Juni/Juli 2024
Bedrohlicher Engpass Schon heute fehlen im Gesundheitswesen Tausende Mitarbeitende, in Hamburg bleiben viele Plätze in Heimen unbelegt. Die Integration und Ausbildung qualifizierten ausländischen Personals könnte Abhilfe schaffen. Die Asklepios Klinik St. Georg stellte in den letzten Jahren 75 ausländische Fachkräfte ein. Rund die Hälfte wurde direkt im Herkunftsland rekrutiert. 2024 ging die Anzahl der Hausärztinnen und -ärzte etwa in Altona von 188 auf 176 zurück – und in Eims- büttel von 148 auf 139. In manchen ärmeren Vierteln oderNeubaugebietenwie Fischbek stehen inzwischen kaum mehr Hausarztpraxen zur Verfügung, bemän- gelte 2023 auchdieHamburger CDU-Fraktion. Erfolgreiche Integration Sicher ist: Die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen wirdaufgrunddesAlternsderGesellschaftmassiv stei- gen – und ohne ausländische Fachkräfte stünde das System schon heute vor dem Kollaps. In der Alten- pflege besitzen derzeit bundesweit rund 30 Prozent der Mitarbeitenden einen Migrationshintergrund. Und die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte ohne deut- sche Staatsangehörigkeit hat sich zwischen 2013 und Ende 2023 laut Bundesärztekammer von 30 000 auf 64 000 erhöht. Es gilt also, die Zuwanderung gezielt zu fördern und zu gestalten: eine Forderung, die die Handelskammer bereits 2022 in ihrer „Fachkräfte- strategie Hamburg 2040“ erhob (siehe Randspalte). „EinKrankenhaus ohne ausländische Fachkräfte kann ich mir überhaupt nicht mehr vorstellen“, er- K aum ein Sektor ist vom Fachkräftemangel so stark betroffen wie das Gesundheitswesen – und insbesondere der Pflegebereich: So kön- nen derzeit 1300 der rund 15 000 Pflegeplätze in Hamburg (knapp 8,7 Prozent) aufgrund fehlenden Personals nicht belegt werden. Eine Studie des WifOR Institute (siehe Rand- spalte) warnte Ende 2021, dass 2030 jede sechste Stelle in der Gesundheitswirtschaft Hamburgs nicht besetzt werden könnte (16,6 Prozent oder 37 700 Personen). In der stationären Pflege fehlten 2021 bereits 6400 Ar- beitskräfte, für 2030 rechnet die Studie mit einem Manko von fast 10000 Personen. Ähnlich dramatisch sieht es imnicht-stationärenBereich aus, wo dann vor- aussichtlich jede siebte Stelle unbesetzt bleibt. Wegen steigender Nachfrage wird zudem der Arbeitskräfte- bedarf in der Human- und Zahnmedizin um 23,3 Pro- zent steigen, sodie Studie. Dabei verschlechtert sich die Versorgung schon heute: Rund ein Drittel der Hamburger Praxisärztin- nenund -ärzte ist älter als 60 Jahre. Und 2023 konnten allein 20 Hausarztstellen nicht besetzt werden, ergab eine Senatsanfrage der Linksfraktion. Von 2021 bis HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 48 FOTO: MIKE SCHAEFER Strategie Die „Fachkräfte- strategie Hamburg 2040“ der Han- delskammer for- dert unter ande- rem, die Zuwande- rung von Fach- kräften aus dem Ausland zu verein- fachen und in den Entsendungslän- dern Strukturen aufzubauen, die eine professionelle Ausbildung und Vermittlung von Arbeits- und Fachkräften im größeren Stil er- möglicht. www.hk24.de/ fachkraefte Studie Die im Auftrag der Sozialbehörde er- stellte Studie „Der Arbeitsmarkt der Gesundheitswirt- schaft in Ham- burg“ des WifOR Institute von De- zember 2021 gibt unter anderem einen Überblick über den prognos- tizierten Arbeits- kräftebedarf der Branche bis 2030. www.t1p.de/ wifor2021 Ausbildung Die Internetseite www.berufsziel- gesundheit.de in- formiert über die unterschiedlichen Hamburger Aus- bildungs- und Stu- dienmöglichkeiten im Gesundheits- wesen. Gesetz Am 1. Mai ist die zweite Stufe des Fachkräfteein- wanderungsgeset- zes in Kraft getre- ten. Die Neuerun- gen erleichtern es Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten („Drittstaaten“), nach Deutschland einzuwandern und hier zu arbeiten. www.hk24.de/ fachkraefte einwanderungs gesetz JONAS BRAUN klärt Jelena Jennert, Integrationsbeauftragte der Askle- pios Klinik St. Georg. Aufgrund des Mangels an qualifi- ziertem Personal stellte das Krankenhaus in den letzten Jahren 75 ausländische Fachkräfte ein. Manche wurden imHerkunftsland rekrutiert, andere kamen über Initia- tivbewerbungen. „Beides hält sich ungefähr die Waage“, sagt Jennert. Werden Fachkräfte über Jobcenter oder Rekrutie- rungsfirmen im Ausland angeworben, beginnt der On- boarding-Prozess bereits dort. Bevor sie mit einem Vi- sum einreisen können, durchlaufen sie ein Anerken- nungsverfahren und müssen Grundsprachkenntnisse vorweisen. Im Fall der Asklepios Klinik St. Georg absol- vieren sie nach ihrer Ankunft einen achtmonatigen An- passungslehrgangmit Abschlussgespräch. Die Anerkennung der beruflichen Qualifizierung sei kein großes Problem, sagt Jennert – „vor allemwegen Bestrebungen der Politik, ausländischen Kräften und Auszubildenden einen leichteren Zugang zum Arbeits- markt zu ermöglichen“. Die große Herausforderung bei der Integration ausländischer Fachkräfte ist und bleibt jedoch die Sprachbarriere. Das Sprachlevel B2, das vor der Ausbildung oder der Einreise nach Deutschland er- reicht werden muss, genügt oft nicht. Gerade im Ge- sundheitswesen ist die erfolgreiche Kommunikation aber Grundvoraussetzung. Eine Möglichkeit, dieses Problem zumindest in Tei- len zu lösen, ist es, gleich selbst auszubilden. „Der große Vorteil bei unserer Ausbildung ist das breite Spektrum, daswir denAuszubildendenbietenkönnen“, sagtMelanie Hartmann, Pflegedienstleitung des ambulanten Pflege- diensts der Hartwig-Hesse-Stiftung. Das nötige Hand- werk – von ambulanter bis stationärer Pflege – lernen die acht bis zehn Auszubildenden in den Häusern und dem Pflegedienst der Stiftung, für die sie nach der Ausbildung meistens auch weiterarbeiten. Viele von ihnen haben ei- nenMigrationshintergrund, leben aber bereits in zweiter Generation in Deutschland. „In der Pflege ist Kommuni- kation entscheidend“, bestätigt Hartmann. Da die Auszu- bildenden meist in Deutschland aufgewachsen sind, seien sie inder Regel aber bereits gut integriert. Und der Fachkräftemangel? „Dieses Jahr sind wir davon weniger betroffen als vergangenes Jahr“, sagt sie und nennt als Grund für den positiven Wandel attrakti- vere und familienfreundlichere Stellenangebote. Denn zur Lösung des Fachkräfteproblems ist auch ein grund- sätzliches Umdenken in der Gesellschaft erforderlich: Bessere Bezahlung, flexiblere Arbeitszeiten und mehr Verantwortung für alle Beteiligten würden die Arbeit im Gesundheitssektor insgesamt attraktiver machen. „Ich wünsche mir eine höhere Anerkennung und Wertschät- zung des Pflegeberufs durch die Gesellschaft“, erklärt Jennert von der Asklepios Klinik St. Georg. Von der Vision zum Projekt. 3000 Referenzen Wir beraten Sie gern persönlich. Dipl.-Ing. Fr. Bartram GmbH & Co. KG Ziegeleistraße · 24594 Hohenwestedt Tel. +49 (0) 4871 778-0 Fax +49 (0) 4871 778-105 Mail info@bartram-bau.de MITGLIED GÜTEGEMEINSCHAFT BETON im Industrie- undGewerbebau WWW. BARTRAM- BAU.DE über Das individuelle Bau-System Entwurf und Planung Eigenes Fertigteilwerk Festpreis Fixtermin 50 Jahre Erfahrung Alles aus einer Hand WWW.HK24.DE ARBEITS MARKT
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz