Juni/Juli 2024

Die Psyche im Blick Psychische Erkrankungen haben massiv zugenommen, Führungskräfte sollten sich dem Thema daher intensiv widmen. Dabei helfen auch externe Einrichtungen. Das Fürstenberg Institut berät Unternehmen und ihre Mit- arbeitenden gezielt zu Fragen der psychischen Gesundheit. Reinhild Fürstenberg, Geschäfts­ führerin des Fürstenberg Instituts Konzerne wie OTTO interne Mental-Health-Spezia- listenteams; zahlreiche andere Firmen nehmen ex- terne Beratung in Anspruch und bieten sie ihren Mitarbeitenden an. Das Fürstenberg Institut etwa arbeitet in Hamburg unter anderem mit Junghein- rich, Statista und der Handelskammer zusammen. Gute Rahmenbedingungen schaffen „Mental Health steht viel stärker als vor 20 Jahren auf der Agenda der Führungsebene“, sagt Fürsten- berg. Allerdings dauere es nach wie vor zu lange, bis in Unternehmen über psychische Probleme gespro- chen wird, vor allem bei Suchterkrankungen. Beson- ders hoch sei die Burn-out-Rate bei Lehrkräften, in sozialen Berufen sowie in der Verwaltung, aber auch bei schnell wachsenden Start-ups im IT-Bereich. Denn viele Chefs sind dort aus dem eigenen Team hervorgegangen und konnten bei diesem raschen Upgrade kaumFührungskompetenzen erlernen. Häufig starte der Beratungsprozess mit einem akuten Einzelfall, der sich jedoch auf die gesamte Firma auswirken kann, erläutert Fürstenberg. „Hat eine Person wegen einer psychischen Erkrankung langeAusfallzeiten, klappenwegenderMehrbelastung imExtremganze Abteilungen hintereinander weg.“ Im Coaching des oberen Managements unterscheidet sie zwei Bereiche: ÜberWorkshops und Gespräche unter- stützt sie Führungskräfte dabei, mit psychisch er- krankten Mitarbeitenden und Belastungen im Team umzugehen. Und sie hilft leitenden Angestellten, per- sönlicheKrisenundKonflikte anzugehen. Neben der individuellen Beratung gehe es vor al- lemdarum,mit demCorporateHealthConsultingum- fassende Rahmenbedingungen für mentale Gesundheit im Betrieb zu schaffen. Dazu zähle auch, eine Kommunikationsleitlinie zu erstel- len, um den Grat zwischen Für- sorge und Eigenverantwortung der Mitarbeitenden zu definieren. Wenn sich etwa jemand schon län- ger zur Arbeit nur noch schleppt, sei eine Nachfrage wie „Kann ich dich unterstützen?“ angebracht. Führungskräfte sollten die Situa- tion beobachten und ihre Sorge F ür die Produktivität eines Unternehmens, ge- rade in Hinblick auf den Fachkräftemangel, ist psychische Gesundheit ein immens wichtiger Faktor“, erklärt Reinhild Fürstenberg. Seit 1989 bie- tet sie in ihremFürstenberg Institut individuelleMen- tal Health Coachings an. Ihr Team, dasMitarbeitende von Unternehmen bundesweit an 80 Standorten be- rät, ist spezialisiert darauf, Führungskräfte im Um- gang mit seelischen Problemen zu unterstützen und zu qualifizieren. Denn, so die Expertin: „Mental Health ist Führungsaufgabe.“ Von 2011 bis 2021 erhöhte sich die Zahl der Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankun- gen in Deutschland um mehr als 18 Prozent und die Anzahl der Ar- beitsunfähigkeitstage um über 53 Prozent, ergab eine Umfrage der AOK – und die Tendenz ist unge- brochen. Das mentale Wohlbefin- den der Mitarbeitenden ist für Be- triebe schon deshalb eine zentrale Frage. Inzwischen beschäftigen HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 46 FOTOS: FÜRSTENBERG INSTITUT / VERENA REINKE (2), HPA PSYCHISCHE GESUNDHEIT Mental Health Report Wie wichtig es für Firmen ist, das Thema mentale Gesundheit in den Fokus zu rücken, zeigt etwa der Mental Health Report des Ver- sicherungsunter- nehmens AXA vom März 2024 ( www.t1p.de/axa- mhr24 ). 31 Prozen t der Befragten in Deutschland ga- ben an, psychisch erkrankt zu sein: Sie leiden unter Depressionen, Angst-, Ess- und Zwangsstörungen. Besonders betrof- fen sind junge Menschen und Frauen. Die Um- frage zeigt, dass ein unterstützen- des Umfeld und therapeutische Behandlung es- senziell sind, um Krankheitsverläufe abzumildern und Betroffene zu sta- bilisieren. 57 Pro- zent erklärten, dass sie professio- nelle Hilfe in An- spruch genommen haben, um wieder gesund zu werden. BIRGIT REUTHER Christina Kitzmann, Head of Health Department bei der HPA artikulieren. Sie sollten jedoch nicht versuchen, private Probleme von Be- schäftigten zu lösen, sondern externe Hilfsangebote aufzeigen. Wichtig sei zudem, regelmäßig eine psychische Gefährdungsbeurteilung durchzu- führen, um Belastungsschwerpunkte zu erkennenund zubeheben. Prinzipiell gehe es darum, für eine angemessene Auslastung der Mitarbeitenden zu sorgen: „Wenn ich meine Arbeit ständig nicht schaffen kann, ist das nicht gesund“, so Fürs- tenberg. Als Ursachen für gestiegenen Druck sieht sie auch die Corona-Pandemie und die aktuellen Kriege, die Inflation und Unsicherheit um den Ar- beitsplatz. „Häufig besteht der Anspruch, trotz ver- änderter Herausforderungen den alten Status quo aufrechtzuerhalten.“ Doch um die Renditeziele zu erreichen, sei es effektiver, das Erreichbare im Auge zu behalten, statt Ausfälle oder gar Kündigungen zu riskieren, die zu hohen Verlusten führen können. HPA: Mental Health ist Chefsache Bei der Hamburg Port Authority (HPA) ist das Betrieb- liche Gesundheitsmanagement (BGM) direkt an die Geschäftsführung angebunden. „Das bringt eine hö- here Sichtbarkeit in der Unternehmensorganisation und verdeutlicht gleichzeitig den Stellenwert des Themas Gesundheit imUnternehmen“, erklärt Chris- tina Kitzmann, Head of Health Department bei der HPA. Ganz gezielt sorgt ihr Team etwa dafür, Füh- rungskräfte für das Feld der psychischen Gesundheit zu sensibilisieren und eine offene Unternehmenskul- tur zu etablieren, in der Stigmata und Tabus abgebaut werden. EinMental-Health-Fokus in Feed- backgesprächen soll dafür sorgen, Warnsignale bei Beschäftigten früh- zeitig zu erkennen, umrechtzeitig Un- terstützung anzubieten. Homeoffice- und Teilzeitregelungen zählen für Kitzmann ebenso zu gesunden Ar- beitsbedingungen wie Angebote zu Achtsamkeit und Resilienz. Und da Menschenmit psychischenBeschwer- den oft Schwierigkeiten haben, einen Therapieplatz zu finden, kooperiert die HPA mit ei- nemexternenAnbieter, umfürMitarbeitende und de- renAngehörige schnelleHilfe zu ermöglichen. Zudem bietet das Health Department drei für die HPA entwickelte Seminare für Führungskräfte an. Im Format „Gesund führen– sichundandere“ reflektieren diese ihr eigenes Gesundheitsverhalten. Das Seminar „Schön, dass du da bist“ befasst sichmit wertschätzen- demMiteinander vor, während und nach einer Krank- heit. Und im Kurs „Wenn Verhalten aus dem Rahmen fällt“ lernen Führungskräfte Krankheitsbilder und ihre eigeneRolle imUmgangmit psychischErkrankten kennen. „Ein wichtiger Aha-Effekt entsteht immer dann, wenn Führungskräfte auf externe Betroffene treffen und diese erzählen, was ihnen im Arbeitskon- text während ihrer Depression geholfen hat“, erzählt Kitzmann. „Grundsätzlich sollten Führungskräftewis- sen, welche starke Vorbildrolle sie haben und welche Einflussfaktorenes inBezug auf Gesundheit gibt.“ Kumst Medien Vermarktungsgesellschaft mbH • Telefon: 040 / 524 72 26-88 • Mail: tanya.kumst@kumst-media.de • www.kumst-media.de Buchen Sie jetzt für die nächsten Ausgaben! HAMBURGER WIRTSCHAFT ANZEIGENBERATUNG Dezember2023/Januar2024A4781 DasMagazinder BILANZ UND PERSPEKTIVEN Sowar2023, sowird2024 Prof.MichaelBerlemann WissenschaftlicherDirektor desHamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) Februar/März2024A4781 DasMagazinder ARBEIT IM WANDEL HamburgerUnternehmen mitneuenKonzepten SilkeGrimm HumanResources DirektorinAllianz Trade Nochbis 19.2., 17Uhr: Handelskammer- Wahl2024 Jetztwählen! (S.12) April/Mai2024A4781 DasMagazinder STARKER MOTOR DerMittelstand treibtHamburgsWirtschaftan AndréSchulte Geschäftsführer WEINMANNEmergency Die nächsten Themen: Nr. 04/24 Fachkräfte (inkl. Aus- und Weiterbildung sowie Firmenmarketing) Nr. 05/24 Start-up Metropole Hamburg Nr. 06/24 Rückschau 2024 /Ausblick 2025 PSYCHISCHE GESUNDHEIT

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