Juni/Juli 2024
müssen diese Chance nutzen, statt die Fläche nur zu kleinteilig zu entwickeln. Wir haben ja das Thema Effizienz im Containerumschlag, der Hamburger Hafen ist zu teuer. Ist der MSC-Einstieg bei der HHLA die Lösung? Das ist vielleicht ein Anfang, der Versuch, mehr Effizienz im Hafen zu erreichen. Insgesamt wird das aber nicht reichen. Was müsste getan werden? Wir müssen mehr Wettbewerb in den Hafen bringen und eine Veränderungsbereitschaft erzeugen. Das geht nur, indem man neue Firmen auf neuen Flächen ansiedelt und vielleicht sogar ein neues Terminal baut. Denn die jetzigen Terminals liegen techno- logisch offenbar weit hinter denen in Rotterdamund Antwerpen. Wasserstoff, KI in der Logistik, autonome Mobilität: Bei all diesen Themen, die auch den Hafen betreffen, hat Ham- burg große Stärken, auf denen wir aufbauen können. Aber dafür brauchen wir Fachkräfte. Wo würdest du da gerne Schwerpunkte setzen? Wir brauchen Arbeitskräfte in allen Bereichen. Aber wir müs- sen sie auch irgendwie unterbringen. Von dem Projekt, jedes Jahr 10000 neue Wohnungen zu bauen, ist leider wenig übrig- geblieben. Viele Menschen können deshalb nicht nach Ham- burg kommen. Und andere ziehen weg, weil sie sich Hamburg nicht mehr leisten können. Wohnungsbaupolitik ist also eines der zentralen Themen. Auch die vielen Verantwortlichen aus dem Immobilienbereich in unserem Plenum beklagen die feh- lendenWohnungen, auch speziell für Azubis. Ja, früher kam etwa die Hälfte der Azubis aus dem Um- land, heute deutlich weniger. Wir müssen in den Schulen für die berufliche Ausbildung wer- ben und unsere Strategie „lebenslanges Lernen“ weiter aus- bauen. Wir müssen hier Weiter- und Fortbildung betreiben, und wir müssen es jungen Menschen ermöglichen, nach Ham- burg zu kommen, auch aus anderen Ländern. Daher reden wir mit der Bundesregierung über ein gemeinsames Wohnungs- bauprogramm. Manche Firmen schaffen jetzt Betriebswoh- nungen. Doch alle diese Dinge müssen gemeinsam und vor al- lemmit demHamburger Senat auf denWeg gebracht werden. Eine gesunde gesell- schaftliche Entwicklung beginnt mit einer qualifizierten Aus- und Weiterbildung in Schule und Universität. PROF. NORBERT AUST 16 HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE IM PODCAST NORBERT AUST Welche Schwerpunkte hast du dir für die nächsten Jahre vorge- nommen? Mit unserer Strategie „Hamburg 2040“ sind wir auf einem richtigen Weg, und sie wird einer unserer we- sentlichen Orientierungspfade blei- ben. Natürlich möchte ich auch ger- ne die Bedeutung der Kultur in dieser Stadt ein wenig nach vorne bringen. Kultur und Wissenschaft sind das, was Hamburg zu einem Sehnsuchtsort für viele Menschen macht. Das ist eine große Chance für Hamburg insgesamt. Ich dachte, du sagst jetzt noch mal etwas über Olympia. Ach so, ja, natürlich. Die Olympischen Spiele wären eine rie- sengroße Chance gewesen. Aber ich bin nicht sicher, ob es sie künftig noch in der bisherigen, national begrenzten Form ge- ben kann. Das wird sich die Bundesrepublik gar nicht leisten können. Aber ich fände es sehr wichtig, dass sie auch in Europa stattfinden. Eine internationale Bewerbung mit Kopenhagen und Südschweden hätte eine große Chance. Zumal mit der Feh- marnbeltquerung mit Norddeutschland, Dänemark und Süd- schweden ein ganz neuerWirtschaftsraumentstehenwird. Die Olympischen Spiele 2040 würden da genau reinpassen. Noch eine persönliche Frage zum Abschluss. Welche Ge- danken hast du zur schwierigen aktuellen Situation? Wie blickst du in die Zukunft? Trotz allem blicke ich blicke sehr positiv in die Zukunft – viel- leicht auch deswegen, weil ich schon einiges erlebt habe. Etwa den Aufbruch Ende der 1960er-Jahre, als ich hier in Hamburg studiert habe, oder die Wiedervereinigung, die wirtschaftli- chen Veränderungen in Europa mit der Einführung des Euro. Zurzeit stehen wir wieder vor einer großen Belastung durch weltpolitische Veränderungen. Das kann einemAngst machen, darf es aber nicht. Die Begeisterung der jungen, nachwachsen- den Generation, die ich zum Beispiel auf dem vorhin erwähn- ten Cheftreff erlebt habe, lässt hoffen, dass wir die Zukunft und ihre großen neuen Probleme erfolgreich bewältigen können. Und zwar so, dass wir weiterhin eine attraktive und lebenswer- te Stadt mit einem Gemeinwesen sowie in Deutschland als auch in Europa sind. Wir wissen nicht, was kommt. Aber ich denke, Achtsamkeit, Resilienz, Vertrauen in die Zukunft und in uns werden uns helfen. Das ist ein tolles Schlusswort! Ganz herzlichen Dank für diesen Ausdruck, der Mut macht, und für das abwechs- lungsreiche Gespräch. Hinweis: Ein ausführlicheres Gespräch zwischen Aust und Heyne finden Sie im „Hamburg 2040“-Podcast, der unter www.linktr.ee/hamburg2040 abrufbar ist. Der Wortlaut wurde hier redaktionell bearbeitet und stark gekürzt. Dr. Malte Heyne (li.) im Gespräch mit Prof. Norbert Aust • • • • • HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE IM PODCAST NORBERT AUST
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