FEBRUAR/MÄRZ 2025

Sollte es rund drei Jahre nach dem letzten Lock- down wieder mehr Präsenzpflicht in Büros geben? Mehr Effizienz in der Büroumgebung Katharina Delfs (40), Niederlassungsleiterin und Prokuristin Delfs & Associates GmbH Trotz der Vorteile des flexiblen Arbeitens von zu Hause aus spricht vieles dafür, wieder mehr Büro- präsenz einzufordern. Denn vor Ort lassen sich zahl- reiche Herausforderungen oft bessermeistern. Ein zentraler Punkt ist die Ausnutzung von Ver- trauen. Die Arbeit im Homeoffice setzt auf Eigenver- antwortung und Integrität, doch Studien zeigen, dass dieses Vertrauen leider nicht immer gerechtfertigt ist. Nicht wenige Arbeitnehmer berichten von abnehmen- der Produktivität und Schwierigkeiten, sich zu fokus- sieren. Im Büro hingegen ist die Arbeitsatmosphäre präsenter, klare Strukturen und eine sichtbare Ar- beitsmoral sorgen fürmehrDisziplinundEffizienz. Darüber hinaus profitiert das Teamgefühl von mehrPräsenz.DiebessereAbstimmungundHarmonie im Team sind essenziell für erfolgreiche Projekte. Ge- rade informelleGespräche anderKaffeemaschine oder spontane Brainstormings fördern Kreativität und stär- ken den Zusammenhalt. Virtuelle Meetings können diesendirektenAustauschnurunzureichendersetzen. Auch aus wirtschaftlicher Perspektive ist eine Rückkehr ins Büro von Vorteil. Die Effizienz undWirt- schaftlichkeit sind in der Büroumgebung meist besser. Technische Probleme, die imHomeoffice häufig auftre- ten, könnenvorOrt schneller gelöstwerden. Nicht zuletzt würde eine stärkere Präsenz im Büro auch die Wirtschaft ankurbeln. Lokale Ge- schäfte wie Cafés, Restaurants und der Einzelhandel profitieren von Arbeitnehmern, die vor Ort sind. Zusammengefasst: Mehr Büropräsenz bedeutet nicht nur, das Vertrauen in verantwortungsbewusstes Arbeiten zu stärken, sondern fördert auch das Team- gefühl, die Effizienz und die wirtschaftliche Dynamik. Die Vorteile überwiegen klar – für die Unternehmen, dieMitarbeitendenunddieGesellschaft insgesamt. Nicht das richtige Mittel Christoph Gröne (43), Gründer und Geschäftsführer GastroRocket GmbH In vielen Firmen hat sich seit 2022 eine Arbeitswelt etabliert, die drei bis vier Tage Anwesenheit pro Wo- che im Büro vorsieht. Einige Unternehmen fordern nun wieder den Status von 2019 zurück, also fünf Tage Präsenzzeit. Das jedoch ist nicht das richtige Mittel. Der Corona-Lockdown hat eindrucksvoll be- wiesen, wie effektiv Remote-Arbeit sein kann. In die- ser Zeit berichteten wenige Unternehmen von Pro- duktivitätseinbußen durch das Homeoffice. Im Ge- genteil – viele Mitarbeiter waren dankbar, ohne die typischen Ablenkungen imBüro arbeiten zu können. Gleichzeitig ermöglicht das Homeoffice eine bes- sere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Durch den Wegfall von Pendelzeiten leidet auch die Arbeits- qualität nicht. Neben diesen individuellen Vorteilen bringt Remote-Arbeit auch finanzielle Ersparnisse. Bei GastroRocket etwa konnten wir unsere Büromieten undBetriebsausgabenauf dieseWeise senken. Es bleibt das richtige Argument, dass Büros für kreativen Austausch unverzichtbar sind. Das ist je- doch eine Frage der Organisation. Bei GastroRocket haben wir zum Beispiel das Konzept des „meeting- freien Mittwochs“ eingeführt. An diesem Tag gibt es weder interne noch externe Meetings. Das hat einen schlichten wirtschaftlichen Grund: Unsere Mitarbei- ter brauchen Zeit und einen vorgegebenen Rahmen, um sich Inhalten an einem Tag der Woche vollum- fänglich widmen zu können. Nur so entwickeln wir die Konzepte, die unsmorgenwirklich voranbringen. Wir legen den Fokus nicht auf die physische An- wesenheit, sondern auf die Ergebnisse, die erzielt werden. Vertrauen und Eigenverantwortung bewir- ken mehr als starre Vorgaben. Die Arbeitswelt im Jahr 2025 ist hybrid – pauschale Regelungen werden der Vielfalt der Arbeitsrealitäten nicht gerecht. Ein gesetzlich ver- ankertes Recht auf Homeoffice besteht nicht. Ob Arbeitnehmende von zu Hause ar- beiten dürfen, ob- liegt der Entschei- dung der jeweili- gen Firma. Zuwei- len regelt dies ein Tarifvertrag oder eine entsprechen- de Betriebsverein- barung. Besteht keine Vereinba- rung, kann das Unternehmen Homeoffice auch nicht einseitig ein- führen oder Ar- beitnehmende gar dazu zwingen. Und es muss darauf achten, dass Vor- schriften zu Ar- beits- und Daten- schutz sowie zu Arbeitszeit- regelungen im Ho- meoffice befolgt werden. Arbeit- nehmende müs- sen daher auch bei der Heimarbeit die Regelungen zu Höchstarbeitszeit, Pausen und Ruhe- zeiten sowie das Verbot von Sonn- und Feiertagsar- beit einhalten. Die Firma sollte auf die Beherzigung dieser Vorschrif- ten hinweisen und zudem ein Rege- lungsmodell für die Zeiterfassung finden, während die Mitarbeiten- den zu Hause ar- beiten. HAMBURGER-WIRTSCHAFT.DE 18 FOTOS: COSIMA HANEBECK, VOLKER HAGEMEISTER PRO & KONTRA

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI2ODAz