FEBRUAR/MÄRZ 2025
Pflichten Ob Einwegkunst- stofffonds-, Kreis- laufwirtschafts-, Batterie- oder Verpackungsge- setz: Betriebe müssen zahlreiche gesetzliche Pflich- ten im Hinblick auf Abfallvermeidung oder -recycling beachten. Einen Überblick finden Sie unter www. hk24.de/kreislauf wirtschaft FELIX SCHOEN novativen Ideen. Seit 20 Jahren verarbeitet etwa Lo- ckengelöt imKaroviertel Ölfässer, ausgediente Skate- boards oder alte Vinyl-Schallplatten zu ausgefallenen Design- und Möbelstücken wie Hausbar-Vitrinen, Stehtischen, Leuchten und Eierbechern – ein schö- nes Beispiel für gelungenes Upcycling. „Seit 2018 ha- ben wir etwa 1600 Bretter recycelt“, sagt Mitgründer und Mitinhaber Carsten Trill. Das vierköpfige Team nutzt 35 Skateboard-Sammelpartner in Deutschland und fertigt alle seine Kreationen vonHand. Seit 2011 entstehen die Alltagskunstwerke in ei- ner eigenen Werkstatt in Ochsenwerder – darunter auch Möbel aus Ölfässern. „Abholen, säubern, auf- schneiden, pulverbeschichten, zusammensetzen, verpacken“, beschreibt Trill die Arbeitsschritte. „In- zwischen haben wir 30 Modelle in 17 Farben und mit neun Holzsorten. Häufig werden aus Kundenwün- schen neue Serienprodukte.“ Seine Überzeugung: „Wir retten nicht die Welt, aber wir wollen mit unse- ren Produkten zeigen, dass es Spaß macht, wenn man Dinge wiederverwertet oder zweckentfremdet.“ Die Kraft von Lignin Welches Potenzial vermeintliche Abfallstoffe bieten, zeigt auch das mehrfach preisgekrönte Start-up Lignopure, das aus einem Forschungsprojekt an der TU Hamburg entstand. Die drei Gründerinnen set- zen auf den natürlichen Rohstoff Lignin, der in der Zellstoff- und Bioraffinerie-Industrie in großenMen- gen als Nebenprodukt anfällt und meist einfach ver- brannt wird. Dabei ist der Stoff zum Beispiel perfekt für Haut- und Sonnencremes geeignet, betont Ligno- pure – schließlich wirkt er entzündungshemmend, antioxidierend und antimikrobiell und schützt vor UV-Licht. „Wir haben ein industriell skalierbares Konzept zur Trocknung des Lignins und zur Herstellung der idealen Partikelgröße und -form entwickelt“, erzählt Mitgründerin und CTO Dr. Wienke Reynolds. Mit dieser patentierten Technik produziert das Start-up seit 2022 die Inhaltsstofflinie LignoBase in Buxte- hude. Die Vorteile laut Lignopure: Der Stoff verbes- sert deutlich den Sonnenschutz, erzeugt keinen Weißfilm auf der Haut, garantiert ein schönes Haut- gefühl und riecht angenehm. „Kosmetikhersteller können LignoBase von unseren Vertriebspartnern beziehen und in ihren Produkten einsetzen“, erklärt Reynolds. „Wir rechnen fest damit, dass 2025 die ers- ten kosmetischen Produkte mit LignoBase kommer- ziell verfügbar sein werden.“ Weitere Lignin-basierte Produkte sind in Planung. Plastikalternative aus Getreideresten Für Bio-Kunststoff engagieren sich die rund 60 Mit- arbeitenden des 2020 gegründeten Hamburger Die Firma Lockengelöt verwandelt Ölfässer in Hausbars. Start-ups traceless. „Wir nutzen einen nachwach- senden Rohstoff, der als Reststoff in der Agrarin- dustrie anfällt“, erklärt Mitgründerin und Ge- schäftsführerin Dr. Anne Lamp. „Das spart Res- sourcen und vermeidet mögliche Konflikte mit der Nahrungsmittelproduktion.“ Statt Lebensmitteln wie Maisstärke oder Zuckerrohr nutzt traceless für seine Plastikalternative Pflanzenreste aus der in- dustriellen Getreideverarbeitung – etwa aus Braue- reien und der Stärke- oder Bioethanol-Herstellung. In Buchholz in der Nordheide stellt es daraus ein Granulat her, das sich einschmelzen und umformen lässt, zumBeispiel zu Einwegbesteck. Wie bei Li- gnopure entstand die Idee zu dem patentierten Ver- fahren an der TU Hamburg. Unter- nehmen wie die Otto Group und Lufthansa haben bereits Interesse angemeldet. In der zweiten Jah- reshälfte 2025 soll eine weitere An- lage in Harburg die Produktion aufnehmen. Mit Pflanzenkohle CO2 binden Ganz auf Pflanzenkohle setzt Circular Carbon. Das Unternehmen produziert diese in einer Pyrolyse- Anlage im Hafen aus Kakaobohnenschalen; der Ka- kaohersteller und Schalenlieferant nebenan nutzt den entstehenden Dampf für seine Produktion und spart damit Erdgas. „2023 haben wir rund 1500 Ton- nen Pflanzenkohle verkauft, größtenteils an die Landwirtschaft“, sagt Geschäftsführer Erik Zerna. Doch das Potenzial von Pflanzenkohle ist weit- aus größer. „Weltweit gibt es rund drei Milliarden Tonnen ungenutzte Biomasse“, führt Zerna aus. Bei einer kompletten Umwandlung in Pflanzenkohle könnte das rund 1,5 Milliarden Tonnen CO2-Äquiva- lent ergeben. Im Boden eingearbeitet, bindet die Pflanzenkohle Kohlenstoff und entzieht der Atmo- sphäre damit langfristig CO2. „Das Verfahren ist eine sofort einsetzbare, aber weithin unterschätzte Schlüsseltechnologie für die Dekarbonisierung von Industrieprozessen und das Erreichen von Negativ- emissions-Zielen“, ist Zerna überzeugt. Weitere An- lagen seien bereits in Planung. WWW.HK24.DE RESSOURCEN EINSATZ 39
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