August 2018
HAMBURGER WIRTSCHAFT 08 / 18 BÜCHER 46 BÜCHER Stadtentwicklung Heilige Hallen Außerhalb der Fachwelt wenig bekannt, hat Architekt Bern- hard Hermkes (1903–1995) Hamburgs Stadtbild nach dem zweiten Weltkrieg wesentlich mitgestaltet und prägende Bauten seiner Zeit hinterlassen. Dazu zählen die Großmarkt- hallen am Oberhafen, die Kennedybrücke, das Auditorium Maximum der Hamburger Universität, das HEW-Kraftwerk in Wedel, aber auch Wohnungsbauprojekte wie die Grindelhoch- häuser und eine Wohnsiedlung in Klein Flottbek. Elegante Formen und die Verwendung von Sichtbeton stehen für den Stil Hermkes’, der in Berlin an der TU gelehrt, in Hamburg gelebt und gearbeitet hat. Der Autor Giacomo Calandra di Roc- colino stellt in der reich bebilderten Mongrafie umfassend Lebenslauf, Werk und Lehre des bedeutenden Stadtplaners dar. Giacomo Calandra di Roccolino: „Bernhard Hermkes – Die Konstruktion der Form“; Dölling und Galitz Verlag; 2018; 400 Seiten; 49,90 Euro Kranhistorie Industrie monumente Der Lichtkünstler, Produzent und Regis- seur Michael Batz ist in der Hamburger Kultur- szene bekannt wie ein bunter Hund – genauer gesagt, wie ein blauer Hund, denn die aufsehenerregenden Lichtkunstprojekte „Blue Goals“ und „Blue Port“ gehen auf sein Konto. In seinem jüngs- ten Buch bleibt er dem Thema Hafen treu. Es dreht sich um Relikte der industriellen Vergangenheit: die Stückgutkrane, die früher das Hafenbild bestimmten und nach dem Aufkommen der Containerfracht größ- tenteils abgewrackt wurden. Balz erzählt mit Essays und vielen Fotos die Geschichte des Hebens und der Auslegerriesen, die in Hamburg in der international bekannten Kran- und heutigen Kulturfabrik Kampnagel hergestellt wurden. Schlusspunkt von „Hiev op!“ ist das gleichnamige gesprochene und vertonte Requiem für die Krane, das sich kostenlos herunterladen lässt. Michael Batz: „Hiev op!“; Koehler; 2018; 192 Seiten, 24,95 Euro Analyse Denkschule Was bedeutet Innovati- on? Und warum geht es ausgerechnet in Deutschland nicht voran? Fragen, auf die Autor Wolf Lotter, Mitbegründer des Hamburger Wirtschaftsmagazins „brand eins“, Antworten liefert. In seiner „Streitschrift für barrierefreies Denken“ zeigt er Wider- sprüche auf, die im ersten Moment gar nicht als solche erscheinen. „Querdenker“ etwa seien in vielen Unternehmen reine Formali- tät, um den Status quo zwar zu kritisieren, nicht aber zu verändern. Klar, dass sich Or- ganisationsstrukturen so nicht aufbrechen lassen. Voraussetzung für Innovation sei vor allem die Bereitschaft zum Experiment. „Denken braucht Freiräume. Risikobereit- schaft. Ausdauer. Und den Willen, nicht von der Verwaltung von Problemen zu leben, sondern von ihrer Lösung“, schreibt Lotter. Seine Analyse ist somit gleichzeitig eine Art Denkschule, auf die sich jeder einlassen sollte, der auch wirklich etwas verändern will. Wolf Lotter: „Innovation“; Edition Körber; 2018; 224 Seiten; 18 Euro Biografie Sonntagskind Hamburg als neue Heimat: 2014 flüchtete Faisal Hamdo von Syrien nach Deutschland – und landete an der Elbe. Nach zahlreichen Sprachkursen und Berufsanpassungsqualifika- tionen arbeitet der einstige Physiotherapie-Student mittler- weile auf der neurologischen Intensivstation des Universitäts- klinikums in Eppendorf. Was sich mal schnell wie eine erfolg- reiche Integrationsgeschichte liest, war ein aufregender und langer Weg. Mit klarem, aber auch humorvollem Blick teilt der Geflüchtete seine Erlebnis- se und Beobachtungen, die er seit seiner Ankunft hier ge- macht hat. „Ich bin ein Sonn- tagskind, wie man auf Deutsch sagt“, schreibt Hamdo und meint damit sein Glück, ein neues Zuhause gefunden zu haben. Gleichzeitig sucht er Antworten auf die Frage, wie Einwanderer das Land aktiv mitgestalten können. Denn er verstehe sich „als Mittler zwi- schen den Welten“. Lesenswert für alle, die so neugierig und offen sind wie Faisal Hamdo selbst. Faisal Hamdo: „Fern von Alep- po“; Edition Körber; 2018; 254 Seiten; 17 Euro
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