FEBRUAR/MÄRZ 2025
sind wir nah an unseren Märkten und Partnern, ha- ben eingespielte Logistikprozesse und finden hoch ausgebildeteMitarbeiterinnenundMitarbeiter. Den- noch brauchen wir auch in Zukunft die richtigen Rahmenbedingungen, umweiter erfolgreich zu sein. Welche wären das? Dazu gehören vor allem zuverlässige Energielieferun- gen zuwettbewerbsfähigenPreisen – insbesondere ein attraktiver „All in“-Strompreis –, weniger bürokrati- sche Hürden und schnellere, transparente Genehmi- gungsverfahren. Und natürlich sind wir auch von ei- nemstarkenKundenmarkt abhängig, wir sitzenhier ja nicht auf der Insel der Glückseligen. Eines unserer Werke liefert zu 50Prozent andieAutomobilindustrie, und so hat deren Krise auch einen Einfluss auf uns. Es ist derzeit nicht alles rosig, weshalb wir unser Port- folio ständig daraufhin abklopfen, was wo besser läuft. Zum Beispiel? Zum Beispiel im Seekabelsektor können unsere Produkte mittlerweile einen guten Beitrag leisten. Insofern sind wir zwar in der glücklichen Lage, bes- tens ausgelastet zu sein. Aber um auch in Zukunft voranzukommen, befinden wir uns ständig mit der lokalen oder Bundespolitik im Austausch, um die Situation der Industrie weiter konstruktiv zu ver- bessern. Wir suchen gemeinsam nach Lösungen, anstatt zu meckern. Wie ist Aurubis von all den anderen Disruptio- nen weltweit betroffen? Wir sind von alldem jedenfalls nicht unbetroffen. Seit Covid haben die Krisen sich anders als früher ja nicht mehr abgelöst, sondern überlagert. Haben Sie wie ich noch das Bild vom Tanker im Kopf, der quer im Suez-Kanal lag? Mit Rohstoffen für Aurubis? Zum Glück nicht, aber mit Auswirkungen auf unsere Prozesse und Planungen sehr hochwertiger Produkte, die wir verarbeiten. Hier haben wir stets ein waches Auge und bemühen uns, schnell alternative Lösungen zu finden. Gleiches gilt natürlich auch für den Ukrai- ne-Krieg, dermich nicht nur als Vorstand eines Indus- trieunternehmens mit internationalen Lieferketten belastet, sondern auch als Mensch. Und die letzte Cy- berattacke auf Aurubis ist noch gar nicht so lange her. War sie folgenschwer? Zum Glück ist sie sehr glimpflich abgelaufen, dank guter Schutzmechanismen und unseres Experten- teams, das sehr schnell und richtig reagiert hat. Ge- holfen hat uns in der Situation auch, dass sich der Angriff knapp vor dem Wochenende ereignet hatte, was uns genügend Zeit zur Behebung gegeben und Montag schon wieder kommunikationsfähig ge- macht hat. All das ist natürlich störend, aber wir ler- nen auch daraus für die Zukunft und werden stress- resilienter. Schließlich brauchtman keine Glaskugel, um zu ahnen, dass die Krisen nicht weniger werden. Bei Cyberattacken gilt es, Schritt zu halten und An- greifernmöglichst sogar einen voraus sein. Setzt Aurubis beimVersuch, Krisen und Konkur- renz zu trotzen, auf Diversifizierung oder das alte Kerngeschäft mit Metallen, besonders Kupfer? Ein Eckpfeiler unseres soliden Geschäftsmodells ist unser diversifiziertes Lieferantenportfolio. Wir er- halten Kupferkonzentrate von bis zu 50Minen-Part- nern imWesentlichen aus Ländern wie Chile, Peru, Brasilien oder Bulgarien. Altkupfer undmetallhalti- ge Recyclingrohstoffe erwerben wir überwiegend im europäischen und nordamerikanischen Markt von bis zu 500 Geschäftspartnern. Mit allen Part- nern haben wir bereits langfristige Lieferverträge und eine solide Beziehung – oder streben sie ge- meinsam an. Dies macht uns unabhängiger von Dis- ruptionen einzelner Bereiche. Gleiches gilt auch für unsere Kunden, wo wir neben unseremStamm stets über den Tellerrand auf neue Märkte und Branchen blicken. Wir stehen insgesamt auf breiten Beinen. Kupferdraht zum Beispiel produzieren wir in vier europäischen Regionen und sind daher weniger stö- rungsanfällig, also immer lieferfähig. Am Zentralstandort Hamburg werden Sie aber langfristig festhalten? Mir sind keine Pläne bekannt, daran etwas zu ändern. Wir haben hier in knapp 160 Jah- ren tiefe Wurzeln gesetzt. Und Hamburg ist nicht nur logistisch ausgesprochen gut angebunden, sondern im deutschen, aber auch euro- päischen Vergleich eine aus- gesprochen attraktive Univer- sitäts- und Hafenstadt, wo wir leichter gut qualifizierte, hochmotivierteMitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden als anderswo. Unsere Ausbil- dungsjahrgänge sind gut gefüllt. Wie lautet angesichts dieser Situation Ihre Pro- gnose im Jahr 2025 für Aurubis und Sie selbst? Ich freuemich auf ein spannendes Jahr!Wir sind seit dem vergangenen Jahr im Vorstandsteam neu aufge- stellt, haben unterschiedliche Fähigkeiten und Er- fahrungen und blicken gemeinsam nach vorne, um Aurubis bestmöglich und erfolgreich aufzustellen. Tim Kurth (li.) im Gespräch mit Jan Freitag 29 PERSÖNLICH TIM KURTH WWW.HK24.DE
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