April/Mai 2023

← Lars Haider (53) Chefredakteur Hamburger Abendblatt Sie sind ein war- nendes Beispiel für alle, die glauben, Medienunterneh- men genauso füh- ren zu können wie jede andere Firma. Journalismus ist nicht ein x-beliebiges Produkt, das man nach Rendite und Wachstumschancen beurteilen kann. Es geht, auch wenn das pathe- tisch klingt und nicht so leicht zu fassen ist wie ein EBITDA, um die Demokratie und die Gesell- schaft. Wer ein Medienhaus leitet oder besitzt, hat eine Verantwortung, die weit über Zahlen hinausgeht, und sollte sich dieser Verantwortung bewusst sein – was sich die meisten Verlegerin- nen und Verleger, das ist die gute Nachricht, nach meiner Erfahrung auch sind. ↓ Dr. Katharina Schaefer (47) Geschäftsführerin Hamburg Media School Hamburg zeichnet sich durch eine aktive Digital- und Medien- landschaft aus. Dazu gehört na- türlich auch RTL. Die Einschnitte sind bitter. Aber RTL und Bertels- mann können auch viel Potenzial für den Standort Hamburg haben. Wir müssen gemeinsam daran ar- beiten, dass die angekündigten 80 Millionen Euro nur der Beginn von umfassenden Investitionen in zukunftsfähige Geschäftsmodelle am Standort Hamburg durch RTL und den gesamten Bertelsmann- Konzern sind. Davon könnten dann in Zukunft alle profitieren. ↑ Tanya Kumst (56) und Mathias Forkel (53) Geschäftsführer VKM Verlagskontor für Medieninhalte GmbH Alle Unternehmen müssen aktuell schauen, wie sie noch wirtschaftlich arbeiten können. Da macht RTL keine Ausnahme. Wir finden es richtig zu prüfen, ob ein Magazin wie die „Brigitte“ tat- sächlich elf Line Extensions (Ableger) benötigt. Wichtig ist, dass am Ende Jobs nachhaltig gesichert werden und Einschnitte nicht auf Kos- ten und zulasten der Gesundheit verbleibender Mitarbeiter gehen. Dass die Axel Springer Grup- pe einen ähnlichen Weg beschreiten wird, ist schade, aus wirtschaftlichen Erwägungen aber leider nachvollziehbar. ← Michael Grahl (63) Vors. Geschäftsführung Sat.1 Norddeutschland GmbH Eine vorhersehbar falsche Unternehmens­ strategie, gewürzt mit überzogenen Rendite- erwartungen und einer überraschenden Prise Fantasielosigkeit sind die Hauptzutaten dieses bitteren Cocktails. Bitter auch die späte Erkenntnis, dass sich digitaler Wandel schneller vollzieht, als nachhaltige Geschäftsmodelle entwickelt und Systeme, die keine Veränderung mögen, zukunftsfähig gemacht werden können. Auch der Medienstandort Hamburg sollte daraus lernen. Transformation kümmert sich nicht um Tradition. ↑ Hermann-Dieter Schröder (66) Associated Researcher Leibniz- Institut für Medienforschung Hans-Bredow-Institut Die Auflagen sinken stetig; wir er- leben den Niedergang der Publi- kumszeitschriften. Ihr Geschäfts- modell war und ist die Spezialisie- rung des Angebotes. Aber das bietet heute auch das Internet, mit noch mehr Variationen und geringeren Preisen. Für den Medienplatz Hamburg ist diese Entwicklung dann besonders schmerzhaft, wenn bei Zeitschrif- ten nicht nur der traditionelle Verbreitungsweg wegfällt, son- dern wie jetzt im Falle von RTL auch ein anspruchsvolles journa- listisches Angebot ganz ver- schwindet. Welche Auswirkungen haben die Einschnitte bei RTL (ehemals Gruner + Jahr) auf den Medienstandort Hamburg? HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 60 FOTOS: ANDREAS LAIBLE, TIM HOPPE, LEIBNIZ-INSTITUT FÜR MEDIENFORSCHUNG/DAVID AUSSERHOFER, JOHANNA ZOBEL (2), SEBASTIAN ISACU NACH GEFRAGT

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