August / September 2020

HAMBURGER WIRTSCHAFT 58 FOTOS: HAMBURG AIRPORT / MICHAEL PENNER, ULRICH PERREY PRO & KONTRA In der Brennstoff- zelle eines Was- serstoffautos erfolgt die umge- kehrte Elektrolyse: Wasserstoff reagiert mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft. Dadurch entste- hen elektrische Energie, Wärme undWasser- dampf, der durch den Auspuff entweicht. Die elektrische Ener- gie wird nach Bedarf in einen Elektromotor und/oder eine Batterie geleitet. Ja, H2 hat eine Schlüsselfunktion Michael Eggenschwiler (61) Vorsitzender Wasserstoff-Gesellschaft Hamburg e.V. und Vorsitzender Geschäftsführung Hamburg Airport Um den Energiebedarf der Zukunft nachhaltig decken zu können, kommt es auf den richtigen Mix an. Die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnolo- gie übernimmt dabei eine Schlüsselfunktion, gerade inNorddeutschland. Die „steife Brise“, die hier weht, gibt uns die besten Voraussetzungen für nachhal- tige Energie – mit Technologien, die aus regional er- zeugtemWindstromgrünenWasserstoffherstellen, der in Pkw, Zügen und Flugzeugen ebenso einsetz- bar ist wie in Industrie undWärmeversorgung. Das ist eine saubere Sache. Mit H2 können wir regenerative Energien stabiler nutzen, weil Wasser- stoff auch als Speichermedium einsetzbar ist, zum Beispiel für überschüssige Windenergie. Damit be- sitzt H2 eine doppelt wichtige Funktion, denn die Speicherung stellt bei den schwankend anfallenden erneuerbaren Energien auch heute noch eine He­ rausforderung dar. Diese Möglichkeiten verleihen dem Wasserstoff eine Schlüsselfunktion beim Um- bau des Energiesystems. Das große Potenzial ist mittlerweile auf nord- deutscher, Bundes- und EU-Ebene angekommen und mit konkreten Wasserstoffstrategien unterlegt. Die Politik legt bei der Förderung der H2-Entwick- lung endlich den Turbo ein. Das ist wichtig, umWas- serstoffmit entsprechenden Infrastrukturen imgro- ßen Maßstab nutzbar zu machen. Nur so ist H2 für Unternehmen nachhaltigwirtschaftlich darstellbar. In Hamburg gehen wir da voran, hier gehören Wasserstoffbusse zum Stadtbild, und im Hafen soll die weltweit größte Anlage für Wasserstoffelektro- lyse entstehen. Am Flughafen unterstützen wir un- ter anderem die Entwicklung von regenerativem Kerosin über die Wasserstofftechnologie aus über- schüssigemnorddeutschenWindstrom. Im Pkw-Bereich wahrscheinlich nicht Dirk Asmus (53) Inhaber Dirk Asmus Transporte Mit dem Pkw bin ich seit 2013 nur noch elektrisch unterwegs. Die Vorteile der Wasserstofftechnologie imHinblick auf Tankzeiten schmelzen in letzter Zeit dahin: Eine Betankung mit Wasserstoff braucht heute etwa fünf Minuten. E-Autos können am Schnelllader in 20 Minuten bis zu 350 Kilometer nachladen. An der betrieblichen Ladestation sinkt der Zeitaufwand auf unter eine Minute, da nur das Kabel gesteckt wird. Für alle Ladungen innerhalb ei- nes Jahres ist der Zeitaufwand für die Energieauffül- lung heute schon geringer als beimWasserstofffahr- zeug. Bei derReichweite ist dasE-Autogleichgezogen: 400 bis 500Kilometer sind heute keinThemamehr. Der größte Nachteil bei Brennstoffzellenfahr- zeugen dürfte der Energieverbrauch sein: Ein mo- dernes E-Auto hat einenWirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent, das Wasserstofffahrzeug kommt nur auf rund 30 Prozent. Bedingt ist das durch die Verluste der zweimaligen Energiewandlung von Strom zu Wasserstoff und wieder zurück („Well to Wheel“: „Von der Erzeugung zur Bewegung“). Zudem kostet ein Brennstoffzellenfahrzeug rund 75000 Euro, ein E-Auto hingegen gibt es ab 45000 Euro ( jeweils brutto). Auch bietet Deutschland nur etwa 100 Was- serstofftankstellen. Dem gegenüber stehen 35000 öffentliche Ladestationen (nicht eingerechnet die privatenWallboxen in gleicher Größenordnung). Was die Ressourcen angeht, geben sich beide Technologien wenig. Beide nutzen eine Batterie. Im Elektroauto ist diese natürlich größer, dafür benö- tigt das Wasserstofffahrzeug in seiner Brennstoff- zelle Platin in großer Menge. Für die Wasserstoff- technologie sehe ich allerdings abseits des Pkw große Möglichkeiten in Industrie, Schiff- und Luft- fahrt, bei der Bahn und als Langzeitspeicher. Ist Wasserstoff der Energieträger der Zukunft?

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