August/September 2022

Gelebte Solidarität Mit Joachim Gauck, Peter Tschentscher und per Video Wladimir Klitschko feierte die Handelskammer den Städtepakt zwischen Hamburg und Kyiv. Altbundespräsi- dent Joachim Gauck begrüßt den „Pakt für Solidarität und Zukunft“. Prof. Norbert Aust, Dr. h. c. Joachim Gauck, Dr. Peter Tschentscher, Handelskammer-Haupt- geschäftsführer Dr. Malte Heyne (v. li.) Der Städtepakt zwischen Ham- burg und Kyiv mit Unterstützung der Handelskammer sowie in Koopera- tion mit der Initia- tive #WeAreAll Ukrainians und dem Verein Han- seatic Help ist ein Beispiel für geleb- te Solidarität. Un- ternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger können ihren Beitrag in Form von Sach- oder Geldspenden über den Städte- pakt leisten. Unter www.kyiv. hamburg.de fin- den Sie Informa- tionen, wie Sie sich an der Hilfs- aktion beteiligen können. In sozialen Netzwerken ver- wenden die Pro- jektbeteiligten den Hashtag #HamburgKyiv . Was das heißt, ist auf einer riesigen Leinwand zu sehen: Live aus Kyiv wird Dr. Wladimir Klitschko zugeschaltet, um ein besonderes Projekt voranzubrin­ gen. Seine beiden Heimatstädte an Dnjepr und Elbe haben mit Unterstützung der Handelskammer einen Pakt geschlossen, den Dr. Peter Tschentscher als Teil einer „neuen Städtediplomatie“ preist. „Wir wollen Partnerschaft auf Augenhöhe“, sagt der Bürgermeister über das neue Bündnis von Hamburg und Kyiv, der Hauptstadt eines kriegsgebeutelten Landes, „das nicht nur nehmen, sondern auch geben kann und will“, wie der ehemaligeBoxweltmeister beteuert. Bevor Peter Tschentscher mit dem Bruder sei­ nes Kyiver Amtskollegen und Tatjana Kiel, CEO Klitschko Ventures und Mitinitiatorin der Initiative #WeAreAllUkrainians, über die Unterschiede zwi­ schen strategischer Zusammenarbeit und humanitä­ rer Hilfe diskutiert, stellt Prof. Timo Meynhardt eine von der Handelskammer in Auftrag gegebene Studie vor. Als erste Kammer überhaupt ließ die in Ham­ burg von der Handelshochschule Leipzig ihren zivil­ gesellschaftlichen Einfluss über die reine Wirt­ schaftsinteressenvertretung hinaus ermitteln. Er­ gebnis: Noch vor Bundesregierung und Deutscher Bahn liegt die Handelskammer im Gemeinwohl­ ranking fast exakt imbeachtlichenMittelfeld. Damit, soMeynhardt, erweise sich „das deutsche Kammersystem als öffentlich-rechtlich geschaffene Selbstverwaltungsstruktur erneut als Säule der so- zialen Marktwirtschaft“. Mit Hamburg als Vorreiter einer Selbstreflexion, die weit über das Ökonomische hinausweist. Die „Idee des Gemeinwohls“, sei schließlich „spätestens seit Aristoteles eng mit der des Gu­ ten“ verbunden. „Ohne Ge­ meinwohl keine Freiheit“, fügt der Wirtschaftspsychologe noch hinzu – und meint damit explizit auch die Veranstaltung imGroßen Börsensaal. Eine Veranstaltung, bei der es für Joachim Gauck auch um Freiheit geht – wenn­ gleich nicht jene der „Pubertierenden, alles tun zu dürfen“, sondern die der Erwachsenen. „Ihre Freiheit heißt Verantwortung.“ D er ehrbare Kaufmann hat traditionell klare Prinzipien. Haltungsstarke Hanseaten wie Dr. h. c. Joachim Gauck sind daher voll des Lobes fürHamburgsHandelsleute, die 1665mitderVersamm­ lung Eines Ehrbaren Kaufmanns das Fundament der Handelskammer gebildet hatten. Nun wäre Gauck al­ lerdings nicht Gauck, würde der Bundespräsident a. D. das Bekenntnis zu Freiheit, Ge­ meinwohl und Freihandel nicht mit einer kleinen Systemkritik würzen. Der Große Börsensaal der Kammer ist im Juni prall ge­ füllt, als er angesichts Putins An­ griffskrieg die „geschönte Reali­ tät vom Handel durch Wandel“ aufs Korn nimmt. Kurzfristiges Gewinnstreben und Nordstream 2 oder Wehruntüchtigkeit – kaum etwas lässt der 82-Jährige ungeschoren. Die Handelskammer hat ge­ laden, um ein „Gemeinsames Zeichen für Solidarität, Zukunft und Gemeinwohl“ zu setzen. Und unter dem Hashtag #HamburgKyiv macht Präses Prof. Norbert Aust deutlich, dass all dies im Schatten ständiger Krisen von Klimawandel bis Fachkräftemangel steht. „Solidarisches Handeln“, sagt er, „hat durch den Krieg inderUkrainenochmals größereBedeutung erlangt.“ JAN FREITAG redaktion@hamburger-wirtschaft.de HAMBURGER WIRTSCHAFT 12 FOTOS: KATI JURISCHKA STÄDTE PAKT

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