FEBRUAR/MÄRZ 2025
TORSTEN MEISE Hamburg mischt mit Bauen ohne Beton ist heute kaum noch denkbar. Zugleich hat dieser Baustoff eine katastrophale Klimabilanz. Wege aus dem Dilemma werden dringend gesucht – und auch in Hamburg entwickelt. Bei der AUG.-PRIEN-Tochter blu kommt unter anderem sogenannter „Geopolymerbeton“ zum Einsatz. Bauen mit Holz Hamburg hat sich zu einem Hotspot für ambitionierte Holzbauten ent- wickelt. Mit dem „Roots“ steht in der HafenCity zum Beispiel Deutschlands höchstes Holz- hochhaus. Das 65 Meter hohe Ge- bäude, seit 2024 fertiggestellt, be- herbergt 128 indi- viduelle Eigen- tumswohnungen auf 19 Stockwer- ken. Zahlreiche weitere Neubau- ten in Hamburg nutzen die Res- source Holz, um ihren CO2-Fußab- druck zu verrin- gern. Die Verwen- dung von Holz bei Nichtwohngebäu- den kann auch von der IFB Hamburg bezuschusst wer- den, wenn be- stimmte Voraus- setzungen erfüllt sind. Mehr Infos u nter www.t1p.de/ ifb-holzneubau auf dem OTTO-WULFF-Firmengelände in Billstedt, wo mit der sogenannten „Musterbude“ ein Gebäude aus diversen Varianten entstand. Durchgesetzt hat sich eine spezielle Mischung, die zu etwa 70 Prozent aus mineralischem Abfall be- steht und durch ihre Eigenschaften absolut praxis- tauglich ist. Bereits bewiesen wurde das beim Neu- bau eines Schulgebäudes in Eilbek, das im Frühjahr 2024 Richtfest feiern konnte. In einem deutlich grö- ßeren Umfang wird der klimaschonende Beton schon bald eingesetzt, wenn das Wilhelmsburger Rathausviertel entsteht. Dort wird OTTOWULFF ihn zumBau von 185Wohneinheiten nutzen. UBS4, hinter dieser etwas kryptischen Abkür- zung steckt der von „blu by AUG. PRIEN“ realisierte Bau von 71 öffentlich gefördertenWohnungen in zen- traler Lage von Norderstedt. Das gesamte Projekt ist darauf ausgelegt, den CO2-Fußabdruck zu reduzie- ren, sowohl imBetrieb als auch bereits beimBau. Neben recyceltem Klinker oder nachhaltigen Strohbauplatten kam bei dem Holz-Skelettbau soge- nannter „Geopolymerbeton“ zum Einsatz. Statt Ze- ment enthält dieser Bindemittel auf Basis industriel- ler Nebenprodukte wie Hüttensand und Flugasche. Dies verbessert die CO2-Bilanz deutlich. Die Einspa- rung liegt bei bis zu 75 Prozent im Vergleich zu her- kömmlichem Beton. Geopolymerbeton gilt deshalb als spannende Alternative. „Für dieses Projekt haben alle an einem Strang gezogen, bis hin zu der Einzelgenehmigung für den zementfreien Beton“, sagt blu-Geschäftsführer Cars- ten Joost. Er würde sich wünschen, dass der Nach- haltigkeitsgedanke bei Hamburger Bauprojekten stärkeres Gewicht bekäme, „und zwar nicht nur bei Leuchtturm-, sondern auch bei Massenprojekten“. Chancen dafür sieht er derzeit vor allem bei ge- werblichen Projekten, wo der Wert von Immobilien auch durch Zertifizierungen wie die der „Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V.“ (DGNB) ge- steigert wird. Die notwendige Bereitschaft, für besse- ren Klimaschutz auch höhere Materialkosten in Kauf zu nehmen, schätzt Joost angesichts massiv gestiege- ner Baupreise derzeit allerdings als eher gering ein. D er CO2-Ausstoß der Bauindustrie ist ein gro- ßes Thema beim Klimaschutz. Vor allem die Herstellung von Zement, zentraler Bestand- teil von Beton, ist für acht Prozent der globalen CO2- Emissionen verantwortlich. In der Bauindustrie ist der Baustoff jedoch nicht zu ersetzen. Deshalb ist die Suche nach „grünem“ Beton eine der großen Heraus- forderungen in der Klimapolitik. Gleich zwei Hamburger Unternehmen ließen dabei in jüngster Zeit aufhorchen: Während die 2022 gegründete AUG.-PRIEN-Tochter blu in Norderstedt erstmals in Deutschland zementfreien Beton im Wohnungsbau verwendet, treibt die Bauunterneh- mung OTTO WULFF die Entwicklung und Nutzung von Recyclingbeton voran. Dieser entstand imRahmen des EU-Forschungs- projektes „CIRCuIT“, an dem neben der Technischen Universität Hamburg (TUHH) auch mehrere nord- deutsche Firmen wie OTTO DÖRNER oder EGGERS Tiefbau beteiligt waren. Getestet wurde das Material HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 50 FOTO: BLU BY AUG. PRIEN GRÜNER BETON
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