMediator aber nicht für die Parteien. Sollte die Mediation zu keiner Einigung führen, kann der Gang vor ein Gericht folgen; bei einer Eini- gung kann hingegen ein rechtsverbindlicher Ver- gleich geschlossen werden. Die mit der Mediation Beauftragten strukturieren das Verfahren, legen Kommunikationsregeln fest und bringen vielleicht auch mal unbequeme Dinge auf den Punkt. So kommt es nicht selten vor, dass sich die Streitenden zum ersten Mal richtig zuhören. Und in diesem ver- traulichen Rahmen kommen bisweilen auch die wah- ren Hintergründe und Befindlichkeiten ans Licht, die eine Einigung bisher unmöglichmachten. „Wenn Sie wissen, warum Ihr Gegenüber so han- delt und was er braucht, um sich zu einigen, können Sie mit diesemVerständnis möglicherweise neue Lö- sungsansätze vorschlagen oder einen Weg mitgehen, der vorher versperrt war“, erklärt Ann-Kathrin Witte, Mediatorin und Vorsitzende des HIMe. V.. Aktuelle Beispiele Dass diese Prinzipien funktionieren, zeigen aktuelle Fälle. So hatten die fünf Gesellschafter einer IT-Bera- tungsgesellschaft erhebliche Meinungsverschieden- heiten über die Frage, welche Maßnahmen zur Sa- nierung des Unternehmens erforderlich waren. Die Verständigung unter ihnen war inzwischen massiv gestört, worunter das gesamte Betriebsklima litt. ImRahmen der Mediation, die an zwei aufeinan- derfolgenden Tagen stattfand, kamen alle Themen endlich auf den Tisch und wurden nacheinander be- sprochen. Dabei erkannten alle schnell, dass die Le- bensplanung der beiden Gründer nach fast 30 Jah- ren eine völlig andere war (und sein durfte) als die der jungen Gesellschafter, die das Unternehmen mit weiteren Investitionen neu positionieren wollten. Im Laufe der Mediation wurde daher gemeinsam ein Fahrplan erstellt, wie die erforderlichen Investitio- nen erfolgen können – und wie die Gründer eine neue Stellung imUnternehmen erhalten. „Dass das Unternehmen den Turnaround ge- schafft hat, war nur möglich, weil das Mediationsver- Christian Graf, Leiter der Abtei- lung Rechts- und Schiedsgerichts- standort der Handelskammer HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 20 FOTOS: NILS HASENAU/DIHK (2), ULRICH PERREY STREITBEILEG UNG
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