August / September 2020

WWW.HK24.DE 23 PERSÖNLICH WOLFGANG RAIKE Im April hatten wir 95 Prozent weniger Gäste in Hamburg. waltung und zur Politik. ImDialog konntenwir viele Probleme auf demkurzen Dienstweg lösen. Vor der Krise eilte die Hamburger Tourismus- wirtschaft von Rekord zu Rekord, dann ging es „From Hero to Zero“. Was schätzen Sie, wie viele Arbeitsplätze und Umsätze davon derzeit wegfallen und auch dauerhaft bedroht sind? Ich bin 1985 nach Hamburg gekommen und kann mich nur an Aufwärtsentwicklungen erinnern. Wir sind von fünf MillionenÜbernachtungen auf zuletzt über 15 Millionen gewachsen, stehen für über 4,5 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung, 10 000 Un­ ternehmen und 90 000Arbeitsplätze. Tourismus ist eine der tragenden Säulen der Hamburger Wirt­ schaft und eine Erfolgsgeschichte. Im April hatten wir dann 95 Prozent weniger Gäste in Hamburg. Die meisten Unternehmen hatten Kurzarbeit angemel­ det oder geschlossen. Der Tourismus lag ab Mitte März bis in den Mai hinein komplett am Boden. Viele Jobs sind weggefallen. Wie viele genau, wird man erst in einigenWochen in den Statistiken lesen können. Aber ich gehe davon aus, dass während des Lockdowns die 90 000 Erwerbstätigen zum über­ wiegenden Teil in Kurzarbeit waren. Wie sieht es derzeit aus? Mitte Juli hatte man den Eindruck, dass zumindest der private Tou- rismus wieder anläuft, oder täuscht das? Momentaufnahmen lassen sich schwer hochrech­ nen, aber ich denke, wir sind derzeit wieder bei 30 oder 40 Prozent. Zahlen wird es auch hier erst in ei­ nigen Wochen geben, aber es ist bei Weitem nicht das, was wir im letzten Jahr hatten. Viele Hotels und Restaurants sind immer noch geschlossen, die Mu­ sicals spielen noch nicht, und die Großveranstal­ tungen fehlen ebenfalls. Generell ist die Auslastung noch nicht ausreichend, damit die Unternehmen überleben können. Der Tourismus kommt allerdings von einer soliden Vor-Corona-Basis. Hilft das, wenn die Lockerungen jetzt Stück für Stück kommen? Oder sehen Sie Risse im Fundament? Viele wissen, dass Hamburg eine tolle Stadt ist, dass es Spaß macht, nach Hamburg zu fahren. Das ist immer noch so, und das bleibt auch so. Die einzel­ nen Segmente in der Tourismuswirtschaft weisen aber deutliche Unterschiede auf. So hat der Ge­ schäftsreiseverkehr – um im Bild zu bleiben – deut­ liche Risse bekommen, und das wird wohl auch nach der Krise eher reduziert weitergehen. Unter­ nehmen haben die Vorteile von Videokonferenzen entdeckt, man spart sich zukünftig das eine oder andere Treffen vor Ort. Große Veranstaltungen, Messen und Kongresse sind noch nicht möglich, die werden aber im nächsten Jahr wieder stattfinden. Und dannmussman abwarten, wie sich der Leisure- Tourismus entwickelt. Im Augenblick fahren die Menschen eher ans Meer und in die Berge. Alle Großstädte berichten von Problemen mit Über­ nachtungszahlen. Die Menschen haben noch eine gewisse Scheu, in dieMetropolen zu reisen. Nord- und Ostsee gehören zu den Trend-Desti- nationen des Sommers 2020. Kann Hamburg als mögliche Zwischenstation davon profitieren? Solche Effekte gibt es natürlich, das ist aber eher der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Um diese Trends stärker zu nutzen, müssen wir mit den → →

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