Juni/Juli 2024

Margit Werner, Leiterin von pme Familienservice NORD Frank Fiedler, Geschäftsführer von Motio Lydia Ulferts, Senior Administration Specialist bei Ørsted Senior AdministrationSpecialist LydiaUlferts ko- ordiniert alle Maßnahmen – von der Grippeschutz- impfung über ergonomisches Arbeiten bis hin zum Fahrrad-Leasing. „Unsere Krankenquote ist relativ ge- ring und die Rückmeldung der Mitarbeitenden sehr positiv, da sie die Flexibilität schätzen“, bilanziert sie. „Dadurch, dass unser BGMso breit aufgestellt ist, kön- nen sich alle individuell etwas aussuchen.“ Dochwie können kleinere Unternehmen ein BGM einführen? Frank Fiedler, Geschäftsführer der auf BGM spezialisierten Hamburger Beratungsfirma Mo- tio, empfiehlt: klein anfangen, mal einen Kurs anbie- ten, Erfahrungen sammeln. Durch digitale Tools wie Apps und Videos lassen sich zudem Präventionsein- heiten indenAlltag einbauen, auch imHomeoffice. Für ein umfassendes BGM rechnet er mit Kosten von 150 bis 300 Euro pro Kopf im Jahr. „Kleinere Be- triebe bekommen da erst mal Schnappatmung“, sagt Fiedler. Doch viele wüssten gar nicht, dass es Ko-Fi- nanzierungsoptionen gibt. So las- sen sich etwa steuerliche Vorteile gemäß § 3 des Einkommensteuer- gesetzes erwirken, oder eine Krankenkasse kann die Maßnah- men finanziell unterstützen. Fied- ler plädiert für ein systemisches BGM. Das heißt: Die Gesundheits- förderung ist an die Personal- und Organisationsentwicklung gekop- pelt und fester Bestandteil der Un- ternehmenskultur. „BGM ist eine Haltung, das le- ben wir nach innen und außen“, erklärt Margit Werner, Standort- leiterin des ebenfalls mit dem Ge- sundheitspreis 2024 gekürten pme Familienservice mit rund 50 Beschäftigten. Be- wegungspausen oder die Teilnahme am Hafen-City- Run, kostenloses Bio-Mittagessen undObstschale, das sei selbstverständlich, so Werner. Doch: „BGM darf nicht bloß aus Einzelmaßnahmen bestehen. Wir schauen, was jeder und jede in einer konkreten Le- bensphase braucht.“ Mitarbeitende mit kleinen Kin- dernhaben ganz andereAnforderungen als solche, die kurz vor der Rente stehen. „Wenn etwa ein Angehöri- ger gepflegt werden muss, richten wir eben Bild- schirmundBürostuhl zuHause ein“, erklärtWerner. Essenziell sei: Die Führungskräfte müssen für Information, Transparenz und Kommunikation sor- gen. Ein großer Gesundheitsfaktor ist auch, so Wer- ner, „den Mitarbeitenden Sicherheit im Unterneh- men zu bieten und sie mit ihren Stärken zum Leuch- ten zu bringen.“ Die zweite Herausforde- rung besteht darin, alleGenera- tioneneinzubeziehen. „Die Jün- geren legenmehrWert auf Frei- zeitausgleich, die Älteren den- ken verantwortlicher für alle mit“, sagt Versemann. Die Frage sei: Was können GenZ und Boo- mer voneinander lernen? Das dritte Thema ist die Gesundheit von Frauen, denn diese haben körperlich andere Bedürfnisse als der meist he- rangezogene Durchschnittsmann. „Da können wir im internationalen Vergleich viel lernen“, erläutert Verse- mann. Seit Juni 2023 erlaubt etwa Spanien Frauenmit ärztlich bestätigten Regelbeschwerden, von der Ar- beit fernzubleiben („Menstruationstage“). Und fast ein Viertel der britischen Betriebe unterstützt gezielt Frauen indenWechseljahren. Und schließlich: BGM ist Füh- rungssache. Die Chefetage muss Vorbild sein, aber auch Geld und Ressourcen bereitstellen. Verse- mann ruft dazu auf, im BGM ne- ben den gesetzlich vorgeschriebe- nen Bereichen Arbeitsschutz und Betriebliches Eingliederungsma- nagement vor allem die Gesund- heitsförderung voranzutreiben. BGM-Umsetzung im Betrieb Das global agierende Windener- gieunternehmen Ørsted, frisch ge- kürt mit demHamburger Gesund- heitspreis (siehe Seite 44), setzt auf einen Mix aus firmengesteuertem BGM und Ei- geninitiative. Wenn die Beschäftigten wie jedes Jahr am „MOPO Team-Staffellauf“ teilnehmen wollen, zahlt Ørsted die Anmeldegebühr, Verpflegung und das Team-Shirt. Die 125 Hamburger Mitarbeitenden können zudem aus einem vielschichtigen Angebot wählen: Eine Fitnesstrainerin kommt für Yoga und Rücken- training ins Büro. Durch eine Kooperation mit dem Fitness- studio Hanse-Fit werden sie motiviert, auch extern regel- mäßig Sport zu treiben. Eine „Wellbeing Week“ widmet sich unter anderem gesunder Er- nährung. Und Formate wie ein Buddy-System beim Onboar- ding zahlen auf die soziale und psychische Stabilität ein. BIRGIT REUTHER HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 42 FOTOS: MOTIO GMBH, BINA ENGEL, STUDIOLINE.DE, PADOC BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT D amit BGM effektiv greifen kann, fordert Sportmediziner und Coach Dr. Dirk Lümkemann, der auch im Arbeitskreis für Sportförderung der Han- delskammer mitarbeitet, einen Paradigmenwechsel: weg von der gefühlten Ef- fektivität einzelner Maß- nahmen hin zu einem evi- denzbasierten BGM. Und weg vom „Healthwashing“, mit dem einzelne Betriebe sich möglicherweise einen fürsorglichen Anstrich verleihen, zugunsten der gezielten Förderung gesunden Verhaltens. „Ei- genverantwortung“ ist für ihn das Schlüsselwort. Das heißt: Individuelles Gesundheitscoaching soll die Beschäftigten befähigen, ihre Gewohnhei- ten zu verändern – also ihr Krankheitsrisiko zu verringern, ihre Fitness zu erhöhenund somit pro- duktiver zu sein. Dabei stützt sich Lümkemann auf Studien, die ausreichende Bewegung, ausgewogene Ernährung, Nikotinverzicht, risikoarmen Alkohol- konsumund gute Stressbewältigung als Grundlage eines gesundenLebensstils ermittelt haben. „Die Auswirkungen eines modernen Gesund- heitsmanagements gehen über die Arbeitswelt hi- naus und verbessern die Lebensqualität der Mitar- beiter insgesamt“, so der Experte. Wichtig ist ihm, dass „ausschließlich wissenschaftlich begründete Maßnahmen zum Einsatz kommen“ und die Be- triebedenNachweis erbringen, dass einProgramm den Gesundheitszustand tatsächlich verbessert hat. Der positive Effekt eines solchen BGMbesteht für ihn darin, dass die Beschäftigten „nicht mehr nur passiv auf Veränderungen der Arbeitsbedin- gungen warten, sondern aktiv an der Entwicklung ihrer Leistungsfähigkeitmitwirken“. (br) Plädoyer für mehr Eigen­ verantwortung Sportmediziner und Coach Dr. Dirk Lümkemann vertritt ein wissenschaftlich basiertes BGM. Dr. Dirk Lümkemann, Inhaber von padoc – health & productivity management JETZT ANGEBOT EINHOLEN WWW.HK24.DE FIRMEN AKTIVITÄTEN

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz