August/September 2023

Wirtschaftlich ist es simpel: Es gibt fast eine Million Menschen, die in einer Saison zu unseren Spielen kommen; da sind die zahl- reichen Konzerte, die im Volksparkstadion stattfinden, noch nicht mitgerechnet. Es gibt unzählige Studien zum regionalwirt- schaftlichen Wert des Fußballs, zum Beispiel für Übernachtun- gen, Hotel, Gastronomie und den Kulturbetrieb. Denn die Men- schen, die ins Volksparkstadion kommen, wollen davor und da- nach auch die anderen Highlights der Stadt erleben. Werbewert, regionale Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Steuerzahlungen sind ökonomischmessbareMehrwerte für die Stadt Hamburg. Die gesellschaftliche Relevanz entsteht aus unserem nach- haltigen Beitrag zum Gemeinwohl. Unsere gelebte Vereinsiden- tität, das Gefühl der Verbundenheit und die Identifizierung mit Hamburg, unsere Nachwuchsförderung und die Wahrnehmung unserer sozialen und ökologischen Verantwortung, wie durch die HSV-Stiftung „Der Hamburger Weg“, sind Ausdruck dieser gesellschaftlichen Ambition. Als Wirtschaftsfaktor und soge- nannter Public Value ist ein Bundesligist oder ein ambitionier- ter Zweitligist wie der HSV eine wesentliche Größe. Wird dem in der Hamburger Politik Rechnung getragen? Im Rathaus gibt es ein großes Verständnis dafür, dass wir eine wichtige Rolle spielen. Auch mit demHamburg Marketing sind wir in regem Austausch; hier freut man sich über die vielen Menschen, die wir über Fußballspiele oder Konzerte in die Stadt bringen und für Hamburg begeistern. Genauso wichtig wie die wirtschaftliche ist für mich aber die gesellschaftliche und kulturelle Komponente. Ich bin Fußballfan von klein auf. Was ich immer geliebt habe, und das ist heutzutage mehr denn je der Fall: ImStadion kommen alleMenschen zusammen, egal, welcher Couleur, mit welchem religiösen Hintergrund, wel- chem Status, egal ob jung oder alt – das Stadion ist der größte gemeinsame Nenner einer Gesellschaft. Wie lässt sich die daraus entstehende Verantwortung im Alltag umsetzen? Indemwir uns klarmachen, dasswir nicht nur eine Fußballunter- nehmung sind, sondern auch eine soziale Einrichtung. Wir dür- fen nicht nur nach Management-technischen Größen wie sport­ lichemErfolg undGewinnoptimierung streben, sondern haben auch den Auftrag, junge Menschen für den Sport zu begeistern und zu gesellschaftlichen Themen eine Haltung zu zeigen. An welchen Beispielen kann man das festmachen? Gesellschaftliche Veränderungen spürt man maximal und un- mittelbar in einem Stadion. Wir haben ein sensibles Auge auf diese Trends. Wir haben null Toleranz gegen Gewalt, rechts­ extreme Äußerungen und Diskriminierung. Wir haben direkt im Bereich der Nordtribüne einen sogenannten Ankerplatz eingeführt, an den sich Menschen, die unfreiwillig in eine pre- käre Situation geraten, wenden können und wo wir sofort rea­ gieren und handeln. Wir bekennen uns zu gesellschaftlichen Ebenenwie zumThema Diversität in aller Lautstärke und Klar- heit. Wir wünschen uns Vielfältigkeit unseres Publikums. Das alles sind für uns Haltungsthemen. Sie sind viel gereist. Haben Sie da Vorbildliches gesehen, von dem Sie sagen: Das sollte Hamburg auch umsetzen? Ich habe vor geraumer Zeit auch mal in Valencia gelebt, und da war ich begeistert von den Padel-Tennis-Plätzen, die jetzt auch mehr undmehr nach Deutschland kommen. Grundsätzlich lie- be ich informelle und für alle zugänglicheMini-Sportflächen in Innenstädten, die kleinen Fußballfelder in Madrid oder Barce- lona, die Basketball-Käfige in New York. Dort leben Jugend­ liche, und wir reden ja immer so gern von Straßenfußballern, tagtäglich ihren Sport. Gern mehr davon auch in Hamburg! Denn solche Plätze sind auch wichtig, um die Einstiegsbarrie- ren zu reduzieren und Kinder für Bewegung und Aktivität zu begeistern. Als sportbegeisterter Mensch, der den Sport als wesentlichen Kleber im sozialen und gesellschaftlichen Kon- text erachtet, begrüße ich den Bau jeder neuen Sportfläche. MeinWunsch wäre: Jeder, der ein neues, größeres Gebäude er- stellt, muss auf demDach eine Sportfläche bauen. Wo konkret sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten in der Hamburger Infrastruktur? Ich glaube, dass die Aufgabe für unsere Sportstättenverant- wortlichen eine besondere ist. Wir haben zwei tolle Stadien mit demVolksparkstadion und dem Stadion an der Feldstraße. Aber dazwischen haben wir eine Unwucht. Da haben wir im Vergleich zu anderen Städten Nachholbedarf. Man bräuchte zusätzlich ein mittleres multifunktionelles Stadion mit Natur- rasen. In dem Stadion könnte man ambitionierten professio- nellen Sport anbieten, wie Frauen- und Drittliga-Fußball oder American Football der European League of Football. Ich bin mir sicher: In demMoment, in demdie Sportstätten da sind → 29 WWW.HK24.DE

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