April/Mai2024

Neben der Liquidität sind die Mitarbeiter das Wich- tigste für ein Unternehmen. Unserem Unterneh- men geht es gut, weil wir einfach ein super Team haben, das gute Arbeit leistet. Undwenn das gelingt, kann man auch darüber sprechen. Das machen wir mittlerweile, nicht nur in den sozialen Medien. Wir haben entsprechende Employer-Branding-Konzep- te. Wir zeigen authentische Videos von den Mitar- beitern. Ich glaube, das merkt man auch. Und damit ist unser Fachkräfteproblem weniger groß als viel- leicht bei vielen anderen. Wir kriegen nach wie vor viele Bewerbungen, zum Beispiel auch auf schwieri- ge Stellen in der Regulatorik, weil die Mitarbeiter, glaube ich, gerne zu uns kommen. Wir haben hier ein gutes Arbeitsklima und natürlich auch ein tolles Thema – Menschenleben retten. Wir funktionieren als Unternehmen nur so gut und sind auch nur so innovativ wie jeder, der da mitspielt, vom Empfang über die Buchhaltung bis in die Logistik. Apropos Regulatorik: Die Wirtschaft ächzt un- ter Bürokratielasten. Die haben eine ganz be- sondere Dimension bei Medizinprodukten. Was belastet Sie da konkret, und welche wirtschaft- lichen Konsequenzen hat das? Regulatorik ist eine Chance, aber natürlich auch eine Last. Eine Chance, denn wenn Dinge anerkannt sind, vielleicht sogar weltweit, kann man Sachen standar- disieren und vereinfachen. 1998 hat uns das CE- Kennzeichen dazu verholfen, nach Europa zu gehen. Wenn die Dinge, die wir in Europa jetzt mit derMedi- cal Device Regulation (MDR) machen, auch interna- tional anerkannt wären, wäre das ein toller Weg aus Europa indieWelt. Heutemüssenwir regional eigene Zulassungen beantragen: Wenn wir hier in Europa mit einem Produkt und einer Zulassung fertig sind, fangen wir in Amerika, China und Japan wieder an. Andererseits schreibt die MDR vor, dass die Pro- dukte, die schon seit 30 Jahren im Markt sind, neu zugelassen werden müssen. Also nach neuen Verfah- ren, nach neuem Stand der Technik. Das ist ein un- heimlicher bürokratischer Aufwand für bewährte Lösungen. Und daher gibt es Produkte, die wir dem- nächst in Europa nicht mehr vermarkten, jetzt aber im Rahmen eines Joint Ventures in China fertigen und daweiter vermarkten, weil sie gut sind und funk- tionieren. Sie sind am Markt anerkannt, sie werden genutzt, aber wir werden sie in Europa nicht mehr vertreiben dürfen. Schon ein bisschen paradox. Sind die Antragsprozesse in Deutschland und Europa besonders effizient oder langwierig im Vergleich zu anderen Ländern? Die Deutschen sind ja sehr korrekt. Ich glaube, des- halb sind wir auch so stark, und deshalb hat unser Mittelstand so viele „Hidden Champions“ mit guten Ideen und Produkten, die sie in die Welt tragen. Un- sere Kunden schätzen die hohe Qualität unserer Produkte. Und wenn wir das in der Regulatorik gut abbilden, kann das ein Asset sein. Wir müssen aber beimAbwägen, was wir regulatorisch tun, noch aus- gewogener werden. Der heute betriebene Aufwand führt zu stark steigenden Kosten, die irgendwann nur schwer zu bewältigen sind und uns vor allem im internationalenWettbewerb einschränken. Ich bin ehrenamtlich auch Beiratsvorsitzender eines der großenAusschüsse des Deutschen Instituts für Normung. Und natürlich muss man sich überle- gen: Wofür können wir noch Normen machen? Also muss man noch mal irgendwas normen, was man vielleicht nicht braucht, weil das Normen einfach da- zugehört? Und da sage ich: Augenblick mal, wem hilft das? Was für eine therapeutische Konsequenz hat das? Was für einen Nutzen stiftet das? Muss ich das jetzt wirklich tun? Also Bürokratie kann gut sein, darf nicht überbordend sein; und es gilt, diese Ba- lance wieder zu finden. Und ich glaube, da sind wir imMoment auf dem falschenWeg. Natürlichmachen wir, wenn wir die Bürokratie abbauen wollen, erst mal ein Bürokratieabbaugesetz, das wieder Arbeit kreiert. Wir müssen an dieses Thema ran, es uns ein- fachermachen. Denn ich glaube an den ehrbaren Un- ternehmer. Wir wissen recht gut, wie wir unsere Un- ternehmen zu Erfolg führen, Arbeitsplätze sichern und damit gute Dinge machen, davon bin ich fest überzeugt. Eine letzte Frage: Was muss passieren, damit der Gesund- heitsstandort Hamburg wei- ter wächst? Die Medizintechnik ist nur ein kleiner Teil der Gesundheits- wirtschaft. Und es gilt, sich das Cluster genau anzugucken und hinzuschauen: Wie sind die Be- dingungen? Wenn man es rich- tig darstellt, findet man auch Fachkräfte. Denn wir sind eine total attraktive Branche, die es immer geben wird, weil Gesundheit jeden Men- schen umtreibt. Ich glaube, dass wir das ganze The- ma internationaler denken müssen, nicht zu klein denken. Lieber Hamburg, norddeutsch oder viel- leicht noch größer. Hinweis: Aus Platzgründen wurde der Wortlaut des Podcasts stark gekürzt und zudem redakti- onell bearbeitet. Den vollständigen Podcast fin- den Sie unter www.linktr.ee/hamburg2040 Kammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Malte Heyne (li.) im Gespräch mit André Schulte 27 HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE PERSÖNLICH ANDRÉ SCHULTE

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