August 2018

HAMBURGER WIRTSCHAFT 08 / 18  IM FOKUS 61 FINANZEN Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) wiederumwarnten kürzlich davor, dass sich Kryptowährungen aus ihrer Sicht derzeit noch nicht als Anlageklasse eignen und verwiesen insbesondere auf die unzurei- chende Regulierung imSinne des Anleger- schutzes. Bleibt vomKrypto-Hype also nur heiße Luft?Wennman Star-Investor Warren Buf- fet glauben möchte, auf jeden Fall. Der verglich den Hype um Kryptowährungen in einem Interview mit CBS sogar mit der niederländischen Tulpenmanie von 1637, die als weltweit erste Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte gilt. „Den Kryptowährungen fehlt alles, was ein echtes Geld ausmacht. Sie sind weder als Zahlungsmittel noch als Recheneinheit oder Wertaufbewahrungsmittel geeignet“, führte Chefvolkswirt Dr. Holger Schmieding beim Bankhaus Berenberg kürzlich am Rande der 8. Kapitalmarktkonferenz in der Handelskammer Hamburg aus. Und doch liegt unbestritten Potenzial imSystem, aber wohl eher in der dahinterliegenden Block- chain-Technologie (mehr dazu auf Seite 36). „Die Technologie dahinter ist vielverspre- chend, da sie die Fälschungssicherheit di- gital gespeicherter Informationen erhöht“, so Schmieding weiter. Auch Dirk Schrade sieht Potenziale in der Blockchain-Technologie, nicht nur um Finanztransaktionen abzuwickeln. „Nicht alles, was sichmit der Blockchain abbilden lässt, wird sich auch durchsetzen. Die Blockchain-Lösungmuss kostengünstiger oder schneller als bestehende Systeme und Anwendungen sein“, ordnet er ein und stellt fest, dass der erste große Hype um das Thema einemgewissen Realismus gewichen sei. „Wir stehen aber noch am Anfang der Technologie. Dort, wo die Blockchain kom- plexe Prozesse mit vielen Beteiligten und Abstimmungsprozessen abbilden kann, ist sie sehr interessant.“ Vielleicht stellt man eines Tages fest, dass der Hype um Kryptowährungen ein wichtiger Schlüssel für die Erschließung der Blockchain-Technologie war. Einstwei- len ist aber auch das Spekulation. Kryptowährungen sind digitale Zahlungsmittel. Sie basieren auf kryptografischen Werk- zeugen, etwa der Blockchain-Technologie und einer dezentralen Verwaltung. Die postu- lierten Ziele vieler Kryptowährungen sind die Schaffung einer Alternative zu gesetzlichen Zahlungsmitteln, die losgelöst von Staaten und Zentralbanken und damit weitgehend unabhängig von politischer Einflussnahme schnelle, direkte, sichere, kostengünstige und globale Transaktionen ermöglichen sollen. Aktuell gibt es eine vierstellige Zahl von Kryp- towährungen, davon über 700 mit einem Gegenwert von jeweils mehr als einer Million Euro, zudem noch etliche kleinere Währungen. Rund ein Drittel der Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen von zusammen rund 400 Milliarden Dollar entfällt auf Bitcoin. Nach aktuellen Erhebungen sind bereits rund 800 Kryptowährungen wertlos geworden und werden für weniger als einen Cent gehandelt. Was sind Kryptowährungen? N och im Vorjahr kannte die wohl bekannteste Kryptowährung „Bit- coin“ nur eine Richtung: steil nach oben. Mittlerweile hat sich der Kurs gegen- über demHöchststand vomDezember 2017 mehr als halbiert, der erste Hype ist verflo- gen, und kritische Analysen dominieren gegenüber ehemals eher euphorischen. Jenseits des Hypes ist die Frage, ob und wie sich Kryptowährungen einsetzen lassen, für viele Unternehmer weiter unbeantwor- tet. Nüchtern betrachtet ist der Einsatz von Kryptowährungen mit vielerlei Schwierig- keiten behaftet. „Die Probleme sind man- nigfaltig“, sagt Dirk Schrade, Stellvertreten- der Leiter des Bereichs Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme bei der Deutschen Bundesbank, um mit dem volatilen Kurs- verlauf, der geringen Performanz, der kleinen Zahl an Akzeptanzstellen sowie größeren Cyber-Angriffen auf Bitcoin- handelnde Börsen und entsprechende Wallet-Provider gleich eine ganze Reihe aufzuzählen. „Bitcoin haben außerdem keinen intrinsischenWert. Bei Verlust gibt es keinerlei Einlagensicherung“, so der Bundesbank-Experte weiter, der aufgrund der nicht vorhandenen Währungsqualität grundsätzlich von Krypto-Tokens statt Kryptowährungen spricht. Das genannte Problem der hohen Vo- latilität erscheint besonders anschaulich. Kostete beispielsweise ein Bitcoin vor drei Jahren umdie 250 Euro, stieg sein Kurs zum Jahresbeginn 2018 auf über 14000 Euro und hat sich seitdemmehr als halbiert. Vor dem Hintergrund der extremen Wertschwan- kungen werden Einsatzszenarien für den Zahlungsverkehr weniger realistisch. So überrascht es nicht, dass sich deutschland- weit weiterhin keine nennenswerte Durch- dringung von Bezahlmöglichkeiten mit Bitcoin feststellen lässt. Eine Nische bilden lediglich Anbieter von digitalen Gütern, beispielsweise im Gaming-Bereich, die öf- ters Kryptowährungen akzeptieren. Die DIRK SCHRADE Deutsche Bundesbank „Die Blockchain- Lösung muss kostengünstiger oder schneller als bestehende Systeme und An- wendungen sein.“ Jan Korte jan.korte@hk24.de Telefon 36138-503

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