AUGUST/SEPTEMBER 2021

41 FACH KRÄFTE WWW.HK24.DE In welchen Bran- chen in den kom- menden Jahren Fachkräfte fehlen Ab 2022: Fachkräf- teengpässe zeich- nen sich bei perso- nenbezogenen und sonstigen Dienst- leistungen ab. Ab 2023: Im Bau- und Gastgewerbe, imGroßhandel sowie im Bereich Information und Kommunikation fehlt es an Personal. Ab 2026: Prognos- tizierter Fachkräf- temangel bei Finanz- und Ver­ sicherungsdienst- leistern und in der Industrie. Ab 2027: Durch den starken Struk- turwandel fehlen Mitarbeitende auch im Einzelhan- del. Auf der nächsten Seite erfahren Sie, worauf Sie auf der Suche nach Fach- kräften achten sollten. bar bezeichnen, sind Anna Maria Heidenreich und Michaela Beck. Sie leiten gemeinsam den Handels- kammer-Geschäftsbereich „Fachkräfte und Lebens- werte Metropole“ und erarbeiten aktuell eine Fach- kräfte-Strategie, wie man der Situation auf lange Sicht entgegengenwirken kann. Sie haben bereits Einflussfaktoren und Stellschrauben identifiziert, die langfristig auf das Angebot an Fachkräften ein- wirken werden. Dazu gehört der Bildungsbereich ebenso wie beispielsweise die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Arbeitsbedingungen, die Integration von Geflüchteten, das Renteneintritts­ alter oder der Faktor „Lebenswerte Region“. Vereinbarkeit von Familie und Beruf Wie wichtig neue Arbeitsmodelle für die Verein­ barkeit von Familie und Beruf sind, wissen Heiden- reich und Beck aus eigener Erfahrung: Sie leiten ihren Geschäftsbereich im Job-Tandem als „Team Heideck“ und tretennachaußenals einePersonauf. „Sowerden für Frauen – oder Männer – auch in Teilzeitstellen Führungspositionen möglich, wir haben da unter an- derem bei Unilever und Beiersdorf schon einige Bei- spiele gesehen“, sagt Michaela Beck. Auf diese Weise könnte der Anreiz für weibliche Fachkräfte gesteigert werden, weil sie trotz Teilzeitstelle beruflicheHeraus- forderungen wahrnehmen können. Komplett remote ausgestaltete Jobs, die im Gegensatz um Homeoffice an jedembeliebigenOrt stattfindenkönnen, sind auch für Teilzeitkräfte attraktiv, die durch lange Pendelzei- ten abgeschreckt werden. Attraktive flexible Arbeitsmodelle sind aber längst nicht die einzige Stellschraube. „Nicht umsonst sind Fachkräfte und Lebenswerte Metro- pole gemeinsam unser Thema“, sagt Anna Maria Heidenreich. „Was muss eine Stadt bieten, um für Fachkräfte auch in Zukunft attraktiv zu sein? Ausbildung, Hochschule, Internationalität, Vielfalt, Ein stark umkämpfter Wohnungsmarkt und steigende Mieten behindern den Zuzug von Fachkräften nach Hamburg Anna Maria Heidenreich (li.) und Michaela Beck leiten ihren Geschäftsbereich in der Handelskammer im Job-Tandem Betreuungsmöglichkeiten und Stellen für mit­ ziehende Partner sind da wichtige Faktoren.“ Auch der stark umkämpfte Wohnungsmarkt und hohe Mieten spielen eine Rolle, die es Hamburg in Zukunft nicht leicht macht, gerade beruflich qualifizierte Fachkräfte anzuziehen. „Die Knapp- heit des Wohnraumes ist in dem Bereich das größte Problem“, sagt auch Ute Schoras. „Für 1000 Euro netto plus Nebenkosten kann sich ein Berufsstarter keineWohnung leisten.“ Potenziale nutzen Weil sich die Lage auf demWohnungsmarkt nicht so schnell verändern wird, sieht Schoras Bedarf, an an- derenStellschrauben zudrehen. „Wirmüssen ander Ausbildung arbeiten und den Nachwuchs fördern – und zwar auch die, die aktuell schulisch zurückge- lassen wurden oder eine Ausbildung abgebrochen haben oder abbrechen mussten“, betont sie. „Auf die können wir nicht verzichten. Wir brauchen Pro- jekte, die sie auffangen, fördern und zurückholen.“ Auch auf die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte kann der Markt nicht verzichten, sol- len die Prognosen für die kommenden 15 bis 20 Jahre gebrochen werden. Doch im vergangenen Jahr fiel laut Statistischem Bundesamt der Wande- rungsüberschuss mit 220000 Personen deutlich geringer aus (327 000 im Jahr 2019). Der starke Rückgang fiel vor allem in den Zeitraum von März bis Dezember 2020, in demweltweit Einschränkun- gen durch die Corona-Pandemie existierten. Hier besteht also Hoffnung: Durch Lockerungen auf- grund sinkender Infektionszahlen, aber auch durch das im März 2020 in Kraft getretene Fachkräfte­ einwanderungsgesetz, das die Einstellung von Mit- arbeitenden aus Drittstaaten erleichtern soll. MARIA ZEITLER redaktion@hamburger-wirtschaft.de

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